Italienische Novellen, Band 2
Magd, die in das Geheimnis eingeweiht war, worauf beide den Studenten bei Händen und Füßen ergriffen, gemach die Tür öffneten und ihn auf die Straße trugen, wo sie ihn etwa einen Steinwurf weit von dem Hause liegen ließen.
Etwa eine Stunde vor dem Anbruch der Morgenröte, als der Trank seine Kraft verloren hatte, erwachte der Arme und meinte an Sinforosias Seite zu liegen, fand sich aber statt dessen barfuß und im Hemd halbtot vor Kälte auf der bloßen Erde liegen. Kaum konnte sich der Bedauernswürdige, an Armen und Beinen Erstarrte wieder auf die Füße heben. Nur mit großer Beschwerde stand er auf, konnte sich aber fast nicht aufrecht halten und schleppte sich dann, so gut er vermochte und ohne von jemand bemerkt zu werden, zu seiner Herberge zurück und sorgte nun für seine Gesundheit. Und wäre nicht die Kraft der Jugend ihm zu Hilfe gekommen, so wäre er gewiß nervenlahm geworden.
Als er aber seine frühere Gesundheit wiedererlangt hatte, verschloß er die erlittenen Beleidigungen in der Tiefe seines Herzens, und ohne sich irgend gekränkt oder erbittert zu zeigen, stellte er sich vielmehr in alle drei noch weit verliebter als zuvor, indem er bald nach der einen, bald nach der andern liebäugelte. Jene versahen sich seiner Arglist nicht, sondern hatten ihre Freude an seinem Betragen und zeigten ihm die freundliche, wohlwollende und heitere Miene, die man wahrhaft Liebenden nicht versagt. Manchmal war der gereizte Jüngling nahe daran, seine Hand zu gebrauchen und ihnen das Angesicht zu zeichnen; aber er bedachte klüglich den hohen Stand der Frauen und wie schimpflich es für ihn wäre, drei schwache Weiber zu schlagen, und er bezwang seinen Ingrimm. Lange sann er hin und her, auf was Art er sich rächen könne, und da er es durchaus nicht anzustellen wußte, geriet er außer sich vor Betrübnis. Nach geraumer Zeit fiel es ihm ein, was er tun müsse, um seinen Wunsch leicht zu befriedigen, und das Glück begünstigte ihn, den entworfenen Plan ins Werk zu rufen. Filenio hatte in Bologna einen sehr schönen Palast zur Miete, worin sich ein geräumiger Saal und geschmackvolle Zimmer befanden. Hier beschloß er ein prächtiges und glänzendes Fest zu geben und viele Frauen einzuladen, worunter auch Emerentiana, Panthemia und Sinforosia.
Die Einladung wurde bestellt und angenommen, und als der Tag des glänzenden Festes erschien, begaben sich die Frauen, die in ihrem Leichtsinn nichts ahnten, alle drei dahin.
Als es Zeit war, die Frauen mit kühlen Weinen und köstlichem Zuckerwerk zu erquicken, ergriff der verschlagene Jüngling seine drei Liebsten bei der Hand und führte sie mit vielem Anstand in ein Nebengemach mit der Bitte, sich ein wenig zu erfrischen. Kaum aber waren die törichten, unvorsichtigen Frauen in der Kammer angelangt, so verschloß der Jüngling die Tür derselben, wandte sich dann zu ihnen und sprach: »Jetzt, ihr boshaften Weiber, ist die Stunde gekommen, mich zu rächen und euch für die Beleidigungen zu strafen, wodurch ihr meine heiße Liebe vergaltet.«
Als die Frauen diese Worte hörten, waren sie mehr tot als lebendig, bereuten es im stillen ernstlich, ihn beleidigt zu haben, und machten sich darauf die größten Vorwürfe, daß sie dem getraut hatten, den sie hätten hassen sollen. Mit drohender, zornglühender Miene befahl ihnen der Jüngling, wofern ihnen ihr Leben lieb sei, sich alle drei nackt auszuziehen. Als die Schelminnen dies vernahmen, sahen sie einander an und begannen heftig zu weinen, baten ihn auch, wenn nicht um ihrer Liebe, so doch um seiner Ritterlichkeit und angebornen Menschlichkeit willen, mindestens ihre Ehre zu schonen. In der Freude seines Herzens gewährte ihnen der Jüngling dies, bestand aber darauf, daß sie sich in seinem Beisein entkleiden müßten. Die Frauen warfen sich dem Studenten zu Füßen und flehten ihn unter kläglichen Tränen demütig an, ihnen dies zu erlassen und ihnen so unendliche Schmach nicht zuzufügen. Aber er hatte sein Herz schon zum Diamant verhärtet und sagte, es sei dies nichts Tadelnswertes, sondern gerechte Rache. So mußten sich denn die Frauen ausziehen, daß sie dastanden, wie sie aus Mutterleib gekommen waren, und doch waren sie nackt nicht minder schön als bekleidet. Der junge Student betrachtete sie von Kopf bis zu Fuß, und als er sie so schön und zart erblickte, daß die Weiße ihrer Haut den Schnee übertraf, begann sich doch einiges Mitleid mit ihnen zu regen; aber die Erinnerung an die erlittene
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