Italienische Märchen
spricht
Und der Katze das Stäblein bricht.
Alektryo ist ein armer Tropf,
Schneid du ihm ab den edlen Kopf
Und nimm den Stein ihm aus dem Kropf!
»O Alektryo«, sprach Gockel mit Tränen, »ein schreckliches Gericht soll über die Katze ergehen, deine verstorbene Gallina und deine dreißig Jungen sollen gerächt werden, und was noch von ihnen übrig ist, soll in einem ehrlichen Grabe bestattet werden; aber du, du mußt bei mir bleiben.« Der Hahn aber wiederholte immer die nämlichen Worte, daß er in jedem Falle sterben wollte, und wenn Gockel ihn nicht schlachten wollte, so werde er sich zu Tode hungern; Gockel werde schon auf dem alten Stein alles beschrieben finden und dann kurzen Prozeß machen. Kurz, er blieb immer bei seiner Meinung und begehrte, daß Gockel ihm den Kopf mit dem Grafenschwert abhauen solle.
Es war Nacht geworden, als Gockel nach Haus kam, und Frau Hinkel und die kleine Gackeleia schliefen schon; denn sie erwarteten den Gockel heute nicht zurück, weil sie glaubten, er sei mit den Käufern des Alektryo nach der Stadt gegangen. Zuerst schlich sich Gockel nach dem Winkel, wo die mörderische Katze mit ihren Jungen lag; Alektryo zeigte ihm den Weg. Gockel ergriff sie alle zusammen und steckte sie in denselben Sack, in welchem der arme Alektryo gefangengelegen hatte.
Ach, wie trauerte der arme Gockel und Alektryo, als sie die Federn und Gebeine der guten ermordeten Gallina und ihrer Küchlein um das Nest der Katze herumliegen sahen! Sie weinten bittre Tränen miteinander, und Alektryo trug, mit seinem Schnabel herumsuchend, alle die Beinchen und Federn der Gallina und ihrer Jungen auf einen Haufen.
Nun führte der Hahn den alten Gockel in die wüste Schloßkapelle und begann vor dem Altar heftig mit den Füßen in der Erde zu scharren. Gockel verstand ihn und fing an diesem Orte zu graben an. Da entdeckte er einen großen Marmorstein, auf welchem geschrieben stand, daß vor langen Zeiten ein Vorfahre Gockels von Hanau den Edelstein aus dem Ringe Salomonis besessen habe; als aber die Feinde das Schloß verwüstet hätten, habe der Hahn, welcher immer bei der Familie ernährt werde, den kostbaren Stein verschluckt, damit ihn die Feinde nicht eroberten. Der fromme Gockel aber habe darum den Hahn nicht schlachten wollen, weil es ein heiliges Gesetz sei bei der Familie, den Hahnen nie zu ermorden, bis er selbst den Tod begehre.
Als Gockel diese Schrift gelesen, sagte er zu Alektryo: »Da kannst du selbst lesen, lieber Alektryo, daß ich dich nicht umbringen darf; aber sage, wie ist denn der edle Zauberstein an dich gekommen?« Da erwiderte ihm Alektryo:
Urgroßvater sterbend spie aus den Stein,
Da schluckte ihn mein Großvater ein;
Großvater sterbend spie aus den Stein,
Da schluckte ihn mein Herr Vater ein;
Herr Vater sterbend spie aus den Stein,
Da schluckte ihn ich, der Alektryo, ein;
Alektryo sterbend speit aus den Stein,
Da kehrt er zu Gockel, dem Herren sein.
Gallina tot und Küchelchen tot,
Alektryo frißt mehr kein Brot,
Will sterben durch das Grafenschwert,
Wie es eines edlen Ritters wert.
Die Prophezeiung auf deinem Siegel steht,
Ist aus, an mir in Erfüllung geht.
»Wohlan«, sagte Gockel, »so will ich dann morgen früh allhier ein strenges Halsgericht halten, und soll dir eine strenge Genugtuung für den Tod der Gallina und deiner Jungen gegeben werden. Dann aber will ich an dir tuen, was du begehrst.« Nun setzte sich Gockel auf die Stufen des Altars, um noch ein wenig zu schlummern, Alektryo aber trug alle Gebeine und Federn der Gallina und ihrer Jungen in die Kapelle und legte aus den Gebeinen einen kleinen Scheiterhaufen auf dem ausgegrabenen Steine zusammen und stopfte die Federn alle in die Mitte desselben.
Als aber der Morgen zu grauen begann, flog der Alektryo auf die höchste Mauer des Schlosses und krähte dreimal so laut und heftig in die Luft hinein, daß sein Ruf wie der Schall einer Gerichtstrompete von allen Wänden widerschallte und alle Vögel erwachten und die Köpfe aus dem Nest steckten, um zu hören, was er verkünde. Und da sie hörten, daß er sie zu Recht und Gericht gegen die mörderische Katze vor den Rauhgrafen Gockel von Hanau rief, fingen sie gewaltig an, mit tausend Stimmen ihre Freude über diesen Ruf zu verkünden. Sie machten sich alle auf, schüttelten sich die Federn und putzten sich die Schnäbel, um ihre Klagen vorzubringen, und flogen alle in den Raum der Kapelle, wo sie sich hübsch ordentlich in Reih und Glied in die leeren Fenster, auf
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