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Italienische Märchen

Italienische Märchen

Titel: Italienische Märchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Brentano
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und schrie immer: »Ach, der Vater, der Vater, ach, was wird der Vater Gockel sagen! Ach, er wird mich umbringen! Mutter, liebe Mutter, hilf der armen Gackeleia!« Frau Hinkel war nicht weniger erschreckt als Gackeleia und fürchtete sich nicht weniger als diese vor dem gerechten Zorne Gockels; denn sie hatte dem Kinde die Katzen verbergen helfen und hatte den wachsamen Alektryo in den Sack gesteckt. Als sie das bedachte, fiel ihr auf einmal ein, sie wollte den Hahn Alektryo als den Mörder der jungen Hühnlein angeben, und hoffte dadurch den Zorn Gockels auf diesen unbequemen Wächter zu wenden. Sie nahm daher den Sack, worin der Hahn war, und sagte: »Komm, Gackeleia, wir wollen dem Vater nacheilen und ihm Alektryo als den Mörder der kleinen Hühner und der Gallina überbringen«, und so eilten sie nun beide, den Gockel einzuholen, der im Walde herumstrich, einiges Wild zu erlegen, das er bei dem Krämer gegen Hirse vertauschen wollte.
    Bald sahen sie ihn auch in einem Busche zwei Schnepfen, die sich in einem Sprenkel gefangen hatten, in seinen Ranzen stecken; da fingen sie laut an zu weinen. Gockel schrie ihnen entgegen: »Gott sei Dank! Ihr weinet gewiß vor Freude, Gallina hat gewiß dreißig schöne junge Hühnchen ausgebrütet.« – »Ach!« schrie Frau Hinkel, »ach ja, aber –« – »Und alle waren bunt und hatten Büsche auf dem Kopf«, unterbrach sie der freudige Gockel. – »Ach!« schrie Gackeleia, »ach ja, aber – aber –« – »Was aber?« sagte Gockel, »was aber weint ihr? Dreißig Hühner, wenn jedes wieder dreißig Eier legt, macht aufs Jahr neunhundert Hühner und immer so fort entsetzlich viel Hühner.« Da sagte Hinkel: »O du Unglück über Unglück! Alektryo, dein sauberer Haushahn, hat Gallina und alle die gegenwärtigen und künftigen Hühner gefressen! Da habe ich ihn in den Sack gesteckt; da hast du ihn, strafe ihn, ich will ihn nie wieder sehen!« Mit diesen Worten warf sie dem vor Schreck versteinerten Gockel den Sack mit dem Hahn vor die Füße.
    Gockel war über die schreckliche Nachricht, die alle seine Hoffnungen zerstörte, ganz wie von Sinnen. »Ach!« rief er aus, »nun gebe ich alles verloren; das Glück weichet von meinem Stammhaus, alle meine Voreltern und Nachkommen sind betrogen durch den unseligen Alektryo, den wir über Menschen und Vieh hochgeachtet haben. O, hätte ich ihn doch den drei jüdischen Naturphilosophen gestern für den Geißbock und die Ziege verkauft, da hätten wir doch etwas gehabt!« Als Frau Hinkel hörte, daß er den Alektryo so gut habe verkaufen können, machte sie dem Gockel bittre Vorwürfe, der noch immer trauriger ward und endlich seinen alten pergamentnen Adelsbrief aus dem Busen zog und zu seiner Frau sagte: »Hinkel, sieh, was mich immer gezwungen hat, den Alektryo zu ehren; da unten auf der buchsbaumenen Büchse, in welcher der treulose Alektryo als mein Familienwappen in Wachs abgebildet ist, steht folgender Spruch, der alle meine Vorfahren und auch mich bewogen, von dem Geschlecht des Alektryo unser Glück zu erwarten.« Und nun las er den Spruch, der auf der Kapsel eingeschnitten stand:
Dem Gockel Hahn
Bringt Glücke selbst
Um Undank,
Hals ab,
Kropf auf,
Stein kauf,
Brot gab.
     
    Als er kaum die letzten Worte gesprochen, traten die drei Juden, die ihm gestern den Hahn abkaufen wollten, aus dem Gebüsch und sprachen: »Was befehlen der Herr Graf Gockel von Hanau von uns?« – »Wieso?« sagte Gockel unwillig, »was soll ich begehren?« – »Der Herr Graf haben uns doch mit Namen gerufen«, sagten die Juden alle drei, »denn haben Sie doch Halsab, Kropfauf, Steinkauf gesprochen, und dies sind unsre drei Namen; vielleicht wollen Sie Ihr Wappen auf ein Petschaft stechen lassen, denn wir sind auch Petschierstecher und sehen, daß Sie Ihr Wappen in den Händen haben.« – »Ach!« sagte Gockel, »ich möchte mein Wappen lieber ganz vernichten; denn der Hahn Alektryo, der drauf abgebildet ist, hat uns schändlich betrogen«, und nun erzählte er ihnen sein ganzes Unglück. »Sehen der Herr Graf«, sagten die drei philosophischen Petschierstecher, »wie gut wir es mit Ihnen gemeint, da wir Ihnen den Hahn abkaufen wollten? Haben wir nicht gesagt, Sie würden ihn nächstens vielleicht gern loswerden, wenn ihn nur noch jemand wolle?« – »Wieso, gut gemeint?« sagte Gockel, »wie konntet ihr denn wissen, daß mich der Hahn in solches Leid versetzen würde?« Da erwiderte der eine Jude: »Dies Leid steht ja hell und klar auf der

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