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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
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konnte vor schwerem Schlafe, der ihn bewältigte. Die andern sagten zu ihm: »Matteo, du scheinst ja vor Müdigkeit umzufallen. Du hast wohl heute nacht wenig geschlafen?«
    Das hatten sie getroffen.
    »Ich versichere euch«, erwiderte hierauf der Dicke, »daß ich mein Leben lang nicht so schläfrig gewesen bin. Es könnte nicht ärger sein, wenn ich einen Monat lang nicht geschlafen hätte. Ich will mich daher zu Bette legen.«
    Er fing an, sich auszukleiden, hatte aber kaum noch Kraft, die Schuhe abzuziehen und sich auf das Bett zu werfen, so war er schon fest eingeschlafen und schnarchte wie ein Schwein.
    Zur festgesetzten Stunde kehrte Filippo di Ser Brunellesco mit sechs seiner Gefährten zurück und trat in die Kammer, wo jener lag. Da sie bemerkten, daß er fest schlief, so nahmen sie ihn und legten ihn mit allen seinen Kleidern auf eine Tragbahre und trugen ihn nach seinem Hause, welches ganz leer stand, weil seine Mutter zufällig noch nicht vom Lande zurückgekehrt war. Sie trugen ihn an das Bett, legten ihn hinein und warfen seine Kleider an denselben Platz hin, wo er sie selbst hinzutun gewohnt war; doch ihn selbst kehrten sie mit dem Kopfe dahin, wo er sonst die Füße zu legen pflegte. Als dies geschehen war, nahmen sie die Schlüssel zu seiner Bude, die an einem Haken in seiner Schlafkammer hingen, machten sie auf, traten hinein und legten alle seine eisernen Werkzeuge an einen andern Ort, als wo sie bisher lagen. Alle Eisen an den Hobeln rissen sie aus dem Gestell und drehten die Schneide gegen oben und das Dicke nach unten. Ebenso machten sie es mit allen Hämmern und mit den Äxten, und in der ganzen Bude verwirrten sie alles auf eine Art, daß es schien, es hätten hunderttausend Teufel darin ihr Wesen getrieben. Endlich schlossen sie den Laden wieder ab, trugen die Schlüssel in das Zimmer des Dicken zurück, schlössen auch dort die Tür und gingen sodann jeder nach Haus, um zu schlafen.
    Der Dicke, betäubt von dem Tranke, schlief diese ganze Nacht über, ohne je zur Besinnung zu kommen. Des andern Morgens aber, um die Zeit des Avemaria in Santa Maria del Fiore, hatte der Trank seine Wirkung vollendet: der Dicke erwachte, als es schon Tag war; und als er die Glocke erkannte und die Augen aufschlug, erkannte er bei der durch ein Zugloch einfallenden Helle, daß er in seinem eigenen Hause war, und als er sich aller frühern Ereignisse erinnerte, überfiel ihn das größte Erstaunen. Er erinnerte sich, wo er am vorigen Abend zu Bett gegangen war und wo er sich damals befand, und mit einemmal war er von Zweifeln bestürmt, ob er das alles geträumt habe, oder ob er jetzt träume. Bald schien ihm das eine wahr zu sein, bald das andere, und nach einem recht aus Herzensgrund hervorgeholten Seufzer rief er: »Gott steh' mir bei!«
    Er sprang aus dem Bette, kleidete sich an, nahm die Schlüssel der Bude auf und rannte dahin. Als er aufgeschlossen hatte, sah er die ganze Werkstätte in Verwirrung, alle Eisen verkehrt und von ihrem Platz entfernt, worüber er nicht wenig sich verwunderte. Doch räumte er allmählich auf und rückte die Gegenstände wieder zurecht. Da kamen auf einmal die zwei Brüder Matteos, und als sie ihn so beschäftigt fanden, sagte einer von ihnen, gerade wie wenn sie ihn nicht kennten: »Guten Tag, Meister!«
    Der Dicke drehte sich nach ihnen um, und als er sie erkannte, verfärbte er sich ein wenig, sagte aber dennoch: »Guten Tag und gutes Jahr! Was führt euch her?«
    Einer von beiden sprach: »Ich will es dir sagen. Wir haben einen Bruder, namens Matteo; dieser wurde vor einigen Tagen verhaftet und ist aus Kummer darüber halb von Sinnen gekommen. So sagt er unter anderm, er sei nicht mehr Matteo, sondern der Meister dieser Bude, den man, wie es scheint, den Dicken heißt. Wir haben ihn nun sehr ermahnt und ihm auch gestern abend von dem Priester unserer Pfarre zusprechen lassen, der ein sehr braver Mann ist. Dem hatte er versprochen, sich diese Narrheit aus dem Sinn zu schlagen, so daß er auch mit dem besten Appetit zu Nacht speiste und in unserer Gegenwart zu Bett ging. Diesen Morgen aber hat er sich, ohne daß es jemand merkte, davongeschlichen, wir wissen nicht wohin. Deshalb sind wir hierhergekommen, um zu sehen, ob er wohl dagewesen ist, oder ob du uns nichts von ihm zu sagen weißt.«
    Dem Dicken schwindelte es bei diesen Reden. Er erwiderte: »Ich verstehe nicht, was Ihr sagt, und begreife nichts von Euren Possen. Matteo ist nicht hierhergekommen, und wenn er sich für

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