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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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denke, und vorsichtig, so werdet Ihr die Wut zügeln, die niemand die Wahrheit erkennen läßt.«
    Dimitrio sagte: »Wißt Ihr nicht, daß Ihr mir alles mitteilen könnt? Habt Ihr vielleicht einen umgebracht? Sagt es nur ohne Furcht!«
    »Ich«, antwortete Manusso, »habe niemand umgebracht, wohl aber habe ich jemand Eure Ehre und Euern guten Namen umbringen sehen.«
    »Redet deutlich«, versetzte Dimitrio, »und foltert mich nicht so lange mit Euern rätselhaften Worten!«
    »Wollt Ihr, daß ich offen mit Euch rede«, sagte Manusso, »so hört zu und nehmt ruhig auf, was ich Euch zu sagen habe: Polissena, die Ihr so sehr lieb und wert haltet, schläft, solange Ihr fort seid, jede Nacht mit einem Geistlichen und lebt froh und guter Dinge.«
    »Wie ist das möglich«, rief Dimitrio; »da sie mich zärtlich liebt und ich nie von hier abreise, ohne daß sie den Schoß mit Tränen und die Luft mit Seufzern füllt? Und wenn ich es mit Augen sähe, würde ich es kaum glauben.«
    »Wenn Ihr«, antwortete Manusso, »wie ich glaube, ein Mann von Verstand seid und nicht die Augen schließt, wie viele Toren zu tun pflegen, so will ich Euch mit eigenen Augen alles sehen und mit Händen tasten lassen.«
    »Ich bin bereit«, sagte Dimitrio, »alles zu tun, was Ihr mir befehlt, wenn Ihr mich sehen laßt, was Ihr mir versprochen habt.«
    Da sagte Manusso: »Wenn Ihr tut, was ich Euch sage, so könnt Ihr Euch der Sache ganz versichern. Aber bewahrt das Geheimnis, zeigt Euch heiter und unbefangen: sonst verderbt Ihr, wie man im Sprichwort sagt, dem Fasan seinen Schwanz. Dann an dem Tage, wo Ihr abreisen wollt, stellt Euch, als steigt Ihr zu Schiffe, und kommt dann so heimlich, als Ihr könnt, in mein Haus! Ich versichere Euch, ich will Euch alles mit Augen sehen lassen.«
    Als nun der Tag kam, da Dimitrio abreisen sollte, war er sehr zärtlich mit seiner Frau, empfahl ihr das Haus, verabschiedete sich und tat, als ginge er zu Schiffe, schlich aber heimlich in Manussos Haus. Das Schicksal wollte, daß nicht zwei Stunden vorübergingen, als sich ein Sturm mit solchem Regen erhob, daß man meinte, der Himmel wolle herunterfallen, und es hörte die ganze Nacht nicht auf zu regnen. Der Geistliche, der bereits Dimitrios Abreise vernommen hatte, fürchtete weder Regen noch Wind, sondern erwartete nur die gewohnte Stunde, um zu seinem teuern Schatz zu kommen, gab also das Zeichen: plötzlich ward die Tür aufgetan, er trat hinein und gab ihr einen süßen, würzigen Kuß. Das sah Dimitrio, der an einer verborgenen Öffnung stand, und konnte nun dem nicht mehr widersprechen, was der Gevatter ihm gesagt hatte, stand also ganz erstaunt da, und dann traten ihm vor gerechtem Schmerze die Tränen in die Augen.
    »Was dünkt Euch nun?« sagte sodann der Gevatter zu Dimitrio; »habt Ihr nun mit Augen gesehen, was Ihr Euch nie eingebildet hättet? Aber seid still und entsetzt Euch nicht! Wenn ihr auf mich hört und tut, was ich Euch sage, so werdet Ihr's noch besser sehen. Geht, zieht diese Kleider aus, nehmt die Lumpen eines Bettlers, legt sie an, überzieht Euch Hände und Gesicht mit Schmutz, verändert Eure Stimme, geht nach Hause und stellt Euch an als armer Mann, der eine Nachtherberge begehrt! Die Magd wird vielleicht, wenn sie das rauhe Wetter sieht, sich zum Mitleid rühren lassen und Euch aufnehmen; dann könnt Ihr leicht mit ansehen, was Ihr nicht gerne sehen mögt.«
    Als Dimitrio dies hörte, zog er sich aus und legte die Lumpen eines Bettlers an, der eben in das Haus trat, um ein Unterkommen zu suchen. Während es immer heftig regnete, ging er dann an die Tür seines Hauses, pochte dreimal an, jammerte und seufzte heftig. Die Magd kam ans Fenster und sprach: »Wer pocht da unten?«
    Mit zitternder Stimme antwortete er: »Ich bin ein armer alter Mann, ich triefe ganz von Regen und bitte um Herberge für diese Nacht.«
    Die Magd, die nicht minder erbarmungsvoll gegen die Armen war als ihre Herrin gegen den Priester, lief zu der Frau und bat sie dringend, zu erlauben, daß ein armer Bettler, der ganz durchnäßt und gebadet vom Regen sei, sich im Hause aufhalten dürfe, bis er gewärmt und getrocknet sei. »Er kann Wasser tragen, den Spieß drehen und das Feuer schüren, daß die Hähne um so schneller gebraten werden. Unterdessen kann ich die Pfanne überhängen, die Schüsseln rüsten und anderes in der Küche besorgen.«
    Die Frau war einverstanden, und die Magd öffnete die Tür. Sie rief ihn herein, ließ ihn sich ans Feuer setzen, und

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