Italienische Novellen, Band 1
durchlauchtiger Fürst, beklage mich aufs ernstlichste über meinen Gatten und werde mich unaufhörlich über ihn beklagen, daß er, um eine andere zu genießen als mich, von mir hinweg und anderswohin gegangen ist, ungeachtet ich noch keineswegs zum Krüppel geworden bin und wohl unter den schönen Frauen dieser unserer Vaterstadt mich sehen lassen kann. Ebenso ist es mit Madonna Luzia, die, wie ihr seht, gleichfalls den Schönen beigezählt werden kann. In der Tat, ein jeder von euch hätte mit seiner Gattin zufrieden sein und nicht, wie ihr schnöderweise getan habt, sie verlassen sollen, um besser Brot zu suchen als Hausbrot. Wie rühmlich ist es, passende schöne und brave Frauen zu verlassen, um nach denen anderer zu gehen! Ihr beschwert euch über eure Frauen, und hättet doch über euch selbst und über sonst niemand Klage führen, neben dieser Klage und Reue aber die größte Geduld üben sollen; denn obgleich ihr zu Hause euer gutes Auskommen hattet, suchtet ihr euch gegenseitig mit eurer Liebe Schmach anzutun, weil euch die Hausmannskost verleidet und zum Überdruß geworden war. Aber gelobt sei Gott und unsere weise Vorsicht: denn wenn hier irgendwo Schaden und Schande ist, so muß sie ganz auf euer beider Seite sein. Beim Kreuz Gottes, ich sehe nicht ein, wie ihr Männer eher Erlaubnis haben sollt zu sündigen, als wir, wiewohl ihr aus Geringschätzung unseres Geschlechtes tun wollt, was euch am meisten behagt. Nein, so wenig ihr die unbeschränkten Herren seid, so wenig sind wir Sklavinnen; vielmehr wollen wir eure Genossinnen sein: denn die heiligen Gesetze der Ehe, des ersten Sakraments, das Gott nach der Erschaffung der Welt den Sterblichen gegeben hat, diese Gesetze wollen, daß die Treue eine gleichmäßige sei, und der Gatte ist ebensowohl gehalten, der Frau treu zu sein, als sie ihm. Was wollt ihr euch nun beklagen? Wie man in den Wald schreit, schallt es heraus. Wußtet ihr nicht, daß die Waage der Gerechtigkeit gerade stehen muß, ohne mehr auf die eine als auf die andere Seite neigen zu dürfen?
Lassen wir nun aber für jetzt den Streit darüber und gehen auf den Anlaß über, weshalb wir uns hier eingefunden haben: Zwei Dinge, gerechtester Fürst, haben uns hierher vor Euer und dieser erlauchten Herren erhabenes Angesicht geführt, da wir sonst nicht gewagt hätten, uns öffentlich zu zeigen; und noch weniger hätte ich die Dreistigkeit gehabt, vor dieser hochansehnlichen Versammlung zu reden, was nur geübten und sehr beredten Männern vergönnt ist, nicht aber uns, die kaum für Nadel und Spindel hinreichen. Einmal haben wir unser Haus verlassen, um zu zeigen, daß unsere Männer keine Mörder sind, weder des Messer Aloise, der hier steht, noch irgendeines andern; und dafür hatten wir hinreichendes und glaubwürdiges Zeugnis. Hierbei brauche ich mich aber nicht aufzuhalten; denn alle Mühe, die mich dieser Punkt hätte kosten können, erspart mir die Anwesenheit Messer Aloises, und von der Ermordung eines andern war ja gar nicht die Rede. Es bleibt uns nun noch eines übrig, nämlich, daß meine Madonna Luzia und ich den durchlauchtigsten Fürsten ehrerbietig bitten, zu geruhen, mit seiner und dieser erlauchten Herren Gunst und Ansehen uns mit unsern Männern auszusöhnen und zu machen, daß wir ihre Vergebung erlangen, wenn wir ihnen handgreiflich bewiesen haben, daß wir die Beleidigten, sie die Beleidiger sind, und daß unser Fehler, wenn man es so nennen kann, so groß war, wie sie ihn haben wollten. Und um nun zum Schlüsse zu kommen, sage ich, daß ich schon von Kindesbeinen an von meiner Frau Mutter seligen Angedenkens, die oftmals meine Schwestern und Madonna Luzia, unsere Milchschwester, mit uns in verschiedentlichen Dingen unterrichtete, sagen hörte, alle Ehre, die eine Frau ihrem Manne antun könne, bestehe darin, daß die Frau sittsam lebe, da ohne Keuschheit eine Frau gar nicht am Leben bleiben dürfte, zumal da bekanntlich die Frau eines Edelmanns öder eines andern, wenn sie sich einem Fremden hingibt, ein gemeines Weib wird, auf das man allenthalben mit Fingern zeigt, und auch ihr Mann wird verhöhnt und geschmäht von allen: denn es scheint, dies sei die größte Beleidigung und Verhöhnung, die ein Mann von einer Frau empfangen kann, und der schmachvollste Tadel, der einem Hause zugefügt wird. Das wußten wir, und wir wollten nicht, daß die ungeregelten und zügellosen Lüste unserer Männer sie zu einem unschicklichen Ziele führten, und trafen daher durch einen
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