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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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schöner, wohlgesitteter Mensch. Der Graf, sein Oheim, der eher dumm als klug war, ließ sich von seiner unmäßigen Liebeslust zu der Meinung verführen, jede Frau, auch die höchste und schönste, müsse es für eine Gnade erachten, von ihm geliebt zu werden, erkühnte sich also, die Herzogin um Liebe anzugehen und ihr zu erzählen, wie er von Liebe zu ihr heftig glühe. Sie aber, die ihre Gedanken anderswo hatte und ihn nicht hätte würdigen mögen, ihm auch nur die Spitze eines ihrer Schuhe zu zeigen, sagte ihm mit ernstem Gesichte, er solle sich nicht unterstehen, solcher Torheiten jemals wieder ihr gegenüber zu gedenken. Aber der arme, vom Liebesfeuer rastlos gequälte Mann kam dennoch wieder auf seine Anträge zurück und beschwor sie noch dringender als zuvor, sich seiner zu erbarmen. Über diese Frechheit höchst entrüstet, schalt sie ihn ernstlich und mit drohender Stimme deswegen aus und sagte: »Graf, ich habe Euch das erstemal – wiewohl unverdientermaßen – verziehen, aber ich verzeihe Euch diese Eure zweite törichte und verbrecherische Anmaßung gleichfalls. Nehmt Euch aber in acht, mir nicht noch einmal so zu kommen, und erkühnt Euch nicht nochmals, mir von ähnlichen Ruchlosigkeiten zu reden: denn sonst spiele ich Euch einen Streich, der Euch nicht gefallen würde. Steht Euerm Amte vor, das mein Herr Gemahl Euch übertragen hat, und verirrt Euch nicht wieder auf solche Art, so lieb Euch Euer Leben ist!«
    Der Graf ersah hieraus die unerschütterliche Keuschheit der Herzogin und kam zu der Überzeugung, daß seine Bemühungen umsonst seien. Da er nun befürchtete, die Herzogin möge seine Torheit dem Herzoge entdecken, so beschloß er bei sich, ihr den Vorteil abzugewinnen und sie selbst zu verderben. Seine brünstige Liebe zu ihr verwandelte sich mit einem Male in grausamen Haß, der ihm den Gedanken eingab, sie auf eine schmähliche Weise sterben zu lassen. Er verleugnete in Worten und Handlungen gänzlich seine frühere Liebe und erfüllte seine Pflicht im Regimente des Landes. Er fing darauf an, sich mit seinem zuvor genannten Neffen mehr als bisher vertraut zu machen und fast als mit seinesgleichen mit ihm umzugehen, und sprach mit ihm von nichts als Liebeshändeln. Eines Tages sagte er zu ihm, es gebe auf der Welt kein größeres Vergnügen als dasjenige, das ein junger Mensch empfinde, wenn er ein schönes, hochgestelltes Weib liebe, und zwar um so mehr, wenn seine Liebe Gegenliebe finde. Nachdem er durch solcherlei Reden den Jüngling genugsam gekirrt, sprach er insgeheim zu ihm: »Mein lieber Neffe, der du mir so teuer bist wie mein eigener Sohn, merke wohl auf das, was ich dir jetzt sage: denn wenn du weise sein und meinem Rate folgen willst, so verspreche ich dir, daß es dir wohler werden soll als irgendeinem andern Manne hierzulande.«
    Der Knabe, der seinen Oheim wie seinen Vater ansah, erwiderte, er sei bereit, ihm zu gehorchen und zu tun, was er ihm befehle.
    Auf der Stelle sagte nun der verräterische Graf: »Ich habe wahrgenommen, mein lieber Sohn, daß unsere Herzogin dir sehr wohlwill und dich über alle Maßen liebt. Ich weiß ganz gewiß, daß sie wie Wachs am Feuer sich verzehrt und nach nichts mehr verlangt als nach einer vertrauten Stunde mit dir. Aber sie macht es wie im allgemeinen alle Frauen, die, wenn sie eine Sache auch noch so innig wünschen, doch meist darum gebeten sein wollen und es für ihr größtes Glück ansehen, von den Männern verführt und durch List oder Gewalt dahin gebracht zu werden, sich ihnen preiszugeben. Lieben sie dagegen einen jungen Menschen und wird es ihnen am Ende klar, daß er weder verwegen noch behutsam ist, so erzürnen sie sich über ihn und wenden ihre Liebe einem andern zu. Ich spreche aus eigener Erfahrung, lieber Neffe! Darum glaube mir und tue, was ich dir sage! Ich rate dir nämlich, diesen Abend, wenn du die Gelegenheit ersiehst, dich unter dem Bett der Herzogin zu verbergen und daselbst bis etwa um die siebente Nachtstunde anzudauern: denn dann ist sie in den ersten Schlaf gesunken, und auch ihre Frauen schlafen alle. Dann mußt du leise hervorkriechen, zu ihr an das Bett treten, ihr die Hand auf die Brust legen und dich ihr nach und nach mit Vorsicht zu erkennen geben. Ich weiß, was ich dir sage, und daß es keine leeren Worte sind. Sobald sie dich erkennt, wird sie dich zu sich in das Bett nehmen und ihren völligen Besitz dir zugestehen, an dessen Stelle ich mich selig preisen würde.«
    Der einfältige Jüngling

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