Italienische Märchen
ihm:
Lieber Gockel, bitt dich drum,
Dreh mir nicht den Hals herum,
Köpf mich mit dem Grafenschwert,
Wie es eines Ritters wert!
Graf Gockel, o bittre Schmach!
Trägt den Juden Hahnen nach.
Gockel blieb vor Schrecken und Rührung starr stehen, als er den Alektryo reden hörte; aber er besann sich bald eines andern und wollte den Juden nicht mehr den köstlichen Hahn, der reden konnte, um neun Ellen Zopfband nachtragen und rief den Juden zu, links in das Gebüsch zu treten, jetzt wolle er das grausame Ungeheuer töten. Die Juden sprangen in das Gebüsch, aber da war eine mit Reisern bedeckte Wolfsgrube, die kannte Gockel gut, denn er hatte sie selbst gegraben, und plumps! fielen alle drei naturphilosophischen Petschierstecher hinein und riefen dem Gockel, ihnen herauszuhelfen. Aber der gab keine Antwort und schlich sich in die Nähe der Grube, um zu hören, was die alten Petschierstecher vorbringen würden.
»Ach!« schrie der eine, »da haben wir es: wer einem andern eine Grube gräbt, fällt selbst hinein; alle Mühe und Arbeit und der köstliche Zauberstein in des Hahnes Kropf ist verloren für uns. Der Gockel muß es gemerkt haben, daß Halsab, Kropfauf, Steinkauf, Brotgab nicht unsre Namen sind, und daß dieser Spruch nichts anders heißt als: man müsse dem Hahn den Hals ab- und den Kropf aufschneiden, um den köstlichen Stein aus demselben zu erhalten, der einem nicht nur Brot giebt, sondern alles, was man von ihm begehrt, Jugend, Reichtum, Glück und alle Güter der Welt.« Da schrie der andre: »O wehe uns, daß wir jemals etwas von dem Steine in dem Hals des Hahnen erfahren haben! O hätten unsre Väter doch niemals in dem alten Gockelschloß nach Schätzen gegraben und dort das ganze Geheimnis auf dem alten Steine eingehauen gelesen, so hätten wir Ruhe gehabt; jetzt schwebt uns der Stein immer vor Augen, mit dem wir all unser Glück verloren haben.« Nun schrie der dritte Petschierstecher: »Unglück über Unglück! Alle Mühe und Arbeit verloren! Wie lange haben wir dem König von Gelnhausen zugesetzt, wieviel Geld haben wir an seine Minister bezahlt, bis sie den Gockel vertrieben und in Armut gebracht, damit wir ihm den Hahn leicht abkaufen könnten! Haben unsre Eltern doch allein das Petschierstechen gelernt, um das Wappen des alten Gockels in die Hände zu kriegen und den Spruch auf der Kapsel zu lesen; wieviel Arbeit und Kopfbrechens hat uns die Naturphilosophie nicht gekostet, um den Spruch ganz zu verstehen! Alles, alles ist verloren, und Gockel wird uns dazu noch auslachen, daß wir in dem Loche sitzen! Wenn wir nur aus dem Loche wären! Und wer bezahlt mir nun die Katze, die ich mit ihren sieben Jungen selbst aus meinem Beutel gekauft und in das Schloß gesetzt habe, damit sie die Gallina mitsamt der Brut fressen sollte, auf daß dem Gockel der Hahn feil würde? Wer bezahlt mir die Katze? Ich will mein Geld für die Katze! Hätte ich ihr den Pelz doch abziehen können und sie als einen Hasen verkaufen und den Pelz auch verkaufen können! Ich will mein Geld für die Katze!« Über dies Geschrei mußte Gockel lachen; da glaubte der eine Petschierstecher, einer seiner Gesellen habe ihn ausgelacht, und schlug nach ihm; der schrie und sagte, der andre sei es gewesen; da schlug dieser nach ihm, und daraus entstand eine allgemeine Prügelei unter den dreien, worüber Gockel mit seinem Hahn Alektryo die Grube verließ und nach seinem Schlosse in tiefen Gedanken zurückging.
Er hatte gar vieles erfahren, die Lüge der Frau Hinkel und der kleinen Gackeleia, die Anwesenheit einer alten Schrift auf Stein in seinem Schloß, das Geheimnis von dem Zauberstein in des Hahnen Kropf und die ganze Betrügerei der naturphilosophischen Petschierstecher. Alles dieses machte ihn gar tiefsinnig und betrübt; er drückte den edlen Hahn Alektryo ein Mal um das andre an sein Herz und sagte zu ihm: »Nein, du geliebter, ehrwürdiger, kostbarer Alektryo, und wenn du den Stein der Weisen und Salomons Petschaft in deinem Kropf hättest, du sollst darum durch meine Hand nicht sterben, und ehe Gockel nicht verhungert, sollst du auch nicht umkommen.« Nach diesen Worten wollte er dem Alektryo ein bißchen Brot geben, der schüttelte aber den Kopf und sprach gar traurig:
Alektryo ist in großer Not,
Gallina tot, dreißig Hühnchen tot,
Alektryo will mehr kein Brot,
Will sterben durch das Grafenschwert,
Wie es ein edler Ritter wert.
Nur eine Bitte sei gewährt:
Will haben ein ehrlich Halsgericht,
Wo Gockel von Hanau das Urteil
Weitere Kostenlose Bücher