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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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dem Gerumpel scheu, sah das Tor offen, Komanditchen hielt sich fest an seinen Mähnen, und er sprengte Karriere mit ihr zum Tor und zur Stadt hinaus, und der arme Ladenpeter, welcher das verehrte Komanditchen in solcher Gefahr sah, lief wie ein Rasender hinter ihr drein und rief immer: »Halt auf! halt auf!« Aber der Gaul war, als ob er Flügel hätte, rannte alles über den Haufen, und Ladenpeter lief ihm nach bis in einen dicken, dicken Wald, wo der arme Lehrbursche halb tot vor Laufen endlich dem Schimmel den Vorsprung abgewann und sich ihm grad vor die Füße in den Weg hinwarf. Da stand der Schimmel still, der auch von Schweiß triefte. Komanditchen sprang nun von dem Pferde herab, das sie jedoch am Zügel festhielt, und sah nach dem armen Ladenpeter, der ihr mit so großer Gefahr das Leben gerettet hatte; aber dieser raffte sich bald wieder auf und war nur froh, daß Komanditchen noch frisch und gesund war.
    »Ei! was für ein tolles Pferd ist dies!« sagte Komanditchen, »es ist ein Glück, daß der Vater nicht auf ihm fortgeritten.« – »Es ist ein größeres Glück, daß Sie unverletzt heruntergekommen«, erwiderte Ladenpeter, »aber der Schimmel ist recht gut gelaufen, er wollte zu seinem alten Herrn zurück, einem Landkrämer, der eine Viertelstunde von hier im Dorfe wohnt, und wenn Sie ein halbes Stündchen hier im Walde verziehen wollen, will ich geschwinde zu dem Krämer reiten. Er ist uns noch Geld schuldig, und es wird Ihrem Vater Freude machen, wenn ich dieses unglückliche Wegrennen des Schimmels benütze, um diesem bösen Schuldner etwas abzudrängen.« – »Der arme Mann!« sagte Komanditchen, »kennst du ihn?« – »Ihn nicht«, erwiderte Ladenpeter, »aber seine Tochter; sie ist eine sehr fromme und artige Jungfrau, sie kam immer in unsern Laden einzukaufen. Als ihr Vater aber endlich an tausend Taler schuldig war und nicht zahlen konnte, gingen Herr Seligewittibs-Erben und Compagnie zu ihm und nahmen ihm diesen Schimmel für hundert Taler ab, so daß er noch neunhundert schuldig ist; nun will ich hin und sehen, ob er nicht wieder etwas zu Geld gekommen ist und mir etwas abzahlen kann.« – »Der arme Mann!« sagte Komanditchen wieder; »ach! wie muß es seine Tochter geschmerzt haben, da man ihm den Schimmel fortführte. Guter Schimmel! ich kann es dir gar nicht verdenken, daß du zu deinem Herrn zurück wolltest, nur hättest du mich nicht mitnehmen sollen.« Bei diesen Worten streichelte sie dem Schimmel den Hals und war sehr gerührt; denn sie sah, daß dem Pferd viele große Tränen von den Augen herabrannen. »Sieh, er weint, er weint«, sagte Komanditchen. »Verehrte Jungfer!« versetzte Ladenpeter, »das ist die Erhitzung, ich muß schnell aufsitzen und hinreiten; wenn der Schimmel länger steht im kühlen Wald auf diese Erhitzung, verkältet er sich und wird steif, und wenn ich auch nichts von dem Krämer herauskriege, so ist es nur, damit ich dagewesen bin und einmal seine fromme Tochter wiedersehe.« Nun wollte Ladenpeter aufsteigen, aber der Schimmel wollte ihm auf keine Weise stehen; bald ging er rechts, bald ging er links; doch schlug er nicht und biß er nicht und machte nur mit seinen Bewegungen das Aufsitzen unmöglich. Da wollte der Ladenpeter ihn schlagen, aber da warf sich das Pferd plötzlich vor Komanditchen auf die Knie und weinte bitterlich. Komanditchen sprach: »Lieber guter Schimmel! was willst du von mir?« – »Ach!« erwiderte das Pferd, »du hast deinen Vater einmal gebeten, er soll den Ladenpeter nicht schlagen; bitte nun auch den Ladenpeter, daß er mich nicht schlägt.« – »Allmächtiger Gott!« schrieen nun beide aus, »der Schimmel kann sprechen!« und standen wie versteinert da.
    »Ja«, sagte das Pferd, »ich kann sprechen, und das Herz ist mir beinahe zerbrochen, Ladenpeter! daß du auf mir hinreiten willst, deinen eignen armen Vater um Geld zu drängen.« – Da ward Ladenpeter wie Blut so rot, und Komanditchen sagte: »So, Ladenpeter! ist das wahr? ist der Krämer dein eigener Vater? Pfui, schäme dich!« – »Ach! verehrte Komandite und einziger Schimmel!« sagte Ladenpeter, »habet mich nicht in so schändlichem Verdacht und höret die Wahrheit an. Ja, der Krämer ist mein Vater, ich bin ihm entlaufen, da ich merkte, daß er an Seligewittibs-Erben und Compagnie so viel schuldig war, und habe mich in dieser Handlung vom Betteljungen zum Hausknecht, vom Hausknecht zum Ladenburschen aufgeschwungen und wollte so immer mehr und mehr lernen, um

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