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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Tochter mit bewaffneter Hand aus dem Hause wird holen lassen, und während es seine Absicht war, mit dem Grafen und allen freund zu sein und ihnen Gutes zu erweisen, ihr größter Feind werden wird. Er wird zeigen, was er ausrichten kann, wenn er erzürnt ist und wenn eine Ansicht sich in seinem Kopfe festgesetzt hat und er sich entschließt, etwas zu wollen, wie er dazu jetzt entschlossen ist, da er denkt, er dürfe doch nicht den ganzen Tag schmachten und andere über ihn lachen und höhnen lassen. Hiermit, Frau Gräfin, Gott befohlen!« Als sie diese unverhoffte heftige Äußerung hörte, wurde sie von solchem Schrecken überfallen, daß sie schon mitanzusehen meinte, wie ihre Tochter ihr vor den Augen an den Haaren aus dem Hause gezogen, ihr die Kleider zerrissen werden und sie mit lauter Stimme um Gnade rufe, weshalb sie weinend und zitternd den Kämmerer inständigst bat, er möge sie der Huld des Königs empfehlen und ihn ersuchen, nicht so in rasender Wut das Haus des Grafen zu verunehren, der ihm stets ein so treuer Diener gewesen sei. Sodann sagte sie zu ihm, sie wolle mit ihrer Tochter reden und nicht nachlassen, bis sie sie dahin gebracht habe, dem König zu Gefallen zu sein. Mit dieser guten Antwort nahm der Kämmerer Abschied; die Gräfin aber ging weinend in das Gemach der Alix, die mit ihren Jungfrauen an der Arbeit saß. Die Gräfin schickte alle Frauen aus dem Zimmer und setzte sich neben Alix, die aufgestanden war, um sie ehrerbietig zu empfangen, voll Verwunderung über ihre Tränen. Sie hieß nun ihre Tochter niedersitzen und sagte ihr, der Kämmerer des Königs sei gekommen, und was er ihr zuletzt mitgeteilt habe.
    »Meine teure Tochter«, fügte die Gräfin weinend hinzu, »es gab eine Zeit, wo, wenn ich sah, wie du unter den schönen Frauen dieses Reiches die schönste und allersittsamste warst, ich mich für eine überschwenglich glückliche Mutter hielt und mich in dem Glauben bestärkte, wegen deiner so seltenen Eigenschaften müsse uns Ehre und Nutzen zuteil werden. Aber ich habe mich gar sehr geirrt und fürchte, du seiest zu unserem Untergang und unserem gänzlichen Sturz geboren, und du seiest, was Gott verhüte, die Ursache des Todes unser aller. Wenn du nun einigermaßen deine Starrheit beugen und dich berichten lassen willst, so würde sich der ganze Schmerz und unsere Trauer in Lust und Freude verwandeln. Weißt du nicht, meine Tochter, daß ich dich immer zärtlicher als alle meine andern Kinder geliebt habe, und was du von mir im geheimen erhalten hast, als der Graf von Salisbury, den Gott selig haben möge, dich zur Frau nahm? Warum willst du also nicht aus Liebe zu mir diese deine Härte brechen und dich von mir leiten lassen, die ich ja deine Mutter und deine liebevolle Mutter bin? Bedenke, daß der König nicht nur in dich verliebt, sondern fast verrückt ist durch deine spröde Grausamkeit! Er befindet sich sehr übel, und sein Leben schwebt in größter Gefahr. Alle Welt weiß, daß deine Hartnäckigkeit sein Übel und seine Unzufriedenheit veranlaßt hat, so daß wir den Haß aller auf uns laden, denen das Wohl des Königs am Herzen liegt, und das wünschen alle außer dir. Erinnerst du dich nicht, daß es oft vorgekommen ist, wenn wir zur Messe oder sonst in andern Angelegenheiten ausgegangen sind, daß wir von groß und klein viel Übles auf uns sagen hörten? 'Seht da' hieß es, 'die Bluthündinnen, die an unserm König saugen, seht die Mörderinnen, die ihm nie auch nur eine freundliche Miene gönnten, noch ein gefälliges Wort, – die wollen die Heiligen spielen, und am Ende, wenn man recht nachforschte, stellte sich heraus, daß ein Stallknecht oder ein Barkenführer sie genießt. Käme doch Donner und Wetter vom Himmel, um sie alle zu verbrennen und zu verzehren!' Diese Worte hast du gewiß so gut gehört wie ich, und welchen Unmut und Kummer mir dies verursacht hat und noch immer verursacht, das möge Gott dir sagen. Jedoch, meine teuerste Tochter, bitte ich dich flehentlich, du mögest meinen Bitten dich etwas fügen und nicht unser Unheil und Verderben werden. Du mußt wissen, daß Fürsten und Könige, wenn sie einen ihrer Untertanen gebeten haben, dem sie befehlen können, und sehen, daß ihre Bitten nicht den Erfolg haben, den sie haben sollten, sich zur Gewalt wenden und dem Widerspenstigen zum Trotz, auch ohne daß es ihren Untertanen gefällt, alles tun, was ihnen genehm ist. Unser König wird es ebenso machen und hat mir bereits damit gedroht, dies zu tun;

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