Italienische Novellen, Band 1
Befreiung und unsere Entschuldigung gesprochen. Dennoch aber will ich, soweit meine schwachen Kräftereichen, beides zu bewerkstelligen versuchen. Ich behaupte demnach, daß unsere Männer gegen Pflicht und Vernunft sich über uns beschweren, wie ich ihnen auf der Stelle handgreiflich zeigen werde. Ich hege die feste Überzeugung, daß ihr Verdruß und herber Kummer nur aus zweierlei und keinen andern Ursachen entspringen kann, nämlich aus dem Mord, den begangen zu haben sie fälschlicherweise bekannten, oder aus der Eifersucht, die ihnen am Herzen nagt, daß wir unkeusche Weiber seien, da jeder in des andern Schlafzimmer, ja fast in des andern Bette ergriffen wurde. Hätten sie aber ihre Hände mit eines andern Menschen Blute befleckt, was sie allerdings peinigen und betrüben müßte, was könnte es denn um Gottes willen uns angehen, wenn sie ohne Rat, Beihilfe und Mitwissen von unserer Seite eine so gräßliche Missetat begangen hätten? Ich kann in der Tat nicht einsehen, wie uns für dieses Vergehen irgendein Vorwurf treffen könnte, und noch weniger, wie sie sich über uns beklagen können: denn man weiß ja, daß, wer das Böse tut oder es zu tun Anlaß gibt, notwendigerweise die verdiente Strafe und strenge Züchtigung nach der Vorschrift der heiligen Gesetze dulden muß, um andern ein Beispiel zu geben, das sie von ähnlichen bösen Handlungen abhält. Doch wer wird uns hier noch widersprechen, wo die Blinden sehen müssen, daß das Recht auf unserer Seite ist, zumal da wir hier Gott sei Dank Messer Aloise lebendig vor uns sehen, der ganz das Gegenteil von dem versichert, was hier diese unsere uns so wenig hebenden Männer törichterweise eingestanden haben? Hätten sie sich verleiten lassen, Hand an Leib und Leben irgendeines Menschen zulegen, so wäre es vernünftigerweise an uns, uns über sie zu beschweren und gar sehr über sie zu beklagen. Denn sie, die vom edelsten Blute geboren sind und als Herren gelten in dieser hochedeln Stadt, die ihre Freiheit immer jungfräulich und rein erhalten hat, wären Schacher, Mörder, Menschen der verworfensten Gattung geworden, indem sie einen so schmählichen Makel auf ihr reines Blut brachten und uns in unserer Jugend in den Witwenstand versetzten. Es erübrigt nur noch, daß sie sich über uns deshalb beschweren, daß sie um Mitternacht einer in des andern Schlafzimmer gesehen und festgenommen worden sind; und das ist, wie mir scheint, der Hauptknoten, Grund und Ausgang ihres ganzen Zornes und Ärgers. Das kann ich euch sagen, denn ich weiß es gewiß, das ist der Nagel, der ihnen das Herz durchbohrt, und der einzige Anlaß ihres Mißmutes. Wie Menschen also, die das Ganze nicht gehörig geprüft und weniges genau in Berechnung gezogen haben, sind sie in Verzweiflung verfallen und haben sich in dieser Verzweiflung angeklagt, das begangen zu haben, was sie nie getan, ja nie entfernt zu tun im Sinne gehabt hatten. Um aber nicht unnötige Worte zu machen, und damit das, was ich zu sagen beabsichtige, auf einmal gesagt werde und ihr, gnädige Herren, nicht eure Zeit über unnötigem Hinundherreden verlieret, während ihr Staatsgeschäfte zu besorgen habt, wäre es mir äußerst heb, – und ich bitte Euch, durchlauchtiger Fürst, sie dazu zu veranlassen, – daß sie aussprechen, worüber sie denn sich so bitter gegen uns beschweren.«
Im Auftrag des Herzogs von einem der dabeistehenden Herren befragt, erwiderten beide, sie hätten ihre Frauen als Buhlerinnen erkannt, die sie doch für durchaus ehrbar hielten, und die es hätten sein sollen, und das sei der ganze Zorn und Grimm, der ihnen am Herzen nage; und da sie solche Schmach nicht ertragen noch es auf sich nehmen können, im Angesichte der Menschen zu leben, hätten sie sich aus Verlangen nach dem Tode zu dem Geständnis bewogen gefunden, etwas getan zu haben, was doch nie der Fall gewesen sei.
Als Madonna Isotta dies vernahm, fuhr sie in ihrer Rede fort und sagte, zu ihrem Gatten und zu Bembo gewandt: »Weshalb beschwert ihr euch denn nun über uns, daß es nicht gut steht? An uns ist es, darüber uns gegen euch zu beschweren! Was suchtet denn Ihr, mein Gemahl, in dem Schlafgemach meiner teuern Freundin um diese Stunde? Was fand sich denn dort Besseres als in dem Eurigen? Und Ihr, Messer Girolamo, wer zwang Euch, das Bett Eurer Gattin zu verlassen und bei Nacht das meines Gatten aufzusuchen? Waren die Leintücher des einen nicht so weiß, so fein, so sauber, so wohlduftend wie die des andern? Ich meinesteils,
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