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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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man in der ganzen Stadt sich verwunderte und seine Mutter wegen ihrer Sorgfalt rühmte.
    Als der Knabe zwölf Jahre alt war, wurde er von einem Fieber befallen, das sich bald so, bald so äußerte und die Ärzte auf die Besorgnis brachte, es möchte in eine Schwindsucht ausarten und am Ende den Knaben das Leben kosten. Placida war darüber so betrübt, daß sie sich nicht weniger vom Kummer verzehrte, als sie fühlte, daß das Fieber ihren Sohn verzehre, und sie unterließ nichts, was zur Wiederherstellung des Jünglings dienen konnte. Auch die Ärzte sparten keinen Fleiß, um zu verhindern, daß das Fieber in Mark und Bein eindringe und dann wie ein verdecktes schleichendes Feuer mit unbilliger Hitze jene feuchte Naturgrundlage des Lebens aufzehre. Sie bemühten sich daher, den Körper frisch und feucht zu erhalten, um auf diese Weise der Hitze Einhalt zu tun und endlich das Feuer ganz zu verlöschen, das die Lebenskräfte des armen jungen Menschen verzehrte. Sie verordneten ihm daher abgezogene Wasser, die diesem Plane ihrer Heilart entsprachen. Die Mutter hatte die Obliegenheit, ihm jeden Morgen bei Sonnenaufgang eine gewisse Latwerge mit Endivienwasser vermischt zu reichen, und wiewohl es der Frau nicht an Dienern und Aufwärtern fehlte – denn sie war sehr vornehm –, so wollte sie doch nicht, daß ein anderer als sie sich erlaube, dem Sohne das, was die Ärzte verordnet hatten, zu reichen; daher stand sie denn immer mit Tagesanbruch auf, bereitete den Trank und reichte ihn mit eigener Hand dem Kranken.
    Nun seht aber, wie schlecht das schnöde Schicksal uns behandelt, wenn es uns übel will und uns Widerwärtigkeit bereitet! Placida stand noch in jugendlichem Alter, denn sie zählte noch nicht viel über dreißig Jahre, und wiewohl sie durchaus sittsam lebte und fest entschlossen war, keinen Mann mehr zu nehmen, so hielt sie doch darauf, die Schönheit zu bewahren, welche die Natur mit freigebiger Hand ihr dargereicht hatte. Sie gebrauchte daher Sublimatwasser, um das Gesicht glänzend und rein zu erhalten und sich, so gut sie konnte, zu wahren gegen die Runzeln, die die Jahre bringen, und die einem männlichen Gesichte Ernst und Würde verleihen, dem weiblichen aber die Lieblichkeit rauben. Diese edle Frau hatte nun in einem Fläschchen solches Wasser, das sie zu diesem Zwecke verwendete, und eine ihrer Frauen hatte es aufzuheben. Als nun eines Morgens Placida mit ihrem Putze fertig war, gab sie das Fläschchen dem Mädchen, das sie bediente, mit dem Auftrage, es an seinen Platz zurückzustellen. Als sie das Zimmer verließ, kam einer der Diener ihr entgegen, der ihr das Fläschchen mit dem Endivienwasser gab, das man zur Heilung des Kranken anwendete; das Mädchen hielt nun beide Fläschchen in der Hand, legte sodann das eine in die Büchse, wohin das Sublimatwasser gehörte, und gab das andere ihrer Gebieterin, die es dahin stellte, wo dasjenige stand, aus dem sie das Wasser für ihren Sohn nahm. Als nun der Morgen kam, stand Placida auf und reichte nach ihrer Gewohnheit ihrem Sohne den Trank. Kaum hatte der Unglückliche ihn eine Weile im Magen, so empfand er die unsäglichsten Schmerzen: es war ihm, als würden ihm die Eingeweide zerfressen, und er fühlte seinen Tod nahe. Darum schickte die Mutter plötzlich zu den Ärzten und erzählte ihnen die seltsame Wirkung, die heute der Trank hervorgebracht, der doch bisher ihrem Sohne so wohltätig gewesen sei. Die Ärzte wunderten sich und konnten sich nicht einbilden, wie das komme. Sie traten zu dem Kranken, beobachteten die Zufälle, die ihn quälten, und erkannten, daß Zeichen von Vergiftung vorlagen.
    »Madonna«, sagten sie daher zu der Mutter, »Euer Sohn hat nicht den Trank bekommen, den er sonst zu nehmen pflegte, sondern statt dessen hat er ein ätzendes Gift verschluckt, das ihn verzehrt.«
    »Wie, Gift?« rief Placida. »Ich Unglückliche! Ihr täuscht euch, ihr Herren, denn niemand als ich hat ihm den Trank gereicht, und ich habe ihm den gleichen gegeben wie sonst immer.«
    »Vielleicht«, sagten die Ärzte, »haben die, die ihn geholt haben, Euch getäuscht und das Wasser vergiftet.«
    Sogleich wurde der Diener gerufen, welcher sagte, er habe das, was der Apotheker in die Flasche getan, ins Haus gebracht ohne Trug und Täuschung; ehe er eine solche Schurkerei beginge, würde er sich lieber das Leben genommen haben, denn er liebe den Sohn des Hauses wie sein eigenes Leben. Der Diener war ein rechtschaffener Mensch und galt dafür bei jedermann,

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