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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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einer Bohnenlaube umzogen war, die aus einer alten Zuckerkiste an Bindfäden hinaufwuchs, auf die Dächer des Hauses und in den Taubenschlag. Das ganze Faß war inwendig mit Matten und Tuch von Ingwer- und Pfeffer- und Anisballen ausgeschlagen; oben herum ging eine Guirlande von Morcheln, gedörrten Pflaumen, Mandeln und Rosinen, Feigen, Hausenblase, Zitronat, verzuckerten Pomeranzenschalen und Kakaobohnen. An der Wand ringsherum war ein Sitz von alten Zitronenkistenbrettern angebracht, auf welchen Polster lagen von den Binsensäcken, worin die Smyrnaschen Feigen gepackt werden, und diese waren mit verdorbenem Safran und Sennesblättern ausgestopft. Der Tisch, der mitten in dem Faß stand, war eine aufgerichtete Zimmetkiste; auf diese war ein Brett genagelt, auf dem einstens Chokolade war gemacht worden. Ein blechernes Vanillekästchen stand hierauf als Schreibzeug, das Dintenfäßchen, eine ausgetrocknete Zitronenschale, war auf die Galläpfel fest geleimt, und das Sandfäßchen, worin der Sand der wohlriechendste Gewürzstaub war, bestand aus einer trockenen Pomeranzenschale mit Muskatnüssen beleimt. Oben an der Decke hing ein Kronleuchter aus den Brettern einer Syrupstonne künstlich zusammengefügt, damit die Fliegen, welche der süße Geruch häufig in das Faß zog, daran kleben blieben. Als Gemälde hingen an der Wand herum Papierbogen, auf welchen Biskuit, Anisschnittchen, Pfeffernüsse, Honigkuchen, Zuckerbretzeln, Chokoladeküchlein waren gebacken worden; auf dem Tisch stand als Lampe ein Pomadeglas voll feinem Öl, worauf ein brennender Mandelkern schwamm, und daneben stand ein Senftopf voll der schönsten Rosen als Blumenurne. Vor dem Fenster hing ein Eichhörnchen in einem Trillerhäuschen und ein Star, der sprechen konnte, in seinem Vogelbauer und auch eine Wachtel in ihrem grünen Haus. An der Wand stand auf Goldpapierbogen geschrieben: ›Tempel der Liebe und Freundschaft, der Dankbarkeit und Erinnerung geweiht‹, und ›Ruheplätzchen holder Schwärmerei‹ und ›Lieblingsörtchen der Sehnsucht‹ ›wandle auf Rosen und Vergißmeinnicht!‹, ›Komanditchens-Ruh‹, ›Hüttchen für Komanditchen‹, und allerlei solche bedeutende Sprüche deutscher Lieblingsdichter. Und was das Allerlustigste hier war, war ein kleines Loch im Boden des Fasses, welches hinunter in das Besuchzimmer des Vaters ging, und durch welches man alles hören und sehen konnte, was da vorging.
    Der Kaufmann wußte gar nichts von diesem einzigen Faßkabinettchen. Der gute Ladenpeter, so hieß der Lehrjunge, hatte für Komanditchen diesen reizenden Aufenthalt in seinen Feierstunden eingerichtet, aus Dankbarkeit, weil sie einstens ihm eine Tracht Schläge bei ihrem Vater abgebeten, da er einem Landkrämer, der Sirup kaufte, diesen in ein Häringsfäßchen einpackte, wodurch er verdarb.
    Hier pflegte Komanditchen, umgeben von den süßesten Wohlgerüchen, oft stundenlang mit ihrem Strickstrumpf ihrem lustigen Eichhorn zuzusehen und auf den Schlag ihrer Wachtel zu hören, oder mit dem Star zu plaudern, welchem der gute Ladenpeter die artigsten Sprüche und Redensarten eingelehrt hatte, z. B. ›Komanditchen! Favoritchen! Biskuitchen! komm ins Hüttchen‹, oder ›Die Liebe ist ein Spazierstöckchen, die Freundschaft ist ein Knotenstock auf Reisen‹ oder ›Arm und klein ist dieses Hüttchen, aber Ruh und Einsamkeit findet hier Komanditchen an der Hand der Dankbarkeit oder ›Fantasie! Fantasie! Fantasiemus, o verehrte Komandite!‹ oder ›Der ich verbleibe bis in das Grab dero untertänigster Ladenpeter‹.
    Auch sah sie hier den Tauben zu, wie sie in der Sonne auf dem Dach spielten, und den Katzen, wie sie auf die Tauben lauerten, und dem Rauch, wie er aus den Schloten in die Luft wirbelte. Kurz, wenn sie in ihrer Faßeinsiedelei saß, war sie ganz glücklich und vergnügt und hätte es nicht mit einem königlichen Palaste vertauscht.
    In diesem Tempel der Erinnerung verschloß sich nun Komanditchen und las die Geschichte des altteutschen Spritzkuchens aus den Papieren einer perfekten Köchin mit der größten Begierde, weil ihr der Vater gesagt hatte, daß ihre verstorbene Mutter die perfekte Köchin gewesen sei. Und wie schön muß die Geschichte gewesen sein: es kam eine alte böse Königin Waffeleisen drin vor, und eine Prinzessin Marzipan und ein Prinz Mandelwandel und viele andre schöne Sachen, die gar nicht zu beschreiben sind.
    Während nun Komanditchen ganz in ihrem Buch vertieft saß, ging der Kaufmann in seinem

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