Italienische Novellen, Band 2
geistliche Tröstung zu geben. Sie dankte ihm sehr dafür und ging fort, als sie die Absolution erhalten hatte.
Nachdem Savia weggegangen war, begann Magister Tiberio bei sich die Schönheit der Frau und ihre Art sich zu geben genau zu betrachten und entbrannte noch heftiger für sie. Er faßte bei sich den Beschluß, ihre Liebe zu erlangen; aber er kam nicht damit vorwärts, denn er vermochte nicht so gut auszuführen wie zu planen. Als das Auferstehungsfest vorüber war, begann Magister Tiberio vor dem Haus der Savia zu promenieren, und wenn er sie sah, machte er ihr ein Zeichen und grüßte sie in bescheidener Weise. Aber sie, die klug war, hielt die Augen niedergeschlagen und tat so, als sähe sie ihn nicht. Als Magister Tiberio fortfuhr, sie nach seiner Art zu grüßen, kam es der Frau in den Sinn, sich nicht mehr sehen zu lassen, damit nicht irgendein finsterer Verdacht aufkäme, in den sie geraten könne. Das mißfiel ihm nicht wenig. Aber da ihn die Liebe so heftig gebunden hatte, daß er sich selbst nicht mehr leicht losmachen konnte, beschloß er, einen kleinen Kleriker zu ihr zu senden, um mit ihr zu sprechen und sie zu bitten, sie möge freundlichst zustimmen, daß er ins Haus komme, um sie als Beichtvater zu besuchen.
Die Frau sah den Kleinen und vernahm den Vorschlag, erwiderte aber als kluge und weise Frau nichts. Als Magister Tiberio, schlau wie er war, hörte, die Frau habe nichts geantwortet, da dachte er bei sich selbst, sie müsse sehr klug sein und man müsse mehrmals an das Tor klopfen, denn ein wohlfundierter Turm, der nicht oft berannt wird, hält sich aufrecht. Er beschloß darum die Unternehmung nicht aufzugeben, sandte ihr ständig Botschaften und folgte ihr, wohin auch immer sie ging.
Savia sah Magister Tiberios Ausdauer, entrüstete sich sehr, weil sie für ihre Ehre fürchtete, und sagte eines Tages zu ihrem Gatten: »Chechino, es sind nun viele Tage, daß Magister Tiberio, mein Beichtvater, verschiedene Boten gesandt hat, um mich zu sprechen, und wo er mich sieht, grüßt er mich nicht nur, sondern verfolgt mich auch, indem er von hinten auf mich einredet. Um diese Belästigungen loszuwerden, lasse ich mich nirgends mehr sehen, noch kann ich irgendwo den Blick erheben, noch irgendwo mich zeigen.«
»Und du«, sagte Meister Chechino, »was antwortest du ihm?«
»Nichts«, antwortete seine Frau.
»Klug, wie du bist, hast du dich benommen; aber mache es nun so: wenn er dich wieder grüßt und dir irgendetwas sagt, so antworte ihm klug auf eine ehrbare Weise, wie es dir am angemessensten erscheint, und später wirst du mir erzählen, was dann geschieht.«
Als Savia eines Tages nach dem Essen in der Werkstatt war (denn Meister Chechino war in Geschäften weggegangen), da erschien Magister Tiberio und sagte, als er sie allein in der Werkstatt sah: »Guten Tag, meine liebe Frau!« – und sie antwortete ihm freundlich: »Guten Tag und ein gutes Jahr, mein Vater!« – Als Magister Tiberio hörte, daß sie ihm den Gruß erwiderte, was sie bisher noch nie getan hatte, glaubte er ihre große Härte gemildert zu haben und entbrannte noch glühender für sie. Er trat in die Werkstatt und begann liebevoll mit ihr zu plaudern und blieb länger als eine Stunde. Aber da er fürchtete, Meister Chechino kehre nach Hause zurück und fände sie mit ihm plaudern, nahm er Abschied und bat sie, ihm ihre Huld zu bewahren, und erbot sich, ihr in jeder Hinsicht dienstbar zu sein. Dafür dankte sie ihm vielmals und bot ihm ihre Dienste an.
Als Magister Tiberio gegangen war, erschien Meister Chechino, dem sie genauestens erzählte, was vorgefallen war. Meister Chechino sagte: »Du hast dich gut betragen und klug geantwortet; wenn er aber noch einmal zu dir kommt, mache ihm eine freundliche Miene und bereite ihm die Aufnahme, die dir ehrbar erscheint!«
Die Frau sagte, sie werde so tun.
Magister Tiberio, den schon die süßen Reden der geliebten Frau entzückt hatten, begann ihr einige schätzbare Geschenke zu senden, die von Savia angenommen wurden. Und dann erbat er mit sehr menschlichen und wohlbegründeten Worten ihre Liebe und flehte, sie möge sie ihm nicht versagen, denn das würde unfehlbar die Ursache seines Todes sein. Die Frau antwortete: »Mein Vater, ich würde Euren Willen erfüllen und den meinen; aber ich fürchte von meinem Gatten entdeckt zu werden und Leben und Ehre zusammen zu verlieren.«
Diese Worte mißfielen dem Magister Tiberio sehr und bewirkten, daß er in Gegenwart der Frau
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