Italienische Novellen, Band 2
verzeihen!) muß es der Mann machen, wenn er eine Frau nimmt, das heißt er darf sie keine Herrschaft über ihn ergreifen lassen, so daß er nachher, wenn er vorsichtig wird, nichts mehr tun kann und sie begleiten muß bis zum Tod, wie das einem Soldaten begegnete, der sein Weib züchtigen wollte: aber weil er zu lange gewartet hatte, mußte er geduldig bis zum Tod alle ihre Fehler ertragen.
Es lebten vor nicht langer Zeit in Corneto, einem römischen Kastell im Erbgut des heiligen Peter, zwei geschworene Brüder, die sich mit nicht geringerer Liebe zugetan waren, als hätte sie dieselbe Mutter geboren. Der eine von ihnen hieß Pisardo, der andere Silverio; beide hatten das Kriegshandwerk ergriffen und standen im Solde des Papstes. So groß indessen ihre Liebe zueinander war, so wohnten sie doch nicht beisammen. Der jüngere, Silverio, dem es an Wartung fehlte, heiratete die Tochter eines Schneiders, mit Namen Spinella, ein schönes, reizendes Mädchen, doch von sehr hitzigem Geblüt.
Als die Hochzeit gefeiert und die Frau ihm ins Haus geführt wurde, nahm ihn ihre Schönheit, die ihm über allen Vergleich erhaben schien, so sehr ein, daß er sich ihr in allem, was sie von ihm verlangte, gefällig erwies. Dadurch wurde Spinella so übermütig und herrschsüchtig, daß sie ihres Gatten wenig oder gar nicht achtete. Schon hatte er es durch seine Schwäche dahin gebracht, daß, wenn er ihr befahl, dies zu tun, sie jenes tat, und wenn er sagte: »Komm daher!«, so ging sie dorthin und lachte ihn aus. Und weil der Laffe nicht durch fremde, sondern durch seine eigenen Augen sah, wagte er es nicht, sie zurechtzuweisen noch auf Heilung des Übels zu denken, sondern ließ sie tun, was ihr einfiel und beliebte.
Ehe das Jahr um war, nahm Pisardo die zweite Tochter des Schneiders, mit Namen Fiorella, die nicht minder schön von Angesicht und auch nicht minder hitzköpfig war als ihre Schwester Spinella. Nach der Hochzeit, als die Frau ihm ins Haus geführt wurde, ergriff Pisardo ein Paar Männerhosen und zwei Prügel und sprach: »Fiorella, das sind Mannshosen; fasse du dieses Ende, ich will das andere fassen. Wir wollen um die Hosen ringen, wer von uns sie tragen soll, und wer Sieger bleibt, der soll sie anziehen; wer aber verliert, der muß dem andern gehorchen.«
Fiorella hatte kaum die Worte ihres Mannes gehört, so antwortete sie mit vieler Mäßigung: »Ach, mein Gemahl, was sind das für Reden, die Ihr führt? Seid nicht Ihr der Mann, und ich bin die Frau? Muß die Frau nicht dem Manne gehorchen? Wie sollte ich denn solche Torheit beginnen? Tragt Ihr also nur die Hosen: sie schicken sich besser für Euch als für mich.«
»Gut«, sprach Pisardo, »ich werde also die Hosen tragen und der Herr im Hause sein, und du wirst als mein liebes Weib mir Gehorsam leisten. Aber hüte dich, nicht anderen Sinnes zu werden, daß du der Mann sein willst und ich die Frau werden soll, damit du dich nicht hernach über mich zu beklagen hast!«
Fiorella war klug, bestätigte nochmals, was sie gesagt hatte, und der Mann übergab ihr unter diesem Vorbehalt das Regiment des ganzen Hauses, überwies ihr die fahrende Habe und belehrte sie über die Art und Weise, wie er zu leben gewohnt sei. Darauf sprach er: »Komm mit mir, Fiorella, ich will dir meine Pferde zeigen und dich lehren, wie du sie behandeln mußt, wenn es nottut.«
Als sie in den Stall kamen, sprach er: »Was meinst du zu diesen meinen Pferden, Fiorella? Sind sie nicht schön? Werden sie nicht gut gehalten?«
»Gewiß, Herr«, antwortete Fiorella.
»Aber gib acht«, sprach Pisardo, »wie lenksam und geschmeidig sie sind!«
Dann nahm er eine Peitsche zur Hand und schlug erst dieses, dann jenes und rief abwechselnd: »Rechts! Links!« Die Pferde nahmen den Schwanz zwischen die Beine, stellten sich alle in eine Reihe und gehorchten ihrem Herrn. Pisardo hatte unter andern ein Pferd, das zwar von ziemlich gutem Aussehen, aber träge und widerspenstig war, und worauf er deshalb wenig hielt. Zu diesem ging er mit der Peitsche, ließ es sich rechts und links wenden und züchtigte es. Aber das von Natur störrische Pferd ließ sich schlagen und tat nichts von alledem, was sein Herr verlangte, sondern schlug bald mit dem einen Fuß, bald mit dem andern, bald mit beiden aus. Wie nun Pisardo sah, daß das Pferd so ungebärdig sei, nahm er einen derben Knittel und gerbte ihm das Fell dermaßen durch, daß er selbst davon ermüdete. Aber das Pferd ward nur eigensinniger als bisher,
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