Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten
vielleicht so, wie er schon immer getan hat, und bemerkt überhaupt nicht, dass der andere ganz andere Sehnsüchte hat? Zieht sein Programm durch, und bekommt gar nicht mit, dass der Partner sich zunehmend unwohler fühlt?
Solche Paare müssen kein Problem bekommen. Aber es ist sehr wahrscheinlich. Erstens, wenn die unterschiedlichen Bedürfnisse nicht klar formuliert werden. Und zweitens, wenn einer der beiden zu kurz kommt. Wenn immer nur getan wird, was einer wünscht.
Das betrifft auch die Tagesrhythmen. Wenn sie abends vorm Einschlafen zum Beispiel noch ein wenig körperliche Nähe wünscht, leises Sprechen über das was am Tag miteinander gewesen ist, kuscheln, streicheln, vielleicht Sex, und er aber einschläft, egal wie früh es ist. Wenn es nicht formuliert wird, es keine Möglichkeit in der Beziehung gibt, dass Bedürfnisse ausgesprochen (und gehört!) werden, bleibt ganz gewiss einer von beiden in der Befriedigung seiner Bedürfnisse auf der Strecke.
Immer wieder erlebe ich in meiner Praxis, dass Frauen sagen: Aber das muss er doch wissen / spüren / erfühlen. In diesem Fall entgegne ich: Wenn er telepathische Fähigkeiten besäße, könnte er sogar die Lottozahlen voraussehen.
Und selbst die telepathische Kommunikation verlangt zwei: einen Sender, der sehr viel Energie dareinsetzt, seine gedanklichen Inhalte zu übermitteln, und einen Empfänger, der sich voll darauf konzentriert, die Bilder zu empfangen. Wenn nämlich einer wie verrückt sendet: Ich möchte jetzt gern einen romantischen Augenblick intensiv mit dir erleben, der andere aber gerade dabei ist, den Sonnenuntergang zu fotografieren, strengt sich der Sender unnötig an, und der Effekt wird trotzdem mager ausfallen.
Diese Art der Bedürfnisformulierung ist also ziemlich unsicher. Was können wir stattdessen tun? Am besten stehen
wir in einem ständigen Austausch von Bedürfnissen. Wir haben nämlich ständig welche. Über elementare Bedürfnisse, die existentielle Fragen betreffen wie Wohnen, Reisen, Liebemachen, Geldverteilung, sollte man sich unbedingt verständigen, bevor man zur Tat schreitet.
Aber es gibt auch die alltäglichen Wünsche: Du willst im Museum möglichst alle Räume aufsuchen, während ich gern vor einigen wenigen ausgewählten Bildern verweile. Du willst die Werke allein anschauen, vielleicht manchmal neben mir gehen, um ein paar Worte zu wechseln, während ich gern gemeinsam von Bild zu Bild gehe und mich mit dir austausche. Es ist viel leichter, mit solchen unterschiedlichen Bedürfnissen umzugehen, wenn sich beide auf der existentiellen Ebene wahrgenommen, beantwortet und befriedigt fühlen.
Wenige Paare harmonieren in jeder Hinsicht in ihren Bedürfnissen. Er hat Vorlieben, sie hat Vorlieben. Er hat eine Geschichte, in der dies oder das schon auf diese oder jene Weise geschah, und das erscheint ihm als die beste Weise. Genauso geht es ihr.
Als Regel kann aufgestellt werden:
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Damit dein Partner dein Bedürfnis erfährt, musst du es ausdrücken.
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Wenn dein Partner ein Bedürfnis äußert, musst du wissen, dass er sich damit verletzlich macht: Abgewiesen werden, wenn man bedürftig ist, tut weh.
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Jedes Bedürfnis, so absurd, so ungewöhnlich es auch immer scheinen mag, hat seine Daseinsberechtigung.
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Wenn dein Partner ein Bedürfnis äußert, bist du nicht verpflichtet, es zu befriedigen, aber du bist verpflichtet, dich damit zu beschäftigen.
So weit, so gut. Nun beginnen die Probleme. Manche Bedürfnisse sind uns gar nicht bewusst, bevor wir merken, dass etwas dagegen läuft. Entsprechend dem Satz: Was ich will, weiß ich nicht, ich weiß nur, was ich nicht will.
Manche Menschen wissen sehr genau, was sie wollen, und sie setzen es auch durch. Manche Menschen wissen nicht so genau, was sie wollen, sie passen sich gerne an. Nun könnte man meinen, dass Durchsetzer und Anpasser sich gut ergänzen, und in der Tat finden sie sich ja häufig als Paar. Das heißt aber nicht, dass dann keine Probleme auftreten. Ganz im Gegenteil. Auf die Dauer merkt der Anpasser nämlich, was er alles nicht will, und wird bockig oder vorwurfsvoll oder verweigert sich. Und auf die Dauer vermisst der Durchsetzer ein Gegenüber, das ihm Impulse, Energie gibt. Allerdings wünscht er keinen Widerstand. So nimmt das Unheil seinen Lauf. Der Anpasser fühlt sich allmählich unterdrückt, und der Durchsetzer findet den Anpasser in seinem Widerstand zickig, bockig, unangemessen.
Um in einer Partnerschaft wirklich
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