Italienische Novellen, Band 1
bereiten.«
Alle antworteten ihm, er möge einen Weg nach seinem Belieben einschlagen, wir werden ihm alle nachfolgen und gehorchen; und so wandte er sich denn zwischen Giovannozzo Pitti und Piero dem Venezianer nach der alten Brücke zu. Wir gingen hinüber, und er geleitete uns unter mannigfaltigen anmutigen Gesprächen nach dem Pittischen Garten, woselbst sogleich von Giovannozzo Pitti unter einer Jasminlaube, in deren Mitte ein feiner frischer Wasserstrahl aufschoß, ein Tisch bestellt wurde, voll von Früchten, wie man sie in dieser Zeit brauchte, nebst zwei Kühlgefäßen voll der besten weißen und roten Weine.
Als wir uns dort einige Zeit aufgehalten und alle erfrischt hatten, machte Piero der Venezianer mit einem lustigen Anfang unsere Aufmerksamkeit rege und begann die Geschichte von Madonna Lisetta, die ich sonst auch von ihm gehört und dir erzählt habe. Sie war aber um so ergötzlicher, als er alle Bewegungen und Gebärden der Frau und des Bauers nachmachte, mit Lachen und Weinen abwechslungsweise und zu gleicher Zeit, so daß wir die Sache selbst zu sehen und zu hören glaubten. Als er damit fertig war und wir eine gute Weile darüber gelacht hatten, wandte sich Lioncino noch in vollem Lachen zu ihm und sagte: »Piero, ich wünsche, daß unser so lange andauernder Streit endlich zur Entscheidung komme, und daß du dich überzeugest, daß ich besser erzählen kann als du. Diese wackern Männer, welche deine Geschichte gehört haben, werden so geduldig sein, auch eine von mir zu hören. Geben sie das Urteil, daß diese ergötzlicher ist als die deine, so werde ich mich fortan den Meister nennen; im entgegengesetzten Falle aber werde ich die Meisterschaft dir zugestehen.«
Piero erklärte sich einverstanden, Lioncino strich sich den Bart, trank einen Schluck und fing darauf also an: »Ihr kennt, glaube ich, alle den Bianco Alfani oder habt doch oft von ihm gehört. Er scheint auf den ersten Anblick noch jung, mag aber doch über vierzig Jahre auf dem Rücken haben; und wenn man ihm auch sogleich ansieht, daß er listig und boshaft ist, so paßt doch seine List mehr zu seinem scheinbaren Alter als zu seinem wirklichen, wie ihr erfahren könnt, ehe wir heute auseinandergehen. Er war von Jugend auf bis jetzt fast immer Aufseher im Schuldgefängnisse, wo er die armen Gefangenen auslöste und sich dadurch schon viel Geld erworben hat. Da er aber immer ein lustiger Bruder war und die Frauen gern sah, besonders die jungen, so blieb ihm wenig von seinem Erwerb übrig, und was er mit dem wenigen angefangen, das sollt ihr nun hören. Voriges Jahr pflegte er oft auf den Neumarkt zu kommen und hatte dort des Abends nach dem Essen immer einen Kreis von jungen Leuten um sich, die ihm nachliefen wie die Vögel der Eule, um seine Aufschneidereien und Geschichten zu hören, an welchen sie großes Gefallen fanden. Als wir nun eines Abends auch einmal auf unserm Bänkchen saßen, Herr Antonio der Hofnarr, Herr Niccolò Tinucci und ich, war jener Bianco nahe bei uns mit seiner Zuhörerschaft, wie gewöhnlich. Wir hörten ihre Gespräche mit an und fanden allmählich Vergnügen an seiner Einfalt und an dem, was jene Jungen zu ihm sagten. Wir hatten ihm so eine Weile zugehört, als Herr Niccolò zu uns sagte: Ich will euch einen Spaß machen. Voriges Jahr war hier ein gewisser Giovanni di Santi von Norcia Exekutor, mit dem dieser Strohkopf früher einmal, ich weiß nicht in welcher Angelegenheit, in Norcia war und deswegen so vertraut mit ihm wurde, daß ich, der ich genau mit jenem bekannt bin und ihn in Geschäften einiger Freunde oft besuchte, ihn fast immer, wenn ich hinkam, bei ihm antraf, und Giovanni hatte seine größte Lust an ihm und ließ ihn den Wahnsinnigen spielen, wie ihr diesen Abend es ihn habt ausführen sehen. Einstmals hatte ihn Giovanni mit irgendeinem unbedeutenden Geschäft beauftragt, denn er verwandte ihn zu dergleichen kleinen Dingen, und sagte: Geh, mein Bianco, und komm gleich wieder mit der Antwort, und sei versichert, ich will dich noch einmal für alle die Mühe entschädigen, die ich dir mache, und zwar mit etwas anderm als mit Zetteln oder sonstigen Lumpereien!
Wenn Ihr mich auch entschädigt, antwortete er, ich kenne vielleicht die Norciner nicht recht.
Kenne wen du willst! sagte Giovanni. Ich habe, da ich so zu Hause bin, überlegt, nicht zu ruhen, bis ich dich zum Hauptmann von Norcia gemacht habe.
Hört einmal, das wäre etwas! Und dazu wollte ich den Amtsstab nicht schlechter führen
Weitere Kostenlose Bücher