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Italienische Novellen, Band 2

Italienische Novellen, Band 2

Titel: Italienische Novellen, Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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den durch die gegenseitigen Feindschaften der beiden Geschlechter so oft gestörten Frieden der Stadt endlich einmal auf die Dauer herzustellen.
    Das Liebespaar wartete nun auf die Gelegenheit zu beichten, um seinen Entschluß auszuführen; es kam die Fastenzeit heran, und Julia hielt es zu desto größerer Sicherheit für geraten, sich ihrer Amme anzuvertrauen, die mit ihr in einem Zimmer schlief. Sie erzählte ihr einmal die ganze Geschichte ihrer Liebe, und wiewohl die alte Frau sie darüber genugsam ausschalt und ihr von ihrem Vorhaben abriet, so blieb dies doch alles erfolglos, und sie verstand sich am Ende sogar auf Julias Bitten dazu, an Romeo einen Brief zu bestellen. Der Liebende wurde der fröhlichste Mann auf Erden, sobald er ihn gelesen hatte: denn Julia schrieb ihm, er möchte in der fünften Stunde der Nacht unter ihr Fenster, gegenüber dem Gemäuer, kommen und eine Strickleiter mitbringen.
    Romeo hatte einen sehr getreuen Diener, den er schon oft in den wichtigsten Dingen in sein Vertrauen gezogen und immer bewährt gefunden hatte. Diesem sagte er jetzt, was er beabsichtigte, und trug ihm die Besorgung einer Strickleiter auf. Pietro befolgte sein Geheiß, und Romeo nahm ihn zu der bestimmten Stunde mit an Ort und Stelle, wo er Julia seiner harrend fand. Sobald Julia ihn erkannt hatte, ließ sie den Bindfaden herunter, den sie in Bereitschaft hielt, und zog daran die Strickleiter empor, welche sie mit Hilfe ihrer Amme an dem Fenstergitter befestigte. Romeo dagegen stieg alsbald zu ihr hinauf und unterredete sich mit ihr durch das Gitter, das so dicht und stark war und kaum eine Hand durchzustecken gestattete.
    Nach den ersten liebreichen Begrüßungen sprach Julia zu ihrem Geliebten: »Mein teurer Freund, der mir lieber als das Licht meiner Augen ist, ich habe dich zu mir beschieden, um dir zu sagen, daß ich mit meiner Mutter übereingekommen bin, des nächsten Freitags zur Stunde der Predigt beichten zu gehen. Benachrichtige davon den Bruder Lorenzo, damit er alles vorbereite!«
    Romeo entgegnete ihr, der Bruder sei schon vorläufig unterrichtet und ihre Wünsche zu erfüllen willig, und hierauf sprachen sie noch eine Weile miteinander, bis es ihnen an der Zeit zu sein schien, sich zu trennen, und Romeo, herabgestiegen, mit dem die Leiter tragenden Pietro wieder von dannen ging, der inzwischen in dem Gemäuer verborgen gewesen war. Julia blieb im Innersten vergnügt zurück und glaubte, daß es eine Ewigkeit währe, bis sie die Gattin ihres Romeo sei, und auch Romeo plauderte auf dem Heimwege heitersten Sinnes mit seinem Vertrauten über sein ihm bevorstehendes Glück.
    Als der Freitag genaht war, ging Frau Giovanna, Julias Mutter, der Abrede gemäß, mit ihrer Tochter und ihren Dienerinnen nach San Francesco, trat in die Kirche ein und fragte nach dem Bruder Lorenzo. Auf alles vorbereitet, hatte der Bruder Romeo bereits in die Zelle seines Beichtstuhles eingeschlossen und kam zu der Dame, die zu ihm sagte: »Mein Vater! Ich bin zur frühen Stunde genaht, zu beichten, und habe Euch meine Julia mitgebracht, da ich weiß, daß Ihr den ganzen Tag über mit Beichten Eurer vielen geistlichen Kinder beschäftigt sein werdet.«
    Der Bruder bewillkommnete sie in Gottes Namen, gab ihnen seinen Segen und ging in das Kloster in seinen Beichtstuhl, wohin ihm Julia zuerst folgte, indem sie die Tür hinter sich abschloß und ihm das Zeichen gab, daß sie da sei. Der Bruder machte das Gitter los und sagte zu Julia: »Meine Tochter, nach dem, was mir Romeo versichert hat, war es ebensowohl dein Wunsch, seine Gattin, als der seinige, dein Gatte zu werden. Bist du gegenwärtig noch ebenso gesinnt?«
    Die Liebenden erwiderten ihm, daß dies ihr höchstes Verlangen sei, und also sprach der fromme Bruder, nachdem er einige Worte über die Heiligkeit der Ehe vorausgeschickt hatte, die in der christlichen Kirche gebräuchliche Trauungsformel, und Romeo steckte seiner geliebten Julia zu ihrer beiderseitigen unsäglichen Freude den Ring an. Romeo traf sodann mit ihr die Verabredung, in der nächstfolgenden Nacht zu ihr zu kommen, küßte sie durch die Öffnung des Fensterchens und verließ heimlich Zelle und Kloster, indem er wieder an seine Geschäfte ging. Der Bruder befestigte das Gitter von neuem solchergestalt an seinem Ort, daß von dessen geschehener Abnahme nichts ersichtlich blieb, und hörte erst die Beichte des zufriedenen Mädchens und darauf die ihrer Mutter und anderer Frauen an.
    Zur anberaumten Stunde der

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