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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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die wollüstige Liebe, die sie einer zu des andern Frau gehabt hatten, mit brüderlichem Wohlwollen, was in der ganzen Stadt große Freude erregte.
    Sobald die allgemeine Aufregung der Versammlung über diesen Vorfall in etwas nachgelassen hatte, wendete sich der Fürst mit erheitertem Angesicht zu Madonna Gismonda und sagte zu ihr: »Und was begehrt Ihr von uns, schöne Frau? Sagt uns Euer Anliegen freimütig! Wir hören Euch mit Vergnügen zu.«
    Madonna Gismonda wurde über und über rot und erschien noch liebenswürdiger als gewöhnlich durch die natürliche Schamhaftigkeit, die sich über ihre Wangen ergoß; sie hielt eine kleine Weile ihre Augen auf den Boden gerichtet, schlug sie dann schüchtern empor und sprach, nachdem sie ein wenig Zuversicht gewonnen hatte: »Wenn ich, durchlauchtigster Fürst, in Gegenwart von Personen sprechen sollte, die nie geliebt haben oder nicht wissen, was Liebe ist, so wäre ich mehr als zweifelhaft darüber, was ich zu sagen hätte, und würde mich vielleicht gar nicht getrauen, den Mund zu öffnen. Da ich aber oftmals von meinem Vater gottseligen Angedenkens habe erzählen hören, daß Ihr, durchlauchtigster Fürst, in Eurer Jugend auch nicht verschmäht habt, den Liebesflammen Eure Brust zu öffnen, vielmehr ein zärtlicher Liebhaber wäret, und da ich überzeugt bin, daß niemand hier ist, der wenig oder gar nicht geliebt hat, hoffe ich für das, was ich jetzt zu sagen habe, bei Euch allen Mitleid, jedenfalls Verzeihung zu finden. Um also zur Sache zu kommen, so verhüte Gott, daß ich eine der scheinheiligen Frauen werden möchte, die, den ganzen Tag mit den Heiligen redend, Vaterunser verschlingen und Teufel hervorbringen, da ich wohl weiß, daß die Undankbarkeit ein Wind ist, der die Quelle der himmlischen Barmherzigkeit austrocknet und zum Versiegen bringt. Ich liebe das Leben, wie natürlich alle Menschen, und die Ehre zunächst, die ihm vielleicht noch vorangestellt sein sollte, weil es keinem Zweifel unterliegt, daß das Leben ohne Ehre nicht der Mühe lohnt; ein solches Leben ist ein lebendiger Tod, wo man mit gebrandmarkter Stirn lebt. Aber die Liebe, die für meinen von mir einzig geliebten Messer Aloise Foscaro hege, der hier gegenwärtig ist, geht mir über alles, und folglich halte ich sie höher als mein Leben. Und dies in Wahrheit mit vollstem Rechte: denn wenn ich auch nicht früher von ihm so sehr geliebt worden wäre, da er mich doch geliebt hat, so sehr man nur heben kann, und wenn ich ihn auch nicht geschätzt hätte, da er mir doch der teuerste und weit mehr als meine Augen von mir geliebt war, so macht doch der innige Liebesbeweis, den er mir in der letzten Zeit gegeben hat, wo er sich freigebig, ja verschwenderisch mit seinem eigenen Leben gezeigt hat, damit auch nicht der mindeste Verdacht von Unkeuschheit auf mich falle, daß ich ihn unvergleichlich höher achten muß als mein Leben und meine Seele selbst. Und wo findet sich, daß je eine solche Freigebigkeit von einem Liebhaber so unbedingt geübt wurde? Wer hat je freiwillig den Tod gewählt, um nicht fremden Ruf zu beflecken? Gewiß niemand, glaube ich, oder so wenige, daß diese Gattung so selten und seltener ist als weiße Raben. O einzige und unerhörte Aufopferung! Das ist ein Liebesbeweis, der nie genug gepriesen werden kann! Das ist eine Liebe, die echte Liebe ist und wo sich keine Erdichtung denken läßt! Messer Aloise, ehe er das geringste Teilchen meines Rufes bemakeln oder ein Tüttelchen von Verdacht bei irgend jemand, wo es mich anschwärzen konnte, auf mich fallen lassen wollte, hat sich freiwillig als Dieb angegeben und mich und meine Ehre weit mehr berücksichtigt als die seine und sein Leben. Und wiewohl er sich auf tausend Arten befreien konnte, nachdem er einmal in dem vom Falle noch halb betäubten Zustande gesagt hatte, er sei von meinem Fenster herabgestürzt, und nun bemerkte, wie sehr dieses Geständnis meine Ehre beeinträchtigen und ihre Reinheit schwärzen könne, zog er freiwillig lieber den Tod vor, ehe er ein Wort sagte, das irgendwie eine schlimme Meinung über mich oder so viel Schimpf als das kleinste Muttermal hervorbringen konnte. Da er einmal nicht mehr rückwärts konnte mit dem, was er schon über den Fall gesagt hatte, auch das einmal Geäußerte nicht so zu drehen war, daß die Sache gut stand, entschloß er sich, den Ruf des Nächsten mit seinem eigenen Schaden zu retten. Wenn er daher so bereitwillig sein Leben zu meinem Nutz und Frommen offenbar auf das

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