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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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Euch und Euer Gefolge in Bereitschaft zu setzen, und will, wenn es Euch recht ist, meinem Herrn Bruder sagen, eine edle Lombardin, die mir in ihrem Hause viel Ehre erwiesen, komme mit mir, um bei mir zu wohnen. Außerdem will ich ihm nicht näher sagen, wer Ihr seid.«
    Sie ging also voraus, konnte sie aber nicht enthalten, ihrem Bruder zu sagen, daß die Erwartete die Schwester des Königs von England und Gattin des Herzogs von Savoyen sei, und erzählte ihm die erste Unterredung mit ihr in dem Wägelchen, das Gelübde, Sankt Jakob zu besuchen, und ihren Wunsch, nicht erkannt zu werden. Don Giovanni ermahnte die Schwester, die erlauchte Pilgerin auf jede mögliche Weise zu ehren, und als ein kluger und listiger Mann kam er mehr und mehr auf den Gedanken, daß es um diese Pilgerfahrt eine andere Bewandtnis habe, als seine Schwester denke. Doch ließ er sie nichts davon merken. Frau Isabella ordnete sofort an, was sie für nötig hielt, und kehrte dann um, die Herzogin zu empfangen.
    Sobald Don Giovanni dachte, es sei Zeit, stieg er mit vielen seiner Edelleute zu Pferde und sagte, er wolle ausgehen, um ein paar Hasen zu jagen; während er nun mit seinem Gefolge da und dort pirschte, kam er auch auf den Weg, welchen die schönen Pilgerinnen einherkamen. Die Herzogin fragte, was das für Leute seien. Frau Isabella antwortete: »Gnädige Frau, es ist mein Bruder Herr Don Giovanni, der zu seinem Vergnügen jagt; der ist es auf dem hermelinweißen leichten Renner, seht, der mit den weißen Federn auf dem Hute.«
    Die Herzogin, die, ohne ihn gesehen zu haben, sich durch den bloßen Ruf von seiner Schönheit in ihn verliebt hatte, fand ihn nun noch weit schöner und liebenswürdiger, als sie sich gedacht hatte, und war von der Schönheit und Liebenswürdigkeit des Ritters so eingenommen und so heftig entzündet, daß sie ganz außer sich und wie in ihn verwandelt fast keinen Schritt tun konnte, sondern nur ihm starr ins Gesicht sah, da sie meinte, sie habe nie in ihrem Leben eine solche Wonne gefühlt wie bei seinem Anblick, und gerne wäre sie hier nur immer stehengeblieben, um ihn besser und bequemer betrachten zu können. Don Giovanni stieg vom Pferde und kam höflich heran, ihr die Hände zu küssen als einer Edelfrau, die in Italien seiner Schwester Freundlichkeit erzeigt, ihr dafür zu danken und sie willkommen zu heißen, wobei er ihr sich mit Gut und Leben ergeben erklärte. Unter diesen Höflichkeitsbezeigungen und Danksagungen schien es dem Ritter, sie sei die schönste und anmutigste Frau, die er je gesehen habe. Und bei den wenigen Worten, die sie miteinander wechselten, begab es sich zufällig, daß beider Blicke sich gegenseitig begegneten, so daß, wenn es möglich war, das Liebesfeuer der Herzogin neue Nahrung sog und der Ritter von dem Glanze der beiden glühenden Lichter so heftig entflammt wurde, daß er sich sogleich darin gefangen fühlte und nicht umhin konnte, ganz in Liebe zu der schönen Pilgerin zu erglühen. Indessen wagte keines von beiden sein inneres Gefühl gegen das andere laut werden zu lassen; vielmehr suchte jedes so viel als möglich die brennenden Flammen zu verbergen. Darum verzehrten sie sich auf klägliche Weise; denn je mehr das Liebesfeuer versteckt wird, um so mehr verbrennt und verzehrt es den Liebenden.
    Die Herzogin ruhte drei Tage lang höchlich geehrt und gefeiert in Don Giovannis Hause aus und strebte durch den Anblick des geliebten Gegenstandes einige Linderung ihres Leidens zu erlangen, wiewohl dasselbe im Gegenteil nur immer heftiger wurde. Ebenso ging es dem Ritter, der, je mehr er die schönen und holden Reize der Frau betrachtete und bei sich lobte, um so mehr durch die Augen das unsichtbare Liebesgift schlürfte, so daß er übermäßig erglühend nicht wußte, was er tun solle. Am vierten Tage nun stand, was immer der Grund sein mochte, die Herzogin früh auf, nahm Abschied von Frau Isabella, ging mit ihrem Gefolge weg und schlug die Richtung nach Sankt Jakob ein.
    Als Don Giovanni die plötzliche Entfernung der Herzogin vernahm, war er sehr verstimmt und konnte sich nicht vorstellen, was die Herzogin bewogen habe, auf diese Weise wegzugehen. Er ließ also Pferde satteln, folgte mit einigen seiner Leute der Herzogin auf dem Fuße und ritt so schnell, daß er sie, die zu Fuß ging, in kurzem einholte. Sobald er sie erreicht hatte, stieg er ab, machte der Herzogin die gebührende Verbeugung und sprach zu ihr: »Gnädige Frau, ich weiß nicht, warum Ihr so unversehens

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