Italienische Märchen
Hände noch ganz brennen; denn ich war auch dabei, sonst hätte ich die Geschichte niemals erfahren.
Das Märchen von Komanditchen
Es war einmal ein sehr reicher Kaufmann, der hieß Seligewittibs-Erben und Compagnie. Er hatte eine sehr schöne Tochter, die hieß Komanditchen, und diese mußte ihm alle Morgen die Zeitung und den Kalender vorlesen, wenn er sein Täßchen Zichorienkaffee trank und dazu sein Pfeifchen Runkelrübenknaster rauchte, wobei er große Spekulationen und Pläne zu Kauf und Verkauf machte.
Aus der Zeitung merkte er sich Krieg und Frieden, Todesfälle und Heiraten, und ob einer ein General, ein Kaiser, ein Papst, ein Doktor, ein Fürst geworden sei und so weiter; aus dem Kalender merkte er sich die Geburts- und Namenstage aller vornehmen Leute, und wie das Wetter durch das ganze Jahr hindurch sein werde. Stand im Kalender: »Der Sommer wird sehr heiß sein«, so ließ er gleich viele Zitronen aus Italien kommen, weil er gleich spekulierte, die Leute werden viel Limonade trinken und viele Zitronen kaufen. Stand im Kalender: »Es wird viel Regenwetter sein«, so ließ er gleich sehr viele Regenschirme kommen. Stand im Kalender: »Es wird sehr viel Wein wachsen, aber er wird etwas sauer sein«, so ließ er sich gleich sehr viele Häringe aus Hamburg senden; denn er spekulierte, die Leute würden auf den gesalzenen Häring den sauern Wein lieber trinken. Stand im Kalender: »Es wird kein gutes Kornjahr sein«, so kaufte er gleich alle Katzen zusammen, die er auftreiben konnte; denn er spekulierte: »Wenn wenig Korn da ist, wird man sehr besorgt sein, die Mäuse abzuhalten, damit sie das bißchen nicht gar auffressen, und da werde ich das Dutzend ordinäre vermischte Katzen zu 1 fl., das Dutzend fein sortierte Mittelkatzen zu 1 fl. 12 kr., das Dutzend extrafein supra-ordinäre Durchschnittskatzen zu 2 fl., das Dutzend fein ausgesuchte spinnende Favoritkatzen nach den geschmackvollsten Mustern gezeichnet zu 4 fl.; das Besteck von dergleichen zu 1 fl. 12 kr. leicht verkaufen können; wer zehn Dutzend nimmt, erhält das eilfte frei; zu Ende des Verkaufs wird der Rest des Warenlagers in einer Lotterie ausgespielt, worin alle Nummern gewinnen, wenigstens eine ausrangierte Ausschußkatze.« Stand im Kalender: »Es wird ein gutes Sauerkrautjahr werden«, so kaufte er viele Erbsen und Schweinefleisch zusammen; denn er spekulierte, das essen die Leute gern zum Sauerkraut und werden mir es teuer bezahlen. Stand im Kalender: »Es wird eine große Trockenheit sein«, so kaufte er viele Gießkannen. Stand im Kalender: »Es wird eine große Sonnenfinsternis sein«, ließ er sich eine Menge Talglichter und Lampenöl kommen, weil er spekulierte, man werde vieles Licht brennen, und so benutzte er auch alle Zeitungsnachrichten. Fing ein großer Herr an zu kränkeln, so kaufte er gleich schwarzes Tuch ein, um es zur Hoftrauer verkaufen zu können. Las ihm Komanditchen vor, es werde bald eine Hochzeit vornehmer Leute sein, so kaufte er alle alten Töpfe zusammen, um sie wieder an die Hofkavaliere zu verkaufen, welche sie bei der Hochzeit nach altem Gebrauch zu zerschmettern pflegen.
Alle diese Geschäfte gelangen ihm, und er ward täglich reicher; aber ein Handel schlug ihm über alle Begriffe gut ein, so daß er sich sein ganzes Haus mit Talern pflastern konnte. Es war im Dezember Anno Elf, da kam der neue Kalender auf das Jahr Zwölf und die Zeitung morgens an und er rief seiner Tochter: »Komanditchen! Komanditchen! komm spekulieren.« Da kam Komanditchen mit dem Kaffee und der Pfeife und las aus dem Kalender:
»Im Januar Anno Zwölf wird der St. Paulustag voll Nebel, Regen und Sturm sein.«
»Viktoria! Viktoria!« schrie da der Kaufmann, »o, nun wird Seligewittibs-Erben und Compagnie einen außerordentlichen Schlag tun; aber nun lese auch die Zeitung, Komanditchen! Ich will gar nichts mehr weiter aus dem Kalender hören, damit ich nicht irre werde.« Da las Komanditchen aus der Zeitung:
»Der politische Horizont beginnt sich hier sehr aufzuhellen; man siehet einem sehr vorteilhaften Viehhandel entgegen; der Rindviehmarkt zu Jenseits dürfte große Aussichten eröffnen; es ist bereits am 25. dieses ein bedeutender Mann unter dem Namen des Herrn von Incognito mit einer Kolonne von zweitausend Stück inländischen Stempelochsen mit geheimen Instruktionen, die er aber erst auf dem hohen Gebirg an der Grenze eröffnen darf, abgegangen. Man sieht dem Erfolg dieser wichtigen Sendung mit gespannter Erwartung entgegen.
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