Italienische Novellen, Band 2
du uns aber diese Gnade nicht erzeigen, so laß uns wenigstens unerkannt nach Hause gelangen, damit unsere Ehre unbescholten bleibe!«
Filenio glaubte nun genug getan zu haben, holte ihre Kleider, gab sie ihnen zurück und befahl ihnen, sich eiligst anzuziehen. Als dies geschehen war, ließ er sie durch ein geheimes Hinterpförtchen hinaus, und so kamen sie beschämt, ohne von jemand erkannt zu werden, nach Haus. Sogleich zogen sie ihre Kleider wieder aus, die sie getragen hatten, und verschlossen sie in ihre Schränke, begaben sich aber klüglich noch nicht zu Bett, sondern setzten sich an die Arbeit.
Nach der Mahlzeit dankten ihre Männer dem Studenten für die gute Aufnahme, die sie bei ihm gefunden, noch mehr aber für das Vergnügen, das er ihnen gewährt, indem er sie die köstlichen Glieder habe sehen lassen, deren Schönheit die Sonne überstrahlt habe, nahmen Abschied von ihm und kehrten zurück in ihre Wohnungen. Zu Hause fanden sie ihre Frauen in ihrem Kämmerlein neben dem Feuer sitzend und nähend. Weil ihnen aber die Kleider, Ringe und andere Kostbarkeiten, die sie in Filenios Kammer gesehen hatten, noch einigen Verdacht erregten, fragten sie, um auch diesen zu beseitigen, jeder die seinige, wo sie den Abend zugebracht habe und wo ihre Kleider seien. Ganz unbefangen antworteten ihnen die Frauen, sie hätten diesen Abend das Haus nicht verlassen, nahmen die Schlüssel zu den Schreinen, wo der Anzug verwahrt wurde, und zeigten ihnen Kleider, Ringe und alles, was ihnen ihre Männer hatten machen lassen. Als die Männer dies sahen, wußten sie nicht, was sie sagen sollten, und verhielten sich ruhig, erzählten aber doch ihren Frauen alles haarklein, was ihnen jenen Abend begegnet sei. Als dies die Frauen hörten, stellten sie sich, als wüßten sie von nichts, und nachdem sie das Abenteuer eine Weile belacht hatten, entkleideten sie sich und begaben sich zu Bette.
Wenige Tage vergingen, so begegnete Filenio seinen holden Damen mehrmals auf der Straße und sagte zu ihnen: »Wer von uns hat mehr Angst ausgestanden? Wer von uns ward übler behandelt?«
Sie aber schlugen die Augen nieder und antworteten nichts. Und so rächte sich der Student so gut, als er wußte und konnte, ohne alle Gewalttätigkeit, wie es einem Manne geziemt, für die erlittenen Beleidigungen.
Simplicio di Rossi
In dem Flecken Santa Eufemia unter Campo Sanpietro auf dem Gebiet der berühmten und weitbekannten Stadt Padua wohnte schon vor langer Zeit Ghirotto Scanferla, ein für einen Landmann sehr reicher und mächtiger, aber aufrührerischer Mann und ein unruhiger Kopf. Dieser hatte eine junge Frau namens Giliola, die für eine Dörferin bei allen Leuten für sehr schön galt. In diese verliebte sich heftig ein gewisser Simplicio di Rossi, ein Bürger von Padua, und weil sein Haus nicht weit von dem Hause Ghirottos entfernt stand, ging er mit seiner Gattin, welche liebenswürdig, gesittet und schön war, oft in die Gegend spazieren. Und so viele Eigenschaften die Gattin auch besaß, die sie schätzenswürdig machten, so kümmerte er sich dennoch nicht viel um sie und war so sehr von Liebe zu Giliola entzündet, daß er Tag und Nacht nicht mehr zur Ruhe zu gelangen wußte. Er hielt seine Liebe in seinem Herzen verborgen und wagte sie auf keine Weise zu entdecken, teils aus Furcht vor ihrem Mann, teils wegen des rechtschaffenen Wandels der Giliola, teils auch um der klugen Gattin kein Ärgernis zu geben.
Herr Simplicio hatte am Hause einen Brunnen, aus dem so klares, wohlschmeckendes Wasser hervorsprudelte, daß nicht nur Lebende, sondern auch Tote hätten davon trinken dürfen. Daher kam Giliola morgens und abends und sooft es nötig war, zu der klaren Quelle, schöpfte Wasser mit einem aus Zweigen geflochtenen Eimer und trug es nach Hause. Die Liebe, die in der Tat niemand frei ausgehen läßt, spornte Herrn Simplicio unaufhörlich. Da er jedoch das Leben kannte, das sie führte, und den guten Ruf, der dafür bürgte, wagte er nicht, sich irgend gegen sie zu äußern, sondern weidete sich nur zuweilen an ihrem Anblick und tröstete damit sein Herz. Sie selbst wußte nichts davon und hatte es nie bemerkt; denn als eine rechtschaffene, in gutem Rufe stehende Frau hatte sie nur acht auf ihren Mann und ihr Haus und auf sonst nichts. Als nun eines Tages Giliola an den Brunnen ging, wie sie es im Gebrauch hatte, um Wasser zu schöpfen, traf sie zufällig auf Herrn Simplicio und sagte in aller Einfalt, wie jede andere Frau auch getan
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