Italienische Novellen, Band 2
Gevatter Manusso da drüben, der wird es Euch schon zu Gefallen tun.«
»Du hast recht«, sagte Dimitrio.
Man ließ Manusso rufen; er kam und führte den Auftrag aus.
So kamen denn Polissenas Brüder zu Dimitrio, und sie speisten heiter zusammen. Als die Tafel aufgehoben war, sagte Dimitrio: »Liebe Schwäger, ich habe euch noch nie das Haus gezeigt und die Kleider, die ich eurer Schwester Polissena, meiner Frau, machen ließ; darum seid so gut und seht, wie gut sie es bei mir hat! Steh auf, Polissena! Zeigen wir deinen Brüdern ein wenig das Haus!«
Sie standen auf; Dimitrio zeigte ihnen die vollen Vorratskammern mit Holz, Getreide, Öl, Spezereien, dann volle Fässer mit Malvasier, griechischen und andern köstlichen und ausgezeichneten Weinen. Darauf sagte er zu der Frau: »Zeige ihnen deinen Anhänger und die dicken weißen Perlen! Nimm aus diesem Kästchen die Smaragde, die Diamanten, die Rubine und andere Juwelen! Was dünkt euch nun, ihr Schwäger ? Hat es eure Schwester nicht gut?«
Alle antworteten: »Das wußten wir wohl, und hätten wir nicht Euern Wohlstand und Eure Gesinnung gekannt, so hätten wir Euch unsere Schwester nicht zur Frau gegeben.« Damit nicht zufrieden, befahl er ihr, die Kisten aufzumachen und ihnen ihre mannigfaltigen schönen Kleider zu zeigen. Aber Polissena zitterte am ganzen Leibe und sagte: »Was brauche ich die Kisten aufzumachen und ihnen meine Kleider zu zeigen? Wissen sie denn nicht, daß Ihr mich ganz anständig gekleidet habt, ja weit über unseren Stand?«
Aber Dimitrio sprach fast zornig: »Mache diese Kiste auf! Mache die andere auf!« Und er zeigte ihnen die Kleider.
Nun war nur noch eine einzige Kiste zu öffnen übrig; dazu wollte sich aber der Schlüssel nicht finden, denn darin steckte der Priester verborgen. Als nun Dimitrio sah, daß der Schlüssel nicht zu bekommen war, nahm er einen Hammer und klopfte damit so lange, bis das Schloß zerbrach und die Kiste aufging. Der Pfaffe zitterte am ganzen Leibe vor Furcht, wußte sich aber nicht so zu verstecken, daß ihn nicht alle erkannten. Als Polissenas Brüder dies sahen, erschraken sie sehr und entbrannten so von Zorn und Wut, daß wenig fehlte, so hätten sie beide mit den Dolchen, die sie an der Seite trugen, ihn erstochen. Dimitrio litt es aber nicht, daß sie ihn umbrachten; denn er hielt es für niederträchtig, einen Mann im Hemde zu töten, wenn er auch noch so stark sei. Aber er wandte sich zu den Schwägern und sagte: »Was dünkt euch von diesem gottlosen Weibe, auf das ich einst alle meine Hoffnung gesetzt habe? Verdiene ich von ihr solche Ehre? Du unseliges, gottverlassenes Weib, was hält mich ab, dir die Adern zu durchschneiden?«
Die Schändliche konnte sich nicht weiter entschuldigen und schwieg, als ihr Mann ihr ins Gesicht sagte, was er in der vorigen Nacht getan und gesehen hatte: da konnte sie nicht mehr leugnen. Dann wandte er sich an den Pfaffen, der mit gesenktem Haupte dastand, und sagte: »Nimm deine Kleider und hebe dich alsbald von hinnen! Geh zum Henker und laß dich nicht wieder bei mir blicken! Ich gedenke nicht wegen eines verbrecherischen Weibes meine Hände mit geweihtem Blute zu besudeln. Mache dich schnell auf! Was zögerst du?« Ohne den Mund zu öffnen, ging der Pfaffe hinweg; es war ihm, als spüre er Dimitrio und die Schwäger mit ihren Dolchen hinter sich.
Dann wandte sich Dimitrio zu den Schwägern und sagte: »Führt eure Schwester hinweg, wohin es euch beliebt! Sie soll mir nicht mehr unter die Augen kommen.«
Die Brüder waren kaum mit ihr nach Hause gekommen, so brachten sie sie ums Leben. Als Dimitrio dies hörte, bedachte er, wie schön seine Magd sei, und erinnerte sich, wie mitleidig sie sich gegen ihn erwiesen; daher nahm er sie zu seinem lieben Weibe. Er schenkte ihr alle Kleider und Juwelen seiner ersten Frau und lebte mit ihr lange glücklich und in Frieden.
Die Rache
In Bologna, der edeln Stadt in der Lombardei, der Mutter der Gelehrsamkeit, die alles im Überfluß besitzt, was ihre Pflege begünstigt, lebte ein adliger Student aus Kreta mit Namen Filenio Sisterna, ein aufgeweckter, liebenswürdiger Jüngling. Eines Tages beging man in Bologna ein schönes, glänzendes Fest, zu dem viele der schönsten Frauen der Stadt geladen waren und woran unter vielen bolognesischen Edelleuten und Studierenden auch Filenio teilnahm. Nach der Sitte junger Leute warf er seine Blicke bald auf diese, bald auf jene Schöne, und da sie ihm sämtlich wohlgefielen, wollte er
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