Italienische Novellen, Band 2
sein, und von denen dir denn auch Gegenliebe nicht fehlen wird. Setze endlich diesem Unheil ein Ziel! Denn je länger du zögerst, um so größer wächst es an und könnte sich so festsetzen, daß es schlimmer würde als der Satan. Habe zunächst Gott vor Augen, dann deine Freunde, deine Ehre und dein Leben; in Wahrheit, es ist jetzt hohe Zeit dazu. Weiter wüßte ich dir nichts zu sagen.«
Hier schwieg Pandono, der Antwort des Markgrafen gewärtig, welcher, betroffen von der Wahrheit und Ehrenhaftigkeit der Worte seines Freundes, nach einigem Bedenken tief aufseufzte und also antwortete: »Ich sehe wohl ein, lieber Herr, daß alles wahr ist, was du mir soeben so liebevoll auseinandergesetzt hast, und ich bin dir dafür unendlich verbunden. Freue dich daher, daß du nicht tauben Ohren gepredigt und deine Worte nicht umsonst vergeudet hast! Ich hoffe mit Gottes Hilfe ganz Neapel zu zeigen, welchen Eindruck deine wahren Worte auf mich gemacht haben. Und bei dem Handschlag, den ich dir nunmehr gebe, verpfände ich dir mein treues Ritterwort, daß ich von nun an die verzehrenden glühenden Flammen gänzlich auslöschen will, die bisher wegen der unseligen Schönheit Macedonias mich verzehrt und versengt haben; und so nehme ich ihren Namen und ihr Gedächtnis nun aus meinem Herzen. Sie sollen bei mir keinen Platz mehr finden, und es soll nicht weiter von ihr die Rede sein. Gehen wir! Ich sehe, daß der Herr Herzog bereits auf dem Heimwege begriffen ist.«
Nach diesen Worten standen sie auf, fingen ein anderes Gespräch an und folgten dem Wege des Herzogs. Noch an dem nämlichen Tage nahm Ventimiglia, der es für das beste hielt, sich einige Zeit von Neapel zu entfernen, Gelegenheit, den Herzog um Urlaub zu bitten, um nach seiner Markgrafschaft Cotrone in Kalabrien und von da hinüber nach Sizilien zu gehen. Nachdem er den Urlaub erhalten, ging er nach Neapel, um dem König Alfons seine Aufwartung zu machen, brachte seine Angelegenheiten in Ordnung, ritt nach Kalabrien und hielt sich einige Tage auf; sodann schiffte er nach Sizilien über, wo er seit vielen Jahren nicht gewesen war. Und man glaube nicht, daß er dort müßig ging. Er durchreiste die ganze Insel zu Pferde, sah täglich neue Dinge und suchte durch fortwährende Strapazen die Gelüste zu ertöten, die je zuweilen die Schönheit Macedonias ihm noch erweckte, so daß ihn seine Abreise fast reuen wollte. Und doch, sooft er sich auch versucht fühlte, zurückzukehren und noch eine Weile zuzusehen, ob es ihm nicht durch Beharrlichkeit gelinge, die Hartherzigkeit der grausamen Frau zu brechen, so war doch die Vernunft in ihm so mächtig, daß er das Gedächtnis an sie ganz von sich bannte, und da sich so allmählich die eingewurzelte Leidenschaft verminderte, begann er kaltblütig ihre vielfache Härte und ihr unliebenswürdiges Betragen zu erwägen.
Erst als er sich dann ganz frei fühlte, beschloß er an den Hof zurückzugehen. Nach einer Abwesenheit von etwa sieben Monaten kehrte er nach Neapel zurück; aber er ging nie mehr am Hause jener Frau vorüber, außer etwa zufällig in Gesellschaft von andern, welche diesen Weg einschlugen. Wenn sie aber dann auch am Fenster oder unter der Tür stand, tat er, als ob er sie nicht bemerkte, und war so gleichgültig, als ob er sie niemals gesehen hätte.
So war er seit seiner Rückkehr von Sizilien noch nicht zwei Monate wieder in Neapel, als schon jedermann diese Umwandlung bemerkte, und alles zollte ihm dafür das größte Lob; so sehr war allen das widerspenstige Wesen Macedonias zuwider. Und weil, wie der göttliche Dichter Messer Francesco Petrarca sagt, gegen diese Bosheit Amors kein Mittel vorhanden ist, als sich von dem einen Bande zu lösen und an das andere zu ketten, wie man aus einem Brett einen Nagel mit dem andern heraustreibt, wiewohl er von der Liebe der Frau Lionora frei war, so fühlte er doch noch manchmal ein Fünkchen des alten Feuers unter der Asche glimmen, und das löschte er nicht ganz aus, sondern öffnete vielmehr seine Brust neuer Liebe und begann zu erglühen für eine sehr schöne Jungfrau, die auch, als sie die Liebe des Ritters als aufrichtig erkannte, sich keineswegs spröde zeigte, so daß er ihre und sie seine Gunst erwarb. Von dieser zweiten Liebe fand sich Herr Ventimiglia sehr befriedigt, und da er an der Dame täglich mehr Sitte und Freundlichkeit erkannte, vergaß er seine erste Geliebte gänzlich; ja, er schämte sich vor sich selbst darüber, daß er sie überhaupt je geliebt
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