Italienische Märchen
gewöhnlich der alte Alektryo entgegengeflogen, schlug mit den Flügeln, krähte und gackerte allerlei, als wollte er Hinkel und Gackeleia verklagen wegen ihrer Nachlässigkeit, und diese verklagten den Hahn wieder, und es ging ein strenges Nachforschen Gockels über alles an, wo dann Hinkel und Gackeleia mancherlei Verdruß bekamen, so daß sie dem Alektryo immer feindseliger wurden. Das alles währte so fort, bis die Henne Gallina dreißig Eier gelegt hatte, auf denen sie brütend saß. Auf diese Brut setzte Gockel alle seine Hoffnung für die Zukunft und zürnte drum so gewaltig auf Frau Hinkel, als sie die Vorsprecherin der Raubvögel werden wollte, die gern im Schlosse aufgenommen gewesen wären. Darüber Gockel ihr einen so derben Verweis gab, wie ich gleich anfangs erzählte.
Die Freude des guten Gockels über seine brütende Henne war ungemein groß, und da er täglich erwartete, daß die kleinen Hühnchen auskriechen sollten, eilte er nach einer nah gelegenen Stadt, Hirse zu ihrem Futter zu kaufen, und empfahl sowohl der Frau Hinkel als der kleinen Gackeleia recht sehr, auf die brütende Gallina acht zu haben, damit ihr ja niemals etwas mangle. Er ging schon um Mitternacht weg, weil er einen weiten Weg vor sich hatte. Frau Hinkel aber dachte nun einmal recht auszuschlafen und nahte sich dem Hahn Alektryo, der noch auf seiner Stange schlafend saß, ergriff ihn und steckte ihn in einen dunklen Sack, damit er den anbrechenden Morgen nicht erblicken und sie mit seinem Krähen nicht erwecken möge, worauf sie sich wieder niederlegte und wie eine Ratze zu schlafen begann. Das Töchterlein Gackeleia aber schlief gar nicht lang, denn sie hatte sich lange darauf gefreut, wenn der Vater Gockel einmal länger abwesend sein würde, um sich ein Vergnügen zu machen, das sie gar nicht erwarten konnte. Sie hatte nämlich bei ihrem Herumklettern in einem entfernten Winkel des alten Schlosses eine Katze mit sieben Jungen gefunden und weder dem Vater noch der Mutter etwas davon gesagt, weil diese immer sehr gegen die Katzen sprachen. Gackeleia aber konnte sich nie satt mit den artigen Kätzchen spielen und brachte alle ihre Freistunden bei denselben zu.
Heute stand sie nun in aller Frühe leise neben der schlafenden Mutter auf, froh, daß Alektryo sie nicht verraten könne; denn sie hatte wohl bemerkt, daß die Mutter ihn in den Sack gesteckt. Als sie aber an dem Neste der brütenden Gallina vorüberging, hatte sie eine wunderbare Freude; denn siehe da, alle die Eier waren kleine Hühnchen geworden und piepten um die Henne herum und drängten sich unter ihre ausgebreiteten Flügel und guckten bald da, bald dort mit ihren niedlichen Köpfchen hervor. Gackeleia wußte sich vor Freude gar nicht zu lassen; anfangs wollte sie die Mutter gleich wecken, dann aber fiel es ihr ein, sie wollte es zuerst ihren kleinen Kätzchen erzählen, und meinte, die würden sich ebenso sehr als sie selbst über die schönen Hühnchen freuen.
Schnell lief sie nun nach dem Katzennest, und als ihr die alte Katze mit einem hohen Buckel entgegenkam und um sie herumzuschnurren begann und die kleinen Kätzchen alle hinter ihr drein zogen, sprach Gackeleia: »Ach, Schurimuri, Gallina hat dreißig junge Hühnchen, und jedes ist nicht größer als eine Maus.« Als die Katze das hörte, war sie so begierig, die Hühnchen zu sehen, daß ihr die Augen funkelten. Da sagte Gackeleia: »Wenn du hübsch leise auftreten willst und nicht mauen, damit die Mutter nicht erwacht, so will ich dir die artigen Hühnchen zeigen; die kleinen Kätzchen können auch mitgehen, die werden große Freude an den Hühnchen haben.«
Gleich lief nun Schurimuri mit ihren Jungen vor Gackeleia her, und als sie an den Stall gekommen waren, ermahnte sie dieselben nochmals, recht artig zu sein, und machte leise die Türe auf. Da konnte sich aber Schurimuri nicht länger halten, sie setzte mit einem Sprunge auf die brütende Gallina und erwürgte sie, und die jungen Kätzchen waren ebenso schnell mit den jungen Hühnchen fertig.
Das Wehgeschrei der Gackeleia und der sterbenden Gallina weckte die Mutter, die noch auf dem Lager schlief und mit Entsetzen ihre ganze Hoffnung von der Katze erwürgt sah, die sich nebst ihren Jungen bald mit ihrer Beute davonmachte. Gackeleia und Hinkel weinten und rangen die Hände, und der arme Alektryo, der das Wehgeschrei der Seinigen wohl gehört hatte, flatterte und schrie in dem Sacke. Gackeleia wollte sterben vor Angst, sie umfaßte die Kniee der Mutter
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