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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
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erfüllen. Er sagte ihm ferner, die ganze Hoffnung ihrer Befreiung setze die Herzogin auf ihn, und er versicherte ihn, daß sie nimmermehr schuld sei an alledem, dessen man sie angeklagt habe. Er bat ihn darum flehentlich und drang in ihn, sie in ihrer großen Not nicht zu verlassen. Der Arzt bot hierbei alle Überredungskunst auf, die ihm zu Gebote stand, um Don Giovanni zum Mitleid mit der unglücklichen Herzogin zu bewegen und dazu, daß er sich zu ihrer Befreiung anschicke. Don Giovanni war sehr ergriffen von dem durch Appiano gemeldeten Unglück und war um so mehr dadurch bekümmert, als er von seinen Feinden belagert und keine Möglichkeit vorhanden war, die Stadt zu verlassen. Appiano, welcher sah, daß die Sachen wirklich so standen, wußte gar nicht, was er sagen sollte. Als er am Ende sah, daß er sich hier vergeblich bemühte, entschloß er sich, weiter keine Zeit mehr zu verlieren und nach Turin zurückzukehren. Don Giovanni machte einen allgemeinen Ausfall, währenddessen er den Arzt durch einige seiner Leute in Sicherheit wieder hinausbringen ließ. Appiano langte in Turin an und tat der Herzogin durch Giulia zu wissen, wie er Don Giovanni gefunden und was sie miteinander gesprochen hätten. Als die Herzogin diese schlimme Nachricht erfuhr, verzweifelte sie an jeder Hilfe und wußte nicht mehr, was hier zu sagen und zu tun sei und wohin man sich in dieser Not wenden müsse.
    Einige Tage nun, nachdem Appiano die belagerte Stadt verlassen hatte, dachte Don Giovanni an das Unglück der Herzogin und nahm sich ihre Liebe zu Herzen, aus der sie von Turin bis nach Galizien zu Fuß gewandert war, einzig aus Liebe zu ihm; er glaubte daher, sehr unrecht getan zu haben, indem er nicht plötzlich zu ihrer Befreiung eilte, und wollte nun nicht nur sein Land aufs Spiel setzen um ihretwillen, sondern auch sein Leben, ja tausend Leben, wenn er so viele gehabt hätte. Er fand auf die Dauer gar keine Ruhe mehr vor dieser Vorstellung, und so faßte er kurz und gut den Entschluß, entstehe daraus, was da wolle, Land und Leute so gut zu verwahren als möglich und stracks nach Italien aufzubrechen, um die arme Herzogin aus ihrer Drangsal zu erlösen. Einmal über die Hauptsache mit sich im reinen, nahm er die Verteidigungsmittel der Stadt in genauen Augenschein und fand dabei, daß sie mit allem wohlversehen war, um sich noch acht bis neun Monate zu halten, und wußte, daß deren Einwohner und Besatzung ihm aufs getreulichste anhingen. Er ließ also die Ältesten der Stadt und die Kriegshauptleute zu sich kommen und erklärte ihnen, daß er beschlossen habe, von dannen zu gehen, um Hilfe und Ersatz aufzubringen, daß er sie aber ermächtige, wenn er nach Ablauf einer gewissen Frist nicht wieder bei ihnen sei, selbst für sich und das Ihrige zu sorgen; sie würden übrigens ohne allen Zweifel vor Ablauf der angesetzten Frist ihn mit starker Hilfsmannschaft zurückkehren sehen. Sodann bestellte er einen seiner Verwandten, einen sehr mannhaften Ritter, zu seinem Stellvertreter. Er ordnete nun einen heftigen Angriff auf die Feinde an, verließ, ohne von ihnen gesehen zu werden, während desselben auf einem edeln, mutigen Renner die Stadt und schlug die Straße nach Frankreich ein. Dort angelangt, kaufte er ein gutes Schlachtroß und Waffen und nahm einen Diener an. Von niemand, selbst von seinem Diener nicht gekannt, überstieg er die Alpen und verfügte sich nach Turin.
    Bereits war daselbst, wie gesagt, der Arzt angekommen, und wiewohl die Herzogin dadurch die Hoffnung auf Don Giovannis Hilfe verloren hatte, so meinte sie doch, in der Erinnerung an das, was sie aus Liebe zu ihm getan habe, dürfe sie wieder einige Hoffnung schöpfen, da es unmöglich sei, daß er ablehne, zu kommen und für sie gegen den verräterischen Grafen von Pancalieri zu kämpfen; und in dieser Hoffnung lebte sie längere Zeit. Da sie nun aber sah, daß weder Bote noch Nachricht von ihm kam, entrüstete sie sich dermaßen darüber, daß sich ihre heiße Liebe in den heftigsten Haß verwandelte; und indem sie bedachte, was sie für ihn getan hatte, geriet sie in heftigen Zorn und sprach bei sich selbst: »Wehe mir, wie war ich verblendet, wie war ich von Sinnen, wie hatte ich völlig meinen gesunden Verstand verloren, daß ich von einem Pflichtvergessenen Treue erwartete!« Und nun sprach die trostlose Herzogin, überwältigt von der Bitterkeit ihres Leides, so viel Übles von Don Giovanni, als man nur von einem Undankbaren und Treulosen sagen kann, und

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