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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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armen Herzogin zu hören. Das Zimmer, in dem die Herzogin gefangensaß, war groß und geräumig, die Fenster desselben dagegen dergestalt verschlossen, daß gar kein oder nur sehr wenig Licht hineindringen konnte. Als die Brüder eingetreten waren, sagte Don Giovanni, der das Italienische geläufig sprach: »Der Friede unseres Erlösers sei mit Euch, gnädige Frau!«
    Die Herzogin, die ganz verzagt in einem Winkel saß, antwortete: »Wer seid Ihr, daß Ihr mir hier von Frieden sprecht, die ich alles Friedens und alles Heiles beraubt bin und in kurzem, allem Rechte zuwider, einen schmachvollen, unverdienten Tod gewärtige?«
    Don Giovanni folgte dem Klange ihrer Stimme nach, trat der Herzogin zur Seite und sagte: »Gnädige Frau, ich bin ein armer Bruder, der in diese Stadt kommend Euer erschreckliches Mißgeschick vernommen hat, und darüber fühle ich nun solches Mitleid, daß ich komme, Euch zu besuchen und zu trösten.«
    Und also fuhr Don Giovanni in seinem Zuspruch mit so gutem Erfolge fort, daß die Herzogin zuletzt beschloß, bei ihm zu beichten. Sie fing damit an, und da ihr keine Hoffnung mehr übrig war, am Leben zu bleiben, legte sie eine vollständige allgemeine Beichte ab, so daß Don Giovanni leicht und entschieden daraus ihre vollständige Unschuld abnahm. Die Herzogin hatte in dieser Beichte bekannt, daß ihre Reise zum heiligen Jakob ihr bloß als Vorwand und Mittel gedient habe, einen falschen und undankbaren spanischen Ritter zu sehen. Don Giovanni ermahnte sie nun, alle Beleidigungen zu verzeihen, die sie jemals empfangen habe; worauf sie erwiderte, sie verzeihe allen ihren Beleidigern von Herzen, so wie sie wünsche, daß Gott ihr selbst verzeihen möge; sie wisse aber nicht, wie sie jenem undankbaren Ritter zu verzeihen imstande sei, den sie mehr als sich selbst geliebt habe. Don Giovanni freute sich innerlich über diese Worte, ermahnte sie aber nichtsdestoweniger wiederholt, die Kränkungen zu vergessen, bis am Ende die Herzogin versprach, allen ohne Unterschied zu vergeben.
    Die Herzogin hatte, wie schon gesagt, ihren reichsten Diamant bei sich behalten, ihr Gold, ihre Perlen und Juwelen aber und anderes hatten Appiano und Giulia beiseite geschafft; ihre Absicht war, daß es ihnen verbleiben sollte, denn sie hatten sich das Versprechen gegeben, einander zu heiraten. Da sie demnach nichts anderes mehr besaß, um ein Almosen zu spenden, sagte sie zu dem vermeintlichen Bruder: »Mein Vater, von allem, was ich mein genannt, ist mir nichts als dieser Diamant übriggeblieben, den mir der König, mein Bruder, geschenkt hat, und der, wie mir die angesehensten Juweliere öfters versicherten, über hunderttausend Dukaten wert ist. Ich gebe ihn Euch. Ihr mögt ihn an den König von Frankreich verkaufen, der sehr Freude daran findet, und von der Summe, die Ihr dafür empfangt, laßt Messen und andere Feierlichkeiten veranstalten zum Heil meiner Seele! Stattet auch damit arme Mädchen aus und gebt um Christi willen den Armen und den Gottesstätten! Für Euch und Eure eigenen Bedürfnisse behaltet davon, soviel Euch gefällt, und betet zu Gott für meine Seele!«
    Nach noch vielen andern Gesprächen empfahl er die Herzogin dem Himmel, die guten Mönche verließen das Gemach und gingen nach Hause. Die Herzogin fühlte sich wunderbar getröstet und gestärkt, ohne sich Rechenschaft darüber geben zu können, wie. Don Giovanni gab dem Bruder viel Geld und ließ durch seinen Diener seine Waffen zurüsten und das Pferd instand setzen. Am Abende sodann vor dem vorletzten Abend der Jahres- und Tagesfrist verließ er Turin spät und begab sich in das Haus des Gastwirts, der ihn sonst schon beherbergt hatte.
    Am Morgen sodann mit Tagesanbruch stieg er wie ein Sankt Georg bewaffnet zu Pferde und ritt an das Stadttor, wo er einen der Wächter anrief und zu ihm sagte: »Freund, geh hin und sage dem Grafen von Pancalieri, daß er sich bereithalte, seine falsche Anklage gegen die Frau Herzogin von Turin zu verfechten, weil ein Ritter angekommen ist, der sich ihren Kämpen nennt, und der ihn zwingen wolle, was er zu ihrer Unehre ausgesagt, zu widerrufen.« Der Torwächter vollzog diesen Auftrag, und der Ritter zog zu der großen Säule, an der die Anklage geschrieben stand, lehnte seine Lanze daran und wartete daselbst ab, bis der Ankläger erschien. Das Gerücht von diesem Kämpen verbreitete sich rasch in der Stadt. Giulia eilte hinaus, um zu sehen, und als sie den Ritter sah, trat sie zu ihm, um sich besser zu

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