Italienische Novellen, Band 2
erzählen, der mir heute begegnet ist?« »Nun, was denn?« fragten die Freundinnen.
»Ich habe«, fuhr Emerentiana fort, »beim Tanz einen Liebhaber gefunden, und zwar den schönsten, liebenswürdigsten und gebildetsten, der zu finden ist. Er sagt, er sei so entbrannt für mich meiner Schönheit wegen, daß er Tag und Nacht keine Ruhe finde.« Und so erzählte sie ihnen Wort für Wort, was er ihr gesagt hatte. Als dies Panthemia und Sinforosia hörten, sagten sie, ganz dasselbe sei ihnen begegnet, und sie verließen das Fest nicht, ohne es herausgebracht zu haben, daß es einer und derselbe gewesen sei, der allen dreien zugleich den Hof gemacht habe. Hieraus entnahmen sie die Gewißheit, daß jene Worte des Verliebten nicht aus aufrichtiger Liebe, sondern aus Verstellung und Arglist hervorgegangen seien, und maßen ihnen daher denselben Glauben bei, den man den Fieberträumen der Kranken oder den Possen der Bänkelsänger zu schenken pflegt. Sie schieden auch nicht eher voneinander, bis sie sich alle drei das Wort gegeben, eine jede von ihnen wolle ihn auf eine Weise zum besten haben, daß der Verliebte sich zeitlebens erinnern solle, daß auch die Frauen zu foppen verstehen.
Filenio fuhr fort, bald dieser, bald jener schönzutun, und da er sah, daß sich ihm alle drei wohlgewogen zeigten, so setzte er sich vor, wenn es möglich wäre, von jeglicher die letzte Frucht der Liebe zu empfangen; aber es gelang ihm nicht, wie er wünschte und hoffte, sondern es ward ihm ein Strich durch seine ganze Rechnung gemacht. Emerentiana, der geheuchelten Liebe des albernen Studenten überdrüssig, rief eine ihrer Mädchen, die gar anmutig und schön war, und trug ihr auf, zu gelegener Zeit mit Filenio zu sprechen und ihm die Liebe anzuvertrauen, die ihre Herrin für ihn fühle, und wenn es ihm recht sei, wolle sie eine Nacht in ihrem Hause mit ihm zubringen. Als das Filenio hörte, ward er froh und sprach zu dem Mädchen: »Geh, eile nach Haus, empfiehl mich deiner gnädigen Frau und sage ihr von mir, sie solle mich heute abend erwarten, da ihr Mann nicht zu Hause übernachtet!« Inzwischen ließ Emerentiana viele Bündel scharfer Dornen zusammenlesen und legte sie unter die Bettstelle, worin sie des Nachts schlief, und erwartete so die Ankunft ihres Liebhabers. Als die Nacht herankam, griff Filenio nach seinem Degen und schlich sich ganz allein zu dem Hause seiner Feindin, wo ihm beim ersten Zeichen geöffnet wurde. Nachdem sie sich eine Weile mit Gespräch unterhalten und festlich miteinander zu Nacht gespeist hatten, gingen sie zusammen in die Kammer, um sich schlafen zu legen. Aber kaum hatte sich Filenio entkleidet, um zu Bette zu gehen, so kam Messer Lamberto, ihr Gemahl, daher. Als die Frau dies hörte, stellte sie sich sehr erschrocken, und in der Angst, wo sie ihren Liebhaber verbergen sollte, befahl sie ihm, sich unter das Bett zu verkriechen. Als Filenio die Gefahr sah, worin er und die Frau schwebte, lief er nackt und in bloßem Hemde unter die Bettstelle und zerkratzte sich so entsetzlich, daß an seinem ganzen Leibe von Kopf bis zu den Füßen keine Stelle war, die nicht Blut geschwitzt hätte. Und je mehr er sich in der Dunkelheit der Dornen erwehren wollte, desto ärger zerstachelte er sich, und doch durfte er nicht schreien, damit nicht Messer Lamberto ihn höre und umbringe. Ich überlasse es euch, den Zustand euch vorzustellen, in dem der Unglückliche die Nacht verbrachte, der, wie er keinen Laut hervorbringen durfte, auch fast keinen Schmerz mehr empfand.
Als der Morgen kam und der Ehemann das Haus verließ, kleidete sich der arme Student, so gut er konnte, wieder an und begab sich blutrünstig nach Hause zurück, wo er noch lange Todesangst zu leiden hatte. Doch unter der Pflege eines sorgsamen Arztes erholte er sich bald und ward wieder so gesund wie vorher. Auch währte es nicht lange, so verfiel er von neuem auf seine verliebten Neigungen und fuhr fort, jenen beiden andern, Panthemia und Sinforosia, den Hof zu machen, so lange, bis er eines Abends Gelegenheit fand, Panthemia zu sprechen, der er seinen langen Kummer und stete Schmerzen klagte, und die er bat, doch Mitleid mit ihm zu haben. Die schlaue Panthemia stellte sich, als bedauere sie ihn, entschuldigte sich, daß sie keine Gelegenheit wisse, ihn zufriedenzustellen; zuletzt aber, wie von seinen süßen Bitten und heißen Seufzern besiegt, ließ sie ihn ins Haus.
Schon war er entkleidet, um mit ihr zu Bette zu gehen, als ihm Panthemia befahl, in
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