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Italienische Novellen, Band 1

Italienische Novellen, Band 1

Titel: Italienische Novellen, Band 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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den Kopf bald so, bald anders und fing an, mit kleinlautem Munde einiges unpassende Zeug hervorzustammeln, so daß ihn vernünftigerweise niemand hätte für unschuldig erklären können. Nichtsdestoweniger bekämpfte der vermessene Schurke seine Furcht mit seiner Frechheit, verscheuchte sie und ward so mutig, daß ihm seine alte Verschlagenheit wiederkam und er mit seiner vorigen Geistesgegenwart den Arzt der Lüge zieh und alle seine Aussagen leugnete. Der unbescholtene Greis aber besann sich, um nicht in seinen letzten Jahren seinen unbefleckten Ruf zu besudeln, auf Mittel, die Wahrheit in der Sache ans Licht zu bringen. Er forderte daher einen der Diener der Gerechtigkeit auf, dem Knechte seinen Ring vom Finger zu ziehen, und als man ihn mit dem Siegel des Säckchens verglich, ergab sich die Übereinstimmung beider. Die Richter erklärten es demnach für einen hinreichenden Beweis, um ihn auf die Folter zu bringen. Man gab ihm mehrere Streiche mit dem Stricke, aber noch immer beharrte er auf seinem Leugnen. Darauf sagte der Arzt zu den Richtern: »So wisset denn, daß, als mich dieser Verruchte, wie ich bereits erzählt habe, bewegen wollte, ihm Gift auszuhändigen, ich aber es für einen rechtschaffenen Arzt unziemlich hielt, den Tod eines Menschen zu veranlassen, dieweil ich überzeugt bin, daß die Heilkunde den Menschen vom Himmel geoffenbart worden ist zum Wohl und nicht zum Schaden des Menschengeschlechts, und als ich fürchtete, wie ich euch gleichfalls gesagt habe, er möchte zu einem andern gehen, der aus Geldgier ihm das gegeben hätte, was er verlangte, – daß ich ihm kein Gift gegeben habe, sondern einen Alrauntrank, der so tief in Schlaf senkt, daß, solange seine Kraft dauert, der, der ihn zu sich genommen hat, wie tot aussieht. Wenn nun jener Knabe den von mir gemischten Trank genommen hat, so lebt er, ruht und schlummert. Sobald die Kraft der Natur den dichten Nebel dieses Schlummers verjagt haben wird, wird auch unsere Sonne so schön wie zuvor ihm leuchten. Ist er aber wirklich tot, so sucht die Ursache anderswo!« Nachdem der Arzt diese Worte gesprochen hatte, schien es allen das Wichtigste, ohne Verzug nach dem Begräbnisorte des Knaben zu gehen, um sich über den Fall Aufklärung zu verschaffen. Man brachte daher den Diener sowie den andern, ältern Sohn in das Gefängnis, und alle gingen nach der Gruft. Dort angelangt, ließ es sich der Vater nicht nehmen, mit eigenen Händen den Stein über dem Grabe wegzuwälzen. Und die Hilfe durfte auch nicht länger ausbleiben, denn die Natur hatte schon von selbst die düstere Schlaftrunkenheit verjagt, und der Jüngling war zurückgekehrt aus dem Reiche Plutos. Der Vater umarmte ihn mit der Zärtlichkeit, die ihr euch vorstellen könnt, und da es ihm in der Freude dieses Augenblicks an kräftigen Worten gebrach, hob er ihn schweigend aus der Gruft und stellte ihn so in Trauerkleider gehüllt dem Oberrichter vor.
    Als der Diener den Knaben am Leben sah, dachte er, weil kein Tod erfolgt sei, werde er Verzeihung erlangen, und zugleich, um der weiteren Folterung zu entgehen, bekannte er alles. Man ergriff deshalb die Frau, führte sie vors Gericht, und nach kurzer Folterung bekannte auch sie alles. Das Urteil fiel dahin aus, daß der Diener, weil er das Verbrechen verübt, wenn auch der Tod nicht dadurch erfolgt sei, gehängt werde. Der Frau wurde auf die Bitten ihres Gatten und ihres Sohnes zwar das Leben geschenkt, doch wurde sie auf immer aus der Stadt verbannt. Dem Arzte wurde auf allgemeine Zustimmung das Geld, das er von dem Knechte als Zahlung für den Schlaftrunk erhalten hatte, gelassen. Der Vater aber, der in Gefahr gewesen war, seine beiden Söhne zu verlieren, vertauschte sie auf diese Weise gegen ein grundböses Weib und gewann sie wieder lebendig und schuldlos.

Bärenjagd
    In der Stadt Ricanati lebte ein Edelmann namens Democrate, der sehr reich und mit seinem Besitz sehr freigebig war; und als der erste in seiner Stadt veranstaltete er alljährlich Lustbarkeiten und Schauspiele, an welchen er sich sehr ergötzte. So beschloß er denn auch einst einen Spaß zu veranstalten, nämlich eine große Jagd von wilden Tieren in der Stadt, und zwar zu Ehren einiger fremder Herren, die auf Besuch zu ihm kommen sollten. Er hatte daher aus verschiedenen Gegenden mit sehr bedeutenden Kosten eine große Menge wilder Tiere zusammengebracht, worunter viele Bären waren; nun blieben aber die Herren, um derentwillen hauptsächlich die Jagd angestellt

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