Italienische Novellen, Band 1
werden sollte, länger aus, als man erwartet hatte; die Tiere konnten das eingeschlossene Leben nicht vertragen, und viele starben; und da sie auf die Straßen geworfen wurden, kamen die armen Leute daher und zogen ihnen die Haut ab, um sie zu essen.
So war denn auch eine sehr große und erschrecklich anzuschauende Bärin gestorben, und eine Räuberbande, die vor kurzem in die Stadt gekommen war, gründete auf diese Bärin einen Plan, den Democrate listig zu berauben, und zwar auf folgende Weise: Sie nahmen die tote Bärin, trugen sie in ihre Wohnung und zogen ihr geschickt die Haut ab, ließen aber Kopf und Füße ganz. Nachdem sie das Fell gänzlich vom Fleische gereinigt hatten, bestreuten sie es mit Asche und legten es in die Sonne, um es zu trocknen; inzwischen ließen sie es sich wohl sein, indem sie das Fleisch verspeisten. Als das Fell trocken war, steckten sie nach der bereits unter ihnen getroffenen Verabredung einen der Ihrigen mit Namen Trasileo hinein, nähten es sorgfältig zusammen und bedeckten die Naht mit den dicken Borsten, so daß man sie nicht sehen konnte; an die Stelle, wo der Bärin die Kehle durchschnitten wurde, kam Trasileos Kopf zu stehen und fand Raum genug, um zu atmen und zu sehen. So mußte man meinen, es sei eine wirkliche Bärin. Nachher kauften sie einen Käfig und sperrten ihn hinein. Als die Sache so weit war, erhielten sie, um ihren Betrug vollzumachen, eine Anzeige von einem gewissen Nicanore aus Albano, der in enger Freundschaft mit jenem Democrate stehen sollte und in seinem Lande ein großer Jäger war. Die Räuber verfertigten nun Briefe, die angeblich von jenem Freunde herrührten, des Inhaltes, er möge an dem Feste, das er zu veranstalten im Begriffe war, ihn Anteil nehmen lassen. Als nun die Nacht nicht mehr weit entfernt war, brachten die Buschklepper den Käfig mit der falschen Bärin und dem Briefe dem Democrate, der die Größe des Tieres lobte, sich über die zu so guter Stunde kommende Freigebigkeit seines Freundes freute und befahl, den Bärenführern zehn Dukaten auszubezahlen und den Käfig mit der Bärin zu den andern Bären hinauszuschaffen. »Hüte dich, Herr«, sagte einer der Räuber,»da das Tier von der heftigen Sonnenhitze und dem langen Wege sehr müde ist, es mitten unter die vielen andern zu bringen, die auch, wie ich gehört habe, nicht sehr gesund sind! Laß sie im Hause an einen offenen Ort schaffen, wo die frische Luft zukann; denn derlei Tiere sind an den Aufenthalt in dichten Wäldern und frischen Höhlen gewöhnt.«
Democrate überlegte nun, daß ihm viele gestorben waren, und schenkte deshalb den Worten des Mannes Beifall. Darum sagte er, sie sollten das Tier selbst unterbringen, wo es ihnen am zweckmäßigsten scheine. Sie stellten daher den Käfig an einen Winkel des Hauses, von wo Trasileo sehen konnte, wohin man die Silbergefäße brachte, die von dem Tische des Herrn abgeräumt wurden, deren er viele sehr kostbare besaß. Dann sagten sie: »Wir sind bereit, sofern es nötig ist, in der Nähe zu bleiben; wir kennen seine Natur und können jetzt, da er müde und erschöpft ist, ihm Speise reichen, sobald es dazu Zeit scheint.«
Democrate antwortete: »Wir brauchen euch nicht zu bemühen, denn meine Dienerschaft ist in Behandlung solcher Tiere wohlgeübt und weiß jetzt schon, was sie zu tun hat.«
Nach diesen Worten nahmen die Räuber Abschied und gingen ein wenig vor die Stadt hinaus, wo sie an einer abgelegenen Stelle etwas abseits der Straße neben einem Kirchlein ein Grabmal sahen. Sie hoben den Deckel auf, der von der Länge der Zeit ganz abgenutzt war, fanden die Gebeine der Toten ganz in Staub gesunken und dachten, das wäre ein passender Platz, um das zu verstecken, was sie aus dem Hause des Democrate hervortrügen. Sie erwarteten nun die dunkelste Zeit der Nacht, das heißt die Stunde, in der der Schlaf mit seiner ersten Heftigkeit sich der Sterblichen bemeistert, und stellten sich, mit ihren Werkzeugen bewaffnet, vor Democrates Hause auf. Trasileo war inzwischen nicht weniger tätig gewesen; denn er hatte, sobald er merkte, daß alles schlief, den Käfig verlassen, den Pförtner mit einem Messer erstochen, dann die Türe geöffnet und seine Genossen eingelassen. Sobald die Spitzbuben im Hause des Democrate waren, zeigte ihnen Trasileo eine Vorratskammer, worin er das Silber hatte niederlegen sehen. Sie öffneten mit ihren Eisenwerkzeugen die Türe, beluden sich mit dem, was sie tragen konnten, und brachten es in das
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