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Italienische Novellen, Band 3

Italienische Novellen, Band 3

Titel: Italienische Novellen, Band 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verschiedene Autoren
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vom Leibe reißen, um ihn den furchtbaren Bestien unverzüglich vorwerfen zu lassen.
    Zelimo verkannte die ungeheure Gefahr nicht, in der er sich befand. Er begann seinen Gott anzurufen, ihm zu helfen, und mit lauter Stimme zu schreien: »Ich bin es nicht, der den Löwen vorgeworfen werden soll, es ist Lamprino! Laßt mich los und wartet, bis er kommt! Er kann nicht mehr weit sein; ihm laßt widerfahren, was ihr mir antun wollt!«
    Indessen mochte er sagen, was er wollte, – es blieb vergebens, und er wurde entkleidet den Löwen vorgeworfen, die mit Heißhunger über ihn herfielen und an seinem ganzen Körper kein Glied unversehrt ließen.
    Nach einer kleinen Weile kam auch Lamprino bei dem Wärter an. Ehe er aber noch ein Wort hervorbringen konnte, sprach dieser zu ihm: »Ihr kommt gewiß, um Euch zu erkundigen, ob ich die Befehle des Königs vollzogen habe?«
    »So ist es«, erwiderte Lamprino und wollte nichts weiter hinzufügen, um abzuwarten, was ihm der Wärter werde anzuhören geben. Dieser fuhr zu reden fort: »Daß an dem, den mir der König vor kurzem zusendete, sein Urteilsspruch vollzogen worden ist, möchtet Ihr hier mit Euren eignen Augen wahrnehmen;« – ließ ihn in die Löwengrube hinuntersehen, wo die Knochen des Bösewichts einzeln und dermaßen abgenagt umherlagen, als ob sie niemals mit Fleisch bekleidet gewesen wären, und zeigte ihm auch Zelimos Kleider vor, an denen Lamprino erkannte, welcher Unglückliche einem solchen Schicksal unterlegen war.
    Da er nun recht wohl wußte, wie sehr ihn Zelimo gehaßt hatte, weil dieser eben nicht imstande gewesen war, seinen bösen Willen gegen ihn durchaus verborgen zu halten, so erriet er aus den gegebenen Umständen, wie es sich hatte zutragen können, daß der Verräter selbst hatte den Tod erleiden müssen, dessen Vollstreckung an seinem Feinde er gesonnen gewesen war, sich eine Augenweide sein zu lassen. Der Wärter selbst bestätigte ihm diese Vermutung, indem er zu ihm sagte: »Der zerrissene Schelm da wollte mich noch hintergehen und behauptete, er sei gar nicht der rechte, der den Löwen vorgeworfen werden solle: einen gewissen Lamprino habe der König dazu verdammt; aber ich hielt mich an Selims Worte fest und nicht an die seinigen und habe getan, was mir befohlen war. Dies hinterbringt dem Könige!«
    »Das werde ich tun«, antwortete Lamprino und ging von der Löwengrube hinweg, überzeugt, daß ihn der wahrhaftige Gott, den er im stillen anbetete, aus dieser entsetzlichen Lebensgefahr errettet habe; indem er nun seinem Erlöser für diese unverdiente Gnade dankte, faßte er alsobald den Entschluß, nicht länger in dem heidnischen Lande und unter einem so grausamen Könige zu verweilen.
    Lamprino war gewohnt, des öfteren einen schnellfüßigen und leicht zu bändigenden Renner zu tummeln, den der König jedesmal bestieg, wenn er sich in die Grube begab, um den Kämpfen der wilden Bestien untereinander zuzuschauen. Er gedachte sich gegenwärtig dieses Rosses zu seiner Flucht zu bedienen und sprach zu dem Knechte, der es mit zu pflegen hatte: »Sattle und zäume sogleich den Renner des Königs! Er hat mir aufgetragen, ihn ihm zuzuführen.«
    Der Wärter befolgte dies Geheiß, und Lamprino bestieg auf der Stelle das rasche Tier, mit dem er im schnellsten Jagen die Straße nach Slawonien einschlug. Unterwegs gab er gegen die königlichen Beamten vor, in einem geheimen Auftrage Selims entsendet zu sein, und da er nicht nur auf dem Renner des Königs ritt, sondern auch als dessen vertrautester Diener bekannt war, so ließ man ihn ungehindert bis zu den Christen entfliehen, wo er ungesäumt wieder dem wahren Glauben zuschwor.
    Selim hatte es inzwischen für ausgemacht angesehen, daß Lamprino von den Löwen zerrissen worden sei; wie er aber auch Zelimo nicht mehr am Hofe wahrnahm, verwunderte er sich baß darüber und schickte nach ihm aus, worauf er, da ihn niemand finden konnte und am ganzen Hofe kein Mensch war, der etwas von ihm gesehen oder gehört hatte, gar nicht wußte, was ihm möge zugestoßen sein und was er davon denken solle, weil er auch im mindesten nicht die Wahrheit ahnte.
    Nach Verlauf einiger Tage kam es dem Könige in den Sinn, die wilden Tiere in den Gruben zu Kämpfen zusammenzulassen, und deswegen ließ er sein schnellfüßiges Roß dem Wärter abfordern. Der Wärter gab zur Antwort: Er habe das Roß Lamprino zugestellt, von dem es ihm im Namen des Königs abverlangt worden sei. Wie nun der Bote seinem Gebieter diese Worte

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