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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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empfand, alles aufzubieten, um ihre Gunst und Liebe zu erlangen. Also wurde denn seine bisherige Liebe zu jener anderen Jungfrau von dieser neuen Flamme überwunden, die nicht eher als mit seinem Tode erlosch. In dieses schöne Labyrinth eingegangen, wagte Romeo nicht, den Namen seiner süßen Augenweide zu erfragen, sondern sog aus ihr das Gift der Liebe mit jeder Gebärde und von jedem Reize des schönen Mädchens ein, das er in seinem Winkel immerdar an sich vorübertanzen sah. Julia – denn so lautete ihr Name, die die Tochter des Hauses war – kannte zwar auch ihrerseits Romeo nicht; aber er erschien ihr als der ausgezeichnetste und schönste Jüngling der festlichen Versammlung, und sie fand eine so wundersame Befriedigung darin, ihn zuweilen mit einem verstohlenen süßen Blicke anzusehen, daß ihr Herz ihr von unbeschreiblichem Entzücken anschwoll. Die Jungfrau wünschte sehnlich, daß Romeo zum Tanze antreten möchte, damit sie ihn besser sähe und sprechen hörte; denn es wollte ihr bedünken, daß seine Rede ebenso viele Süßigkeit aushauchen müßte, als ihre durstigen Blicke aus seinem Anschauen sogen; nur blieb er allein unbeweglich sitzen und schien keine Lust zu bezeigen, zu tanzen, weil sein ganzer Sinn sich auf die Erscheinung des schönen Mädchens richtete. So verloren sich beide in ihren gegenseitigen Anblick, und wenn sich dabei zuweilen ihre Augen begegneten und deren feurige Strahlen ineinanderflossen, so versah sich ein jedes von ihnen der Verliebtheit des anderen leicht: denn sie erfüllten dann die Luft mit schweren Seufzern und gaben durch sie zu verstehen, daß sie damit nichts Ferneres ersehnten, als ihre heißen Liebesflammen einander zu offenbaren.
    Mittlerweile kam die Mitternacht und das Ende des Balles heran, und man bereitete sich, ihn mit dem Fackeltanze, den andere den Tanz mit dem Hute nennen, zu beschließen. Romeo wurde zu dieser Belustigung von einer Dame aufgefordert, trat also mit im Kreise an und gab, nachdem er seine Pflicht getan hatte, die Fackel einer Dame, worauf er, wie es ihm die Regel des Tanzes gestattete, sich neben Julia stellte, die er zu unsäglichem Vergnügen beider bei der Hand faßte. Neben Julia stand auf der anderen Seite einer, namens Marcuccio, der Schielende, der ein großer und allgemein beliebter Hofmann war, weil er immer einen witzigen Einfall oder eine launige Geschichte in Bereitschaft hatte, um die Gesellschaft damit zu unterhalten oder lachen zu machen. Er hatte jederzeit, winters und sommers, so wie das kälteste Alpeneis, kalte Hände, die immer noch frostig blieben, wenn er auch schon die längste Weile am Feuer gesessen und sie gewärmt hatte. Wie nun Julia fühlte, daß er ihre linke Hand ergriff, so wendete sie sich, deren Rechte Marcuccio hielt, wohl begierig, ihn sprechen zu hören, heiteren Angesichtes ein wenig nach ihm hin und sagte mit bebender Stimme: »Gesegnet sei mir Eure Ankunft an meiner Seite!«, indem sie seine Hand liebevoll drückte. Der Jüngling, der aufgeweckten Geistes und nichts weniger als blöde war, erwiderte zärtlich ihren Händedruck und sagte: »Madonna! In welcher Weise wird mir Euer Segen zuteil?«, wobei sein um Erbarmen flehendes Auge an ihrem Munde hing. Süß lächelnd antwortete sie ihm: »Verwundert Euch nicht, junger Herr, daß ich Eure Ankunft neben mir segne: denn Herr Marcuccio hat mich schon seit langer Zeit mit der Eiseskälte seiner Hand erstarrt, und es erwärmt mich nun die Zartheit der Eurigen wieder.«
    Hierauf sprach Romeo sogleich: »Mein Fräulein! Es ist mir unendlich lieb, gleichviel auf welche Art, Euch einen Dienst zu erweisen, und ich versichere Euch, daß ich ganz der Eurige bin. Wofern Euch aber meine Hand erwärmt, wie Ihr mir sagt, so verbrennen mich, das glaubt mir, Eure schönen Augen und werden mich bald ganz und gar zu Asche verwandelt sehen, wenn Ihr mir nicht hilfreich beistehen wollt, diese Flamme auszuhalten.«
    Er hatte diese Worte kaum gesprochen, so war auch der Fackeltanz zu Ende, und die liebeglühende Julia hatte nur noch so viel Zeit, mit einem abermaligen Seufzer und einem Drucke der Hand ihm zu entgegnen: »Ich weiß Euch, meiner Treu, nichts weiter zu sagen, als daß ich Euch mehr als mir selbst zu eigen bin.« So schieden sie voneinander, und es blickte Romeo ihr mit spähendem Auge nach, wo sie hinginge, bis er dann bald erkannte, daß sie die Tochter des Hausherrn sei, und ein wohlwollender Mann, den er nach ihr und anderen Frauen befragte, ihm diese

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