Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten
eine oder andere Weise ignoriert hatte. Ihr eigenes Muster dabei war natürlich leicht zu erkennen: Sie jammerte, aber sie setzte sich nicht durch. Als ich sie damit konfrontierte, gestand sie, dass sie das erst täte, wenn sie zur Trennung bereit sei. So wie jetzt, wo es einen anderen Mann gab.
Es war nicht einfach, Ralf von der Notwendigkeit der
Wertschätzung und Dankbarkeit für empfangene Liebesgaben zu überzeugen. Um ein starker Partner zu werden, muss er die Fähigkeit des Haltens und Schützens entwickeln. Ralf begriff, dass er nicht gelernt hatte, eigene Bedürfnisse zurückzustellen, sich selbst Grenzen zu setzen und auch manche Gelüste nicht zu befriedigen, aufzugeben, auch Opfer zu bringen. So war seine Persönlichkeit in mancher Hinsicht auf der Stufe eines gierigen Jungen steckengeblieben. Vor diesem Hintergrund konnte auch die »Episode« mit der Frau verstanden werden.
Ralf sorgte dafür, dass er seine Bedürfnisse möglichst weitgehend und möglichst schnell befriedigen konnte. Wenn dies im Widerstreit zu Marias Bedürfnissen stand, ignorierte er diese einfach. Wenn Maria dann weinte, klagte, sich beschwerte, tat er alles Mögliche, um ihre Kritik, ihre Gefühle, ihre Bedürfnisse vom Tisch zu wischen. Er sagte, ihr Gejammer gehe ihm auf die Nerven, oder er schwieg einfach, und wenn sie dann weiterredete, sagte er irgendwann, ob sie nun endlich fertig sei, oder er bekam Wutanfälle, und warf Sachen, oder er schlug Türen und verschwand aus dem Raum, oder er sagte, darüber müsse er erst mal nachdenken, und kam dann nie wieder darauf zurück.
Kurz, er verhielt sich wie ein gieriger, rücksichtsloser Junge und nicht wie ein verantwortungsvoller Partner. Auch Hans im Glück ist ja ein Kind geblieben, das zur Mutter nach Hause eilt, obwohl er schon sieben Jahre gearbeitet hat.
Ralf schrieb die Geschichte um. Sieben Jahre gearbeitet zu haben heißt ja, einen bedeutsamen Abschnitt im Leben hinter sich gebracht zu haben. Von nun an kann er mit dem Gold der Erfahrung, der Reifung hinaus in die Welt gehen. Er will das Gold gar nicht horten, aber er will es einsetzen, um seinem Ziel näherzukommen, nämlich eine Prinzessin zu erobern und ein Reich zu erwerben. Er will in die Fremde ziehen und Proben bestehen. Das Gold vielleicht für Magie hergeben, mit der er die begehrte Prinzessin betören könnte. Auf jeden Fall
will er es sinnvoll einsetzen, für ein Leben mit einem Sinn, für die geliebte Frau und für ein Zuhause mit ihr.
Ralf sagte zögernd, nachdem er sein Märchen umgeschrieben hatte: Wenn ich mein Gold gegeben und mich angestrengt und Proben bestanden hätte, würde ich die Frau, die ich dann erobert habe, wahrscheinlich auch wertschätzen und nicht so leicht aufs Spiel setzen. Als sie das hörte, weinte Maria. Sie kam sich vor wie die Kuh, die leichtfertig für eine Gans hergegeben worden war. Ralf wehrte ihre Tränen nicht ab. Ja, aber jetzt gerade kämpfe ich um dich, sagte er. Weil ich endlich begriffen habe, wie viel du mir wert bist.
Ralf entwickelte Schritt für Schritt eine innere Autorität, die ihn mit seinen eigenen Werten konfrontierte, wenn er sich auf eine gierige und rücksichtslose Weise nur um die Befriedigung seiner eigenen Gelüste kümmerte. Er war bereit zur Veränderung. Jetzt erst war er in der Lage, Marias zerstörtes Vertrauen zu ihm ganz langsam wiederaufzubauen. Er hatte einen wichtigen Schritt zur Heilung ihrer Beziehung gemacht. Es war nicht alles wieder gut, so schnell geht das nicht, aber Maria war bereit, dem anderen Mann zu sagen, dass sie erst einmal um ihre Beziehung zu Ralf kämpfen und keinen Kontakt zu ihm mehr wolle.
Die Bereitschaft zur Veränderung ist ein schwieriges, aber essentielles Thema für eine Beziehung. Oft kommen Paare zu mir, wo jeder von beiden will, dass ich den anderen verändere. Dazu bin ich nicht in der Lage, muss ich leider von Anfang an bekennen. Wir können unsere Partner nicht ändern, das ist eine für viele traurige Tatsache. Die andere allerdings ebenso unumstößliche Tatsache ist, dass wir einander unablässig verändern.
Es gibt kein festes »Ich bin nun mal, wie ich bin«. Sprüche wie: »Du musst mich nehmen, wie ich bin«, »Nun bin ich schon … (Alter beliebig einsetzbar) Jahre alt, da werde ich mich doch nicht mehr verändern«, »Du willst mich ummodeln,
das geht nicht«, beinhalten nur eine einzige Wahrheit: Du weigerst dich, dich mit den Bedürfnissen deines Partners auseinanderzusetzen.
Um dich zu
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