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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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turnieren.
Schenk uns Enten bunt und prächtig,
Weiße Gänse, die bedächtig
Nach dem Wolkenhimmel sehn
Und auf einem Beine stehn
Oder auf der Wiese gackeln,
Bis sie in das Wasser wackeln.
Lasse auch schneeweiße Schwäne,
Rein wie blanke Silberkähne,
Ernst und klar mit edlem Schweigen
Schwimmen in den Spiegelteichen.
Auf dem Dache laß sich drehen
Tauben, schimmernd anzusehen,
Um den Hals mit goldnen Strahlen,
Schöner, als man sie kann malen.
Alles sei recht auserlesen,
Wie's im Paradies gewesen.
Ringlein, Ringlein, dreh dich um,
Machs recht schön, ich bitt dich drum!
     
    Kaum hatte Gackeleia dies gesagt, als aus dem Hühnerstall, den sie verlassen hatten, ihnen eine Schar der buntesten Hühner, Pfauen, Puten, Enten, Gänse und Schwanen nachströmte und auf dem Dache alles von Tauben wimmelte. Gockel und Hinkel hatten die größte Freude an den herrlichen Tieren und begaben sich, nachdem sie alle bewundert hatten, in das Schloß.
    Freudig und neugierig betrachteten sie eine Reihe von Gemächern und Sälen, welche alle mit dem prächtigsten alten Hausrat versehen waren, und setzten sich endlich in dem obersten Stockwerke auf die Galerie eines Turmes, von welchem sie die Aussicht über die höchsten Gipfel des Waldes hin in die Ferne bis nach den Turmspitzen von Gelnhausen hatten.
    »Hier ist es gar schön«, sagte Gackeleia, »hier will ich euch alles erzählen, wie ich den Ring wiedererhalten habe, aber wir wollen auch etwas frühstücken.« Kaum hatte sie dies gesagt, als ein alter Diener einen großen Korb voll Früchten und kaltem Fleischwerk und feinem Gebackenen und Wein und Milch die Treppe heraufbrachte und, als er alles vor sie niedergesetzt hatte, nochmals fragte, ob die drei Esel mit dem Käse und den Schinken sollten bepackt werden. »Ja«, sagte Gackeleia, »und daß nur alles recht gut und ausgesucht sei! Ich werde hernach das Weitere selbst befehlen.« Gockel und Hinkel waren sehr begierig nach ihrer Erzählung und baten sie, zu beginnen. Da erzählte sie folgendes:
    »Als du mich so hart straftest, lieber Vater, fühlte ich vor Angst um meine Puppe – nicht doch Puppe, es ist nur eine schöne Kunstfigur –, also um meine Kunstfigur gar nichts von der Rute; ich erwartete nur mit Sehnsucht den Moment, meiner kleinen Gärtnerin nacheilen zu können, welche bergab lief wie sie noch nie gelaufen war. Da rief die Mutter um Hülfe; da ließt du mich los, und wie ein Pfeil nach dem Ziel stürzte ich meiner Kunstfigur nach. Sie lief über den Steg, in den Wald, durch Distel und Dorn, und ich hatte sie einigemal zum Greifen nah; wie ich aber die Hand ausstreckte, fing sie von neuem so zu rennen an, daß ich ermüdet endlich niedersank und weinend ausrief: ›Ach, schöne Gärtnerin, wie handelst du so undankbar gegen mich, ich habe dich so lieb, so lieb, daß ich lieber die schimpflichste Strafe über mich ergehen ließ als dich zu verlassen, und jetzt läufst du vor mir, als wenn ich deine ärgste Feindin wäre.‹
    Als ich diese Worte gesprochen hatte, fiel mir auch erst ein, wie sehr weit ich von euch, liebe Eltern, fortgelaufen war; ich sah die Sonne bereits sinken und war außer allem Weg und Steg; mit Verzweiflung rief ich: ›Vater Gockel! Mutter Hinkel!‹ Aber alles war vergebens. So sank ich ganz erschöpft in einen tiefen Schlaf und träumte immer von der Figur, und da ich zu ihr sprach: ›Nicht wahr, du bist keine Puppe, sondern nur eine schöne Kunstfigur?‹ hörte ich ein feines Stimmchen zu mir sprechen: ›Eigentlich, meine liebe Gackeleia, bin ich keine Kunstfigur und keine Puppe, sondern ich bin –‹ hier griff ich mit beiden Händen zu und hatte sie glücklich wieder ertappt; denn ich war über den Worten der kleinen Gärtnerin leise aufgewacht, hatte aber nur durch die Augen geblinzelt, um sie unvermutet zu erwischen.
    ›Nun sollst du mir nicht mehr entwischen‹, sagte ich, ›besonders da ich weiß, daß du reden kannst; nun habe ich dich noch einmal so lieb, warte, ich will dir etwas zu essen geben.‹ Da stopfte ich ihr einige Brotkrumen in den Mund und hörte sie knuppern und beißen. Dann bat ich sie wieder, sie solle mir doch eigentlich sagen, wer sie sei, aber sie war stumm wie zuvor und sagte kein Wort. Ich war schier unwillig über sie, band sie mit meinem Strumpfband an meinen Arm fest und deckte meine Schürze über mein Gesicht, betete auch zu Gott, daß er mich in dieser Nacht beschützen möge, damit ich morgen früh meine Eltern wieder finden möge, und so schlief

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