Italienische Märchen
eine mit solcher Heftigkeit nach dem Ring, daß er den Tisch umstieß, und das machte sich der andre zunutz und ertappte den an die Erde gefallnen Ring, steckte ihn an den Finger und drehte und schrie:
Salomon, du weiser König,
Dem die Geister untertänig,
Mach zwei Esel aus den beiden,
Die in diesem Garten weiden!
Ringlein, Ringlein, dreh dich um,
Machs geschwind, ich bitt dich drum!
Während er dieses mit der größten Eile hergeschnattert hatte, rissen die beiden andern ihn hin und her, aber es währte nicht lang, so waren sie beide zwei dicke, häßliche Esel, und er nahm einen Prügel und trieb sie aus dem Gartenhaus hinaus, das er hinter ihnen verschloß. Sie schrien und bissen sich untereinander noch eine Weile, fingen aber bald an, sich in ihre neue Natur zu schicken und allerlei Gras und Disteln am Wege zu fressen.
Ich guckte wieder in das Gartenhaus, da wollte sich der, welcher den Ring hatte, schier bucklig lachen, weil er seine Gesellen endlich so sauber angeführt. ›Gott sei Dank!‹ sagte er, ›nun kann unsereins doch einmal ruhig ausschlafen ohne die Gefahr, daß der andre ihm den Tod wünscht‹, und nach diesen Worten legte er sich breit in einen Sorgenstuhl und fing bald an, tüchtig zu schnarchen.
Nun ist es Zeit, dachten Pfiffi und Sissi und schlüpften beide durch ein Loch in das Gartenhaus. Ich wendete kein Aug von dem Schlafenden und dem Ring an seinem Finger. Ach, er hatte eine Faust gemacht, und der Ring schien sehr schwer zu bekommen. Aber Sissi nahte sich seinem Ohre und sang mit der süßesten Stimme nichts als das Verslein:
Louisdore und Dukaten,
Echte Perlen, Diamant,
Ritterorden, Ihro Gnaden,
Hohe Bildung, Ordensband,
Witz und Wesen, scharf und zart,
Gänsefett und Backenbart.
Kaum hatte der Schlafende diesen Vers gehört, als er die Hand so öffnete, als wolle er nach all den schönen Sachen greifen. Nun biß ihm Prinz Pfiffi in den Ringfinger, er wachte auf und sagte: ›Ein scharmanter Traum, aber der Ring drückt mich und weckt mich auf; wer kann ihn mir hier nehmen? Die zwei Esel grasen draußen nach bestem Appetit, was brauchen sie mehr? Sie haben keine andern Bedürfnisse. Ach, der schöne Traum! Ich will versuchen, ob ich ihn wieder träumen kann. Der Ring soll mich nicht wieder stechen; ich lege ihn, bis ich erwache, auf den Tisch.‹ Nun zog er den Ring ab und schlief wieder ein. Kaum schnarchte er, als Sissi ihm wieder ins Ohr sang:
Louisdore und Dukaten,
Echte Perlen, Diamant,
Ritterorden, Ihn Gnaden,
Hohe Bildung und Verstand,
Witz und Wesen, scharf und zart,
Gänsefett und Backenbart.
Da lächelte er gar süß wie ein Topf voll saure Milch, und Pfiffi brachte mir den Ring dem Loch heraus. Schnell steckte ich ihn an den Finger und sprach:
Salomon, du weiser König,
Dem die Geister untertänig,
Lasse diesen, wie die andern,
Gleich als einen Esel wandern,
Schaff auch einen Eseltreiber,
Der mir ihre faulen Leiber
Mit dem Prügel tüchtig rührt
Und zum Vater Gockel führt!
Ringlein, Ringlein, dreh dich um,
Machs recht schnell, ich bitt dich drum!
Und sieh da, gleich war der Esel fertig, und der Treiber stand schon bei ihm drin und trieb ihn mit einem Prügel dem Gartenhaus hinaus und erwischte auch die beiden andern, und ich drehte den Ring und wünschte bei euch zu sein. Da war ich gleich hier auf dem Hof, und als ich euch in dem alten Hühnerstall so klagen hörte, wünschte ich, daß das Schloß wieder sein möchte, wie es einst im höchsten Glanze bei unsern Voreltern gewesen; auch wünschte ich, daß ihr wieder schön und jung werden möchtet, und daß auch ich eine schöne, vernünftige Jungfrau sein möchte, damit ich meine gefährliche Spielsucht verlöre. Und da alles das so geworden war, schlich ich zu euch in den Hühnerstall und drückte mich in einen Winkel, um eure Überraschung recht zu genießen. Sissi aber wollte mit aller Gewalt unter die Puppe gebunden sein, um euch zu necken. Da lief sie über euer Stroh, und als ihr rieft: ›Die Puppe, die Puppe!‹ sagte ich:
Keine Puppe, es ist nur
Eine schöne Kunstfigur.
Das andre wißt ihr alles.«
Nach dieser Erzählung umarmten Gockel und Hinkel die Gackeleia unter Freudentränen und sagten: »Dank, tausend Dank, liebes Kind, du sollst zum Lohne deiner Güte auch den Ring immer am Finger haben, du sollst alles wünschen, was du willst.«
Gackeleia sagte: »Ich nehm es an; vor allem wollen wir die drei Esel, welche im Hofe stehen, mit allem beladen, was ich dem guten Mäusekönig
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