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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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nur
Eine schöne Kunstfigur.
Barfuß läuft es ohne Schuh;
Fragt man es: Wie heißest du?
Sagt es gleich ganz freundlich: Eia,
Ich bin Gockels Gackeleia.
Ach, das Kind hab ich verloren,
Und hab einen Eid geschworen,
Nicht zu ruhn, bis ich das Kind
Gackeleia wiederfind!
     
    Aber immer sagten die Leute:
Wir haben so kein Kind gesehn,
Ihr armer Mensch müßt weitergehn,
Da habet Ihr ein Stückchen Brot,
Gott helfe Euch in Eurer Not!
     
    Da nahmen sie dann das Brot, die armen Eltern, und aßen es mit Tränen und setzten ihren Stab traurig weiter.
    So waren sie schon dreimal in dem alten Stammschlosse wieder ohne Gackeleia zusammengekommen, hatten mit großem Jammer in dem alten Hühnerstall geschlafen und sich ihre vergeblichen Nachforschungen einander mitgeteilt. »Ach Gott«, sagte Frau Hinkel, »das arme Kind ist gewiß umgekommen; hättest du es doch nicht so hart wegen der Puppe behandelt!« Da erwiderte Gockel: »Und hättest du besser auf sie achtgegeben, so hätten wir den Ring und das Kind nicht verloren; nichts ist leichter zu sagen als: ›Hättest du‹. Lasse uns lieber auf dem Grabe des Alektryo in der Kapelle recht herzlich beten, daß wir das Kind morgen zum vierten Male nicht vergebens suchen mögen.« Hierauf gingen sie nach der Kapelle und beteten recht eifrig, legten sich dann auf ihr Mooslager und schliefen einen gar süßen Schlaf und träumten von Gackeleia.
    Gegen Morgen hörte Gockel noch halb im Schlafe etwas um sich her rascheln, es war noch sehr dunkel in der Stube, aber er sah etwas an der Erde hinlaufen und verschwinden; er stieß Frau Hinkel an und sagte: »Mir war gerade, als wenn die fatale Puppe der Gackeleia vorübergelaufen wäre.« Da sprach eine Stimme:
Keine Puppe, es ist nur
Eine schöne Kunstfigur.
     
    Gockel meinte, Frau Hinkel habe das gesagt, und verwies ihr, daß auch sie so eigensinnig wie Gackeleia spreche. Frau Hinkel hatte schlaftrunken die Worte auch gehört und behauptete, er habe es selbst gesagt. Sie wollten eben hierüber zu zanken anfangen, als sie leise an der Tür pochen hörten. Sie fuhren ordentlich vor Schreck zusammen, wer das wohl sein könne, der in dem wüsten, zerstörten Schlosse so leis anpoche. Da es aber zum dritten Male pochte, fragte Gockel laut: »Wer ist drauß?« Und es antwortete eine männliche Stimme: »Ich bitte alleruntertänigst um Verzeihung, Herr Graf, daß ich so früh störe; aber die Leute lassen mir keine Ruhe, sie sagen, daß ich ihnen drei Zentner Käse aus der gräflichen Käsefabrik abliefern soll; nun wollte ich doch den Befehl des Herrn Grafen selbst abholen.«
    Gockel wußte auf diese Rede gar nicht, wo ihm der Kopf stand. »Drei Zentner Käse«, sagte er, »aus der gräflichen Käsefabrik! Hast du gehört, Hinkel?« – »Ja«, sagte Frau Hinkel, »was kann das sein? Ich weiß nicht, ob ich träume oder wache.« Da der Mann aber immer von neuem pochte und um die Erlaubnis bat, den Käse abzuliefern, schrie Gockel heftig: »Bist du, der da pochet, toll oder ein Spötter, der einen armen Greis zum Narren haben will, so nehme dich in acht, oder ich komme mit meinem Knotenstock über dich! Wo habe ich Käse oder eine Käsefabrik? Gehe von dannen und gönne den Armen ihr einziges Gut, die Ruhe und den Schlaf!« Da antwortete die Stimme wieder: »Gnädigster Graf, vergebet mir, daß ich Euch erweckte; ich sehe wohl, daß Ihr den Leuten den Käs nicht abliefern lassen wollet; ich werde sie abweisen.«
    Nun hörte Gockel draußen auf dem Hofe sprechen und hin und wider gehen, und seine Verwunderung, was das zu bedeuten habe, wuchs immer mehr. »Ach«, sagte er zu seiner Frau, »ich fürchte fast, es ist irgendeine Nachstellung von unseren Feinden, die uns ermorden wollen.« – »Das wäre entsetzlich!« erwiderte Frau Hinkel und drückte sich in der Angst an ihn. Da pochte es wieder an der Türe, und Gockel rief zwar erschrocken, doch ziemlich laut: »Wer da?«
    Da antwortete eine andere Stimme: »Eurer Hochgräflichen Gnaden untertänigster Küchenmeister fragt an, ob er einen Zentner Schinken aus der gräflichen Rauchkammer abliefern darf, welche auf drei Eseln, die vom König Sissi angekommen sind, abgeholt werden sollen.«
    Gockel wußte nicht, wo ihm der Kopfstand bei diesen Reden. »Warte, ich will dir Schinken geben, du nichtswürdiger Spötter!« rief er aus, indem er aufsprang und nach seinem Stock suchte. Als er aber ganz klar und deutlich drei Esel vor der Tür wiehern hörte, schrie er und Frau Hinkel zugleich:

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