Italienische Novellen, Band 2
sich mit einer derselben dem Ringeltanz anschließen. Er trat also zu der einen, welche Emerentiana hieß, der Gattin des Messer Lamberto Bentivogli, und forderte sie zum Tanze auf. Sie war anmutig und nicht minder aufgeräumt als schön und schlug den Antrag nicht aus. Mit zögerndem Schritt führte sie daher Filenio zum Tanz, drückte ihr zuweilen die Hand und flüsterte ihr leise die Worte zu: »Edle Dame, Eure Schönheit ist so groß, daß sie unbestritten jede andere überstrahlt, die je mein Auge gesehen. Auf der Welt ist kein Weib, zu der ich so heftige Liebe empfände, wie zu Eurer Hoheit; und wenn Ihr meine Liebe erwidertet, so würde ich mich für den glücklichsten, seligsten Menschen erachten, der auf der Welt zu finden wäre; wo nicht, so werdet Ihr mich bald des Lebens beraubt sehen und die Schuld meines Todes tragen. Da ich Euch nun, meine Gebieterin, hebe, wie ich tue und wie es meine Pflicht ist, so nehmt mich zu Euerm Diener an und verfügt über mich und das Meinige, wie geringfügig es sein mag, wie über Euer Eigentum! Keine höhere Gnade wüßte ich vom Himmel zu erflehen, als einer so hohen Herrin Untertan zu werden, die mich wie einen Vogel gefangen hat durch den süßen Leim der Liebe.«
Emerentiana, die die holden, lieblichen Worte mit Aufmerksamkeit angehört hatte, war klug genug, sich taub zu stellen, und antwortete nichts. Als der Tanz beendigt war und Emerentiana ihren Sitz wieder eingenommen hatte, ergriff der junge Filenio die Hand einer andern Dame und trat den Tanz mit ihr an. Aber kaum hatte er ihn begonnen, so redete er sie mit folgenden Worten an: »Gewiß, anmutigste Dame, habe ich nicht nötig, Euch mit Worten auszudrücken, wie groß und heftig die heiße Liebe ist, die ich zu Euch trage und tragen werde, solange mein Geist diese schwachen Glieder, dieses unselige Gebein beherrscht. Aber für glücklich, ja, für überselig müßte ich mich halten, wenn ich Euch zu meiner Herrin und Schutzheiligen erwürbe. Da ich Euch nun so sehr hebe und Euch ganz ergeben bin, wie Ihr leicht selber bemerken werdet, so verschmäht es nicht, mich zu Euerm unterwürfigsten Diener anzunehmen, da all mein Glück, ja mein Leben selbst von Euch und von sonst niemand abhängig ist!«
Die junge Frau, die Panthemia hieß, so gut sie alles verstanden hatte, erwiderte doch nichts, sondern setzte den Tanz mit vielem Anstande fort und nahm, als er zu Ende war, halb lächelnd neben den andern Damen ihren Platz ein. Es währte nicht lange, so ergriff der verliebte Filenio die Hand einer dritten, die die liebenswürdigste, anmutigste und schönste Frau war, die man dazumal in Bologna finden mochte, und begann sich mit ihr im Tanze zu schwingen, indem er sich eine Gasse durch diejenigen bahnte, welche sich herzudrängten, um sie zu bewundern. Ehe sie aber den Tanz beschlossen, redete er sie in folgender Art an: »Verehrungswürdige Frau, vielleicht werdet Ihr mich für nicht wenig anmaßend halten, wenn ich Euch jetzt die stille Liebe entdecke, die mein Herz für Euch empfindet und längst empfunden hat. Aber beschuldigt nicht mich, sondern Eure Schönheit, die Euch über alle andern Frauen erhebt und mich ewig zu Euerm Gefangenen macht! Ich schweige jetzt von Euren untadeligen Sitten, ich schweige von Euren ausgesuchten und bewundernswürdigen Tugenden, die so groß und zahlreich sind, daß sie Macht hätten, die höchsten Götter vom Himmel herniederzulocken. Wenn denn Eure natürliche kunstlose Schönheit den unsterblichen Göttern gefällt, – was wunder, daß sie mich zwingt, Euch zu lieben und Euer Bild in den Tiefen meines Herzens verschlossen zu tragen! Darum bitte ich Euch, edle Herrin, einziger Balsam meines Lebens, den wertzuhalten, der des Tages tausendmal für Euch stirbt. Dann werde ich glauben, ich verdanke mein Leben Euch, um deren Gunst ich werbe.«
Die schöne Frau, die Sinforosia hieß, hatte die süßen, holden Worte wohl verstanden, die aus dem feurigen Herzen Filenios hervordrangen; auch konnte sie ein kleines Seufzerchen nicht unterdrücken; jedoch bedachte sie ihre Ehre und daß sie vermählt sei, und antwortete ihm nichts, sondern ließ sich nach beendigtem Tanz wieder auf ihrem Platze nieder.
Nun saßen die drei fast in einem Kreise beisammen und unterhielten sich mit angenehmen Gesprächen, als Emerentiana, die Frau des Messer Lamberto, nicht in böser Absicht, sondern scherzweise zu ihren zwei Gefährtinnen sprach: »Meine lieben Frauen, soll ich Euch nicht einen Spaß
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