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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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erlangte Kenntnis bestätigte. Er wurde nun zwar darüber auf das übelste gelaunt, indem er einsah, wie gefährlich und schwer es für ihn sein würde, diese Liebe zu einem glücklichen Ausgange zu führen; aber die Wunde war einmal offen, und das verderbliche süße Gift drang in sie hinein. Auf der andern Seite trug Julia sehnliches Verlangen, zu wissen, wer der Jüngling sei, dem sie sich schon so gänzlich hingegeben fühlte, und sie rief ihre alte Amme und fragte sie, mit ihr in ein Zimmer gehend und an ein Fenster tretend, das von den auf der Straße brennenden vielen Fackeln ganz erhellt war, bald, wer der in dem und dem Kleide, bald, wer jener, der den Degen in der Hand trüge, und endlich auch, wer der mit der abgenommenen Maske sei? Die gute Alte, die fast alle Leute kannte, nannte ihr den einen wie den anderen, und also auch Romeo, dessen Namen sie recht wohl wußte.
    Als die Jungfrau den Zunamen Montecchio aussprechen hörte, wurde sie vor Schrecken halb betäubt und verzweifelte, bei der zwischen beiden Familien herrschenden Feindschaft, ihren Romeo jemals zum Gatten zu erhalten; jedoch verriet sie ihr Mißvergnügen darüber durch kein einziges Zeichen. Sie ging zu Bette und konnte freilich in dieser Nacht wenig oder gar nicht schlafen, weil die verschiedenartigsten Gedanken ihr durch den Sinn zogen; aber Romeo zu lieben konnte und wollte sie nicht aufhören, so heftig war sie für ihn und seine Schönheit entbrannt, welche letztere alle Hoffnungslosigkeit ihrer Vernunft überwältigte. Indem sie so ein Spielball der entgegengesetztesten Gedanken und Gefühle war, sprach sie des öfteren zu sich selbst: »Wohin lasse ich mich nur von meinem unablässigen Verlangen irreleiten? Weiß ich Törin denn schon, ob mich Romeo liebt? Vielleicht hat der Verschlagene jene Worte nur gesagt, um mich zu täuschen und mir etwa meine Ehre zu rauben, über deren Verlust er mich dann bei dem wilden Hasse verspotten möchte, der unsere beiderseitigen Verwandten alle Tage mehr zu entzweien scheint? Aber es verträgt sich doch nicht mit der Hoheit seines Gemütes, daß er diejenige hintergehen sollte, die ihn liebt und anbetet. Und wenn das Antlitz der Spiegel der Seele ist, so kann ja seine Schönheit unmöglich ein so hartes, unerbarmendes Herz verkündigen, sondern es steht von einem solchen Jünglinge vielmehr nichts anderes als Liebe und Edelsinn zu erwarten. Nehme ich nun indessen an, wozu ich allerdings berechtigt zu sein glaube, daß er mich wirklich liebt und zu seinem Weibe erkiesen will, – darf ich mir da wohl auch vernünftigerweise einbilden, daß mein Vater jemals in diese Heirat willigen wird? Jedennoch, wer weiß, ob nicht durch ein solches Verwandtschaftsband eine immerwährende Eintracht und ein sicherer Frieden zu vermitteln wäre ? Ich habe mehrmals sagen hören, daß durch Ehebündnisse nicht allein bei Bürgern und Edelleuten Uneinigkeit geschlichtet, sondern auch unter großen Herren und Königen grausame Kriege beendet und starke Freundschaften, zu männiglich Genügen, gestiftet worden sind. Vielleicht bin ich bestimmt, diese beiden Geschlechter auf ähnliche Weise zu beruhigen?«
    Indem sie auf diesem Gedanken beharrte, zeigte sie Romeo jedesmal, wenn er in diese Stadtgegend kam, ein heiteres Angesicht und ermutigte ihn also, der nicht minder wie sie mit sich selbst im Kampfe lag und bald hoffte, bald verzweifelte, allen Gefahren zum Trotz Tag und Nacht vor ihrem Hause zu verweilen oder vorüberzuwandeln und sich an den Äußerungen ihrer Freundlichkeit gegen ihn immer mehr in Liebe zu entzünden.
    Julias Zimmer hatte die Aussicht nach einem sehr schmalen Wege, auf dessen anderer Seite ein Gemäuer lag. Wenn nun Romeo, die Straße vorüberwandelnd, an den Eingang dieses Weges kam, so erblickte er von da gewöhnlich die ihm mehr als wohlwollende Julia an ihrem Fenster. Des Nachts betrat er auch wohl diesen Weg, blieb vor ihrem Fenster stehen, weil die Gegend nicht besucht war, und hatte zuweilen die Freude, seine Geliebte reden zu hören. Da geschah es denn auch einmal, daß Romeo daselbst stand und Julia entweder, weil sie ihn hörte, oder aus einer anderen Ursache das Fenster öffnete. Romeo zog sich in das Gemäuer zurück, konnte dies aber nicht so schnell tun, daß sie ihn nicht bei dem hellen Mondschein erkannt hätte. Sie befand sich allein in ihrem Zimmer und rief ihn, leise zu ihm sagend: »Romeo! Was tut Ihr allein zu dieser Stunde hier? Wenn Ihr betroffen würdet, Unglücklicher! Was

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