Italienische Novellen, Band 3
schönen Augen ruht. Die Liebe, die ich zu Euch trage, hat nicht Ende noch Ziel, sie achtet nicht auf mein Gelübde noch meinen Stand und hat mich mit der Glut Eurer schönen lebhaften Strahlen so gewaltig angefallen, daß ich oftmals, über die Bahn alles Bestehenden mich hinwegsetzend, nahe daran war, mich ums Leben zu bringen. Ich war dazu fest entschlossen, und es fehlte nicht mehr viel, so hätte ich die Grausamkeit an mir ausgeführt; Amor aber, der mein wahnsinniges, verrücktes Vorhaben bemerkte, hat mir, Dank sei ihm dafür, ein bißchen Licht geworfen in diese dunkeln Schatten meiner Leiden, indem ich nämlich mit eigenen Augen sehen durfte, was zu meiner Rettung erforderlich war.«
Hier erzählte er sodann der Frau, welche voll Staunens war, viele Einzelheiten und zeigte ihr in ausführlicher Rede den Schaden, der daraus entspringen mußte, und die Vorwürfe, die sie sich damit zuziehe, wenn sie ihm ihre Zustimmung versage. Auf der andern Seite stellte er ihr das treuste Schweigen, einen ewigen Frieden, eine ungestörte Ruhe in Aussicht. Endlich setzte er ihr auseinander, daß sie ihm das Leben schenke und sich und ihrem Gemahl gleicherweise es erhalte; so daß die mitleidige Frau, von Furcht und Angst und dem Versprechen, das Geheimnis zu bewahren, in der Schwebe gehalten, für ein einziges Mal mit großem Widerwillen und Arger seinen sittenlosen Wünschen sich fügte, und er wich nicht aus dem Zimmer, ehe alles in Ausführung gebracht war.
Als die Zeit der Botschaft vorüber war, kehrte nun der Edelmann zum König und in seine Heimat zurück und fand seine Gemahlin gegen ihre Gewohnheit nicht nur gesund, sondern heiter und viel schöner und glücklicher. Darüber war er sehr verwundert, bedachte sich vielfach, woher denn das kommen möge, erkannte und verstand aber diesen Zufall durchaus nicht, soviel er sich auch bemühte, ihn aufzuhellen. Da ihm aber alles nichts half, beschloß er, durch ein nicht sehr empfehlenswertes Mittel sich über die Angelegenheit Aufklärung zu verschaffen und sich zu vergewissern, ob seine Vermutung wahr sei. Als nun die Zeit gekommen war, wo die Menschen den größten Teil ihrer Geheimnisse in die Brust der Beichtväter niederlegen, suchte der Baron einen braven Priester auf, bei dem die Frau zu beichten gewohnt war, und versuchte zuerst mit Bitten, dann mit Anwendung seines Ansehens und seiner Gewalt, ihn dahin zu bringen, daß er ihm sein Gewand und seine Stelle abtrat.
Die Frau kam nun mit ihren Jungfrauen eines Morgens beizeiten dahin, fiel andächtig auf die Knie und fing an für ihre Sünden um Vergebung zu bitten. Als sie nun auf das Kapitel der Ehe kam, brach sie in heftiges Weinen aus, und auf die Frage des Beichtigers und die Versicherung der Vergebung ihrer Sünde sagte sie ihm, wie sie in einen ehrenwerten und ihr sehr teuern Edelknaben sich verliebt, was dann unerhörte, unerwartete und schwere Fälle zur Folge gehabt habe. Nach diesen Worten brach sie von neuem und noch heftiger in Tränen aus, und der Baron, der diesen ersten Schlag für seinen Vorwitz erhalten hatte, mit dem er suchte, was er nicht hätte suchen sollen und was er nicht hatte finden wollen, wurde vom Unwillen fast so übermannt, daß er sich entdeckt hätte. Aber aus Begierde, weiterzuhören, beruhigte er sie mit freundlichen Worten und machte ihr die Vergebung für diese Sünde leicht. Die Frau fuhr daher fort: »Nach dem Edelknaben, mein Vater, und mit seiner Beistimmung sah ich mich genötigt, da ich nicht anders konnte und dazu gezwungen ward, Gott verzeih' mir's, auch einem edeln Baron, sooft er wollte, mich fleischlich hinzugeben, und nach diesem Fehltritt ward ich zuletzt, was mir am meisten leid ist, mit Zwang und gegen meinen Willen die Beute eines verwünschten Mönchs, den Gott verdamme, denn ich sehe ihn nie mit den heiligen Gewändern am Leib, daß ich ihm nicht alles Übel der Welt auf den Hals wünschte!«
In ihrem Unwillen über die Sünde und dem Schmerz über die erlittene Unbill brach sie in so heftiges Schluchzen aus, daß sie durchaus nicht imstande war, weiterzusprechen. Der Gatte, der sich vor Ärger gar nicht zu raten wußte, geriet durch das neue Ereignis in eine wahnsinnige Wut; vor Erstaunen außer sich, zog er die Kapuze vom Kopf, öffnete zugleich das Gitter, hinter dem sich die Beichtiger verbargen, und sprach: »So hast du also, verruchtes Weib, nicht umsonst gelebt und deine Tage nicht vergeudet, da du sie so sittenlos und unkeusch hingebracht hast!«
Jede
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