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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
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beigelegt hatte; dieser Name »der Fortdauernde« sollte dem Kinde und der ganzen Familie eine gute Vorbedeutung werden, daß in ihm dem Hause fortdauernde, unaufhörliche Freude erwachse. Als die Frau mit ihrem Söhnchen ins Zimmer trat, erhob er sich, so gut er konnte, im Bette, nahm die Mutter mit der einen Hand und das Kind mit der andern und sprach zu seiner Gattin: »Placida, ich sehe meine letzte Stunde vor Augen, und es ist klar, daß ich nicht den Fleiß und die Sorgfalt auf die Erziehung und Heranbildung dieses unseres Söhnchens zu einem brauchbaren Manne verwenden kann, wie ich so sehr wünschte, und worauf alle meine Gedanken gerichtet waren. Er hätte das in seinem zarten Alter sehr nötig; aber ich sehe, ich muß ihn schon in seinen ersten Lebensjahren verlassen, und dies würde mir den Tod sehr verbittern, wenn ich nicht wüßte, daß deine Klugheit imstande ist, reichlich zu ergänzen, was der unausweichliche Zwang der Natur mich nicht selbst ausführen läßt. Darum, meine teure Gattin, befehle ich dir dieses Kind, in dem ich selbst gewissermaßen fortzuleben meine, wiewohl die letzte Stunde mir bald die Augen schließen wird, – ich befehle ihn dir, sage ich, ganz in deine Hände und zu deiner Leitung und bitte dich bei dem ganz besonderen guten Vernehmen, das unsere Verbindung bisher fortwährend bezeichnet hat, daß du, während du ihm bis jetzt für und für eine liebevolle Mutter gewesen bist, ihm von nun an Vater und Mutter zugleich sein mögest; und da es Gottes Wille ist, daß ich nicht länger bei dir bleibe, wünsche ich, daß du die Liebe, die du mir zugewandt hättest, wenn ich bis zu den grauen Haaren mit dir gelebt hätte, alle diesem Kinde zuwendest und in ihm auch mich fortliebest, wie wenn ich mit dir lebte. Wenn ich diese Hoffnung mit ins andere Leben nehmen darf, so wird mir der Tod nicht schwer werden.«
    Bei diesen Worten legte er die Hand des Kindes in die Hand der Mutter, schlang seinen Arm um ihren Hals und sprach, indem er seine Lippen auf die ihrigen drückte: »Ich befehle dir ihn, meine teure Gattin, und lasse an meiner Statt dir dieses teure Pfand als sicheres Zeugnis unserer beiderseitigen Liebe.«
    Er konnte diese letzten Worte nicht aussprechen, ohne reichliche Tränen zu vergießen, und Placida konnte nicht umhin, die ihrigen mit denen ihres teuersten Gemahls zu vermischen. Es wurde ihr schwer, unter lauter Schluchzen zum Worte zu kommen, und so sprach sie: »Marino, du nimmst den besten Teil von mir mit dir fort, indem du aus diesem Leben scheidest; denn mein Herz wird dich begleiten und dir Verbundenbleiben mit jenem Bande, womit treueste Liebe uns in dem Leben zusammengekettet hat, das du nunmehr zu verlassen auf dem Punkte stehst, um mich voll unglaublichen Schmerzes zurückzulassen. Ich wünschte sehr, daß es Gott gefiele, daß zur gleichen Stunde mit dem deinigen auch mein Leben sein Endziel erreichte. Aber nun hat er anders beschlossen, vielleicht, damit dieses unser Söhnlein nicht ohne Führer bleibe; und so werde ich ihm denn die Fülle der Liebe ganz zuwenden, die die Mutterliebe mich ihm zu widmen antreibt. Freilich hätte er zu seiner Erziehung und Anleitung zur Tugend dich mehr als mich nötig gehabt; aber ich will nun allen mir innewohnenden Geist und Eifer anwenden, damit du nicht in der guten Meinung getäuscht werdest, die du von mir hegst, und damit dieses unser Söhnlein, in dem ich dein Bild abgedrückt sehe, deinem Verlangen nachkomme und ein brauchbarer Mann werde. Ach, könnte ich nur, mein Gemahl, durch irgendein Mittel, ja durch Vergießen meines eigenen Blutes dein Hinscheiden von uns verhindern! Aber gewiß werde ich dich immer lieben in diesem unserm gemeinschaftlichen Kinde, das du in meine Hand befohlen hast und befohlen hast in meine Treue, die ich auch im Tode dir ebenso fest bewahren werde, wie ich sie dir im Leben bewahrt habe.«
    Darauf schwieg sie unter Tränen; ihr Mann freute sich der innigen Liebe seiner Gattin und lobte sie sehr. Kurz darauf gab er wirklich seinen Geist auf zum unsäglich großen Schmerze Placidas.
    Als ihr Mann tot war und sie ihn hatte ehrenvoll bestatten lassen, verfehlte Placida nicht, alles das auszuführen, was ihr nötig schien, um ihren Sohn gut zu erziehen; dieser war auch von Natur sehr leicht zur Tugend zu lenken und Seiner Mutter so sehr in Liebe zugetan, daß er von ihren Befehlen niemals abwich und in kurzem seinem Alter voraus war an Gelehrsamkeit, feinem Betragen und guten Sitten, worüber

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