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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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usw.
     
Vor dir tanzt in der Sonne
Der kleinen Mücken Schwarm,
Zum Dank für Lebenswonne
Ist keins zu klein und arm.
Zu dir, zu dir usw.
     
Sonn, Mond gehn auf und unter
In deinem Gnadenreich,
Und alle deine Wunder
Sind sich an Größe gleich.
Zu dir, zu dir usw.
     
Zu dir muß jedes ringen,
Wenn es in Nöten schwebt,
Nur du kannst Hülfe bringen,
Durch den das Ganze lebt.
Zu dir, zu dir usw.
     
In starker Hand die Erde
Trägst du mit Mann und Maus,
Es ruft dein Odem: Werde!
Und bläst das Lichtlein aus.
Zu dir, zu dir usw.
     
Kein Sperling fällt vom Dache
Ohn dich, vom Haupt kein Haar,
O teurer Vater, wache
Bei uns in der Gefahr!
Zu dir, zu dir usw.
     
Behüt uns vor der Falle
Und vor dem süßen Gift
Und vor der Katzenkralle,
Die gar unfehlbar trifft!
Zu dir, zu dir usw.
     
Daß unsre Fahrt gelinge,
Schütz uns vor aller Not,
Und helf uns zu dem Ringe
Und zu dem Zuckerbrot!
Zu dir, zu dir usw.
     
    Während diesem Gesänge war ich eingeschlafen, und am andern Morgen weckte mich Prinz Pfiffi und Prinzessin Sissi. Ich stand auf und folgte ihnen durch den Wald über Berg und Tal einen weiten Weg. In den Dörfern und Städten befestigte ich den Prinzen oder die Prinzessin unter meine Puppe und ließ diese vor den Kindern auf dem Markte tanzen, wodurch ich für mich und meine Reisegefährten Brot gewann; denn den Taler, welchen mir der kleine Prinz Kronovus geschenkt, hatte ich zu lieb, um ihn auszugeben.
    Als ich nun einst in der Nähe einer großen Stadt bei einem kühlen Brunnen im Gebüsche wegemüd eingeschlummert war, sagte mir Pfiffi ins Ohr: ›Liebe Gackeleia, die Stadt, welche vor uns liegt, ist der Ort unsrer Bestimmung. Du sollst drin gleich in die Kirche gehn und beten, daß unser Vorhaben gelinge; wir laufen indessen in den Palast der Petschierstecher und geben dir, sobald wir alles ausgeforscht, die gehörige Nachricht.‹ Ich versprach, ihrem Rate zu folgen, und da wir in die Stadt kamen, begab ich mich sogleich in die Kirche und kniete mich in ein Winkelchen und betete recht herzlich zu Gott, daß ich den Ring wiedergewinnen und zu euch, liebe Eltern, zurückfinden möge. Die Mäuse aber hüpften in den Korb einer alten Köchin, die auch da betete, und ließen sich von ihr in den Palast der Petschierstecher tragen; denn Pfiffi erkannte sie als die Köchin derselben, welche er bei seinem vorigen Aufenthalt in der Speisekammer besucht hatte.
    Als ich allein war, kamen mancherlei Leute in die Kirche und beteten und klagten Gott ihre bittre Not, und da ich durch den Umgang mit den Mäusen mein Gehör sehr geschärft hatte, hörte ich das meiste, was sie in ihrer Herzensangst flüsterten, und alle beteten, Gott möge doch die Stadt von dem bösen Hoffaktor befreien, er sei schuld, daß der Fürst die Semmeln so klein backen lasse. Ein andrer betete, Gott möge doch den geizigen Kommerzienrat vertreiben, er sei schuld, daß der Fürst das Salz so teuer verkaufe. Ein dritter betete, Gott möge die Stadt doch von dem habsüchtigen Hoflieferanten befreien, er sei schuld, daß der Fürst das Fleisch so teuer werden lasse. Alle beteten um Hülfe gegen die drei Petschierstecher, und ich betete um so herzlicher, daß ich den Ring wieder von ihnen erhalten möchte, weil sie doch niemand dadurch glücklich machten.
    Da es aber in der Kirche so hübsch still und kühl war, überfiel mich ein leiser Schlummer, und ich hatte schier so lange geschlafen, daß mich der Küster in die Kirche eingesperrt hätte, aber Sissi kam gerade zu rechter Zeit und flüsterte mir in die Ohren: ›Geschwind, Gackeleia, gehe mit mir aus der Kirche, hörst du? Der Küster rasselt schon mit den Schlüsseln. Gehe mit mir, du selbst sollst sehen, wie wir den Ring erwischen; wir haben die beste Hoffnung.‹ Fröhlich nahm ich nun die kleine Maus in den Ärmel und ging mit ihr nach dem Schlosse der drei Betrüger. Als wir an die Gartenmauer kamen, sprang Sissi an die Erde und zeigte mir den Weg zur Türe. Ich gelangte hinter ein kleines Gartenhaus, wo ich mich im Gebüsch versteckte und durch eine Spalte im Fensterladen alles sehen und hören konnte, was im Gartenhaus vorging.
    Die drei Betrüger saßen um einen Tisch, in dessen Mitte der köstliche Ring lag, und stritten miteinander, wer in dieser Woche den Ring am Finger tragen sollte. Da sie gar nicht einig werden konnten und lange geschrien und geschimpft hatten, weil immer der eine fürchtete, der andre möge ihm den Tod wünschen, wenn er den Ring am Finger habe, griff endlich der

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