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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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deuchte, die er je gesehen und von der er je hatte reden hören; er hatte sich so sehr in seine Gedanken vertieft, wobei ihm tausend Dinge durch den Sinn hin und her gingen, daß er auf nichts sonst acht hatte. Der Kämmerer führte die Frauen so weit, daß sie den König sahen, ehe er sie hörte oder bemerkte.
    Da wandte sich der Kämmerer zu der schönen Alix: »Seht, gnädige Frau«, sagte er, »hier ist Euer König, und gewiß denkt er an nichts anderes als an Euch; und wenn man ihn jetzt nicht störte, bliebe er so allein und nachdenklich drei, ja vier Stunden lang sitzen, so heftig ist er verstrickt in die Netze Eurer Liebe.«
    Die junge Frau, von sittsamer Entrüstung durchglüht, fühlte in diesem Augenblick ihr Blut kälter als Eis durch alle Adern rinnen, im nämlichen Moment aber sich ganz in Flammen stehen. Dies machte ihr Angesicht noch schöner, farbiger, reizender als gewöhnlich. Sie hatten sich auf weniger als fünf Schritte dem König genähert, als der vertraute Kämmerer vor ihn trat und zu ihm sprach: »Gnädigster Herr, hier ist die schöne Gesellschaft, die Ihr so sehr gewünscht habt, und sie kommt Euch aufzuwarten.«
    Wie aus tiefem Schlafe erwachend, hob der König das Haupt empor, und als er die Gräfin erkannte, wunderte er sich sehr über ihr Kommen; er stand sodann auf und sagte zu ihr: »Seid willkommen, Frau Gräfin! Welche guten Neuigkeiten führen Euch zu so heißer Stunde hierher?«
    Sie machte darauf eine tiefe Verbeugung und antwortete mit gedämpfter, zitternder Stimme: »Seht hier, gnädigster Herr, Eure ersehnte Alix, welche, ihre Härte und Sprödigkeit bereuend, kommt, um Euch die geziemende Ehrfurcht zu bezeugen und eine Weile bei Euch zu bleiben, länger oder kürzer, ganz nach Eurem Gefallen.«
    Als er hörte, daß Alix bei ihrer Mutter war, und diese, die unter ihren Fräulein verschämt und entrüstet dastand, bemerkte, war er so erfüllt von Freude, daß er sich gar nicht zu fassen wußte und nie eine solche Lust gefühlt zu haben wähnte. Er näherte sich daher ihr, die ihre schönen Augen zur Erde geneigt hatte, und sprach zu ihr: »Sei willkommen, mein Leben, meine Seele!«
    Damit küßte er sie, die sich unwillig zeigte, trotz ihrem Widerstreben, so gut er konnte, und nahm sie bei der Hand. Wer vermöchte die unendliche Genugtuung, die unermeßliche Freude des Königs zu schildern und die äußerste Unzufriedenheit, den grenzenlosen Unmut der Alix? Dem König war es, als wäre er im Paradiese und schwämme in einem weiten Meere der Wonne; die junge Frau aber deuchte sich in der Hölle, versenkt in jenes Feuer der Qual.
    Als nun der König bemerkte, daß sie ganz zitternd und verschämt die Hand zurückgezogen hatte und ihm auch nicht eine Silbe erwiderte, meinte er, die Anwesenheit der Mutter, ihrer Frauen und des Kämmerers verursachten diese Sprödigkeit. Er nahm daher die Gräfin bei der Hand, sagte ihr, sie solle ihre Frauen nachkommen heißen, und so schlug er den Weg nach seinen Zimmern ein. Auf geheimen Pfaden gelangten sie nun alle in die königliche Wohnung. Der Garten und der Palast waren so gelegen, daß der König auf geheimen Wegen an den Fluß hinabsteigen und in seine Gemächer zurückkehren konnte, ohne von jemand anders gesehen zu werden, als wen er mit sich führte. Als nun alle in dem Gemache waren, sagte der König zu der Gräfin: »Gnädige Frau, mit Eurer günstigen Genehmigung will ich mit Frau Alix in jenes kleine Zimmer treten, um mich mit ihr zu besprechen.«
    Er nahm diese sofort bei der Hand und lud sie gar höflich ein, hier mit ihm einzutreten. Alix, ganz verschämt, faßte doch einen Löwenmut und trat hinein; der König aber, als er sie drinnen sah, verschloß die Tür der Kammer mit dem Riegel. Kaum hatte der König die Tür verschlossen, als Alix, um zu verhindern, daß er ihr Gewalt antue, vor ihm auf die Kniee sank und mit fester Stimme und gebietendem Wesen also zu ihm sprach: »Gnädigster Fürst, ein ungewohnter Trieb hat mich vor Euch geführt, wohin ich nie auf diese Art zu kommen hoffte; aber entschlossen, mich von der Überlast Eurer Gesandten und Botschaften zu befreien und meinen Eltern zu genügen, die, von Euch bestochen, mich den ganzen Tag aufmuntern, Euch zu Willen zu sein, während sie mich eher hätten erdrosseln sollen, – fest in meinem Innern entschlossen, dasjenige auszuführen, was ich im Sinne habe, bin ich hier bereit, Euren Befehlen zu gehorchen. Ehe ich mich aber Eurer ganz freien Verfügung hingebe und

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