Italienische Novellen, Band 3
ist das die Hauptsache.«
»Wahrlich«, sprach Simeone, »ich will sagen, du seist ein ganzer Kerl, wenn du das, was du sagst, ins Werk zu setzen wüßtest.«
»Nur gemach, Bruder! Sachte!« sagte Cechino. »Ist's euch nicht recht, wenn wir sie zu essen kriegen?«
»Nun, wie willst du es denn anfangen?« antwortete Simeone; »sonst scheinst du mir ein rechter Ochs mit deinen Reden.«
»Laß es ihn sagen«, sprach Giannozzo. »So rede doch, zum Henker!«
»Ei, so hört mich an!« erwiderte Cechino. »Du, Giannozzo, gehst in die Bude hinein und kaufst für deine sechs Kreuzer Zibeben, von denen, wie du siehst, dort auf dem Vorsprung ein ganzer Korb voll steht. Nimm dabei, so sehr du kannst, ihre Aufmerksamkeit in Anspruch! Während er nun einkauft, packst du, Simeone, die Schüssel mit den Kuchen, läufst damit davon und erwartest uns auf dem freien Platz, und sehe ich, wider Erwarten, dir jemand nachlaufen, so halte ich ihn in dem engen, dunkeln Gäßchen auf. Ehe sich das Weib losmacht und aus ihrem Laden wegkommt, bist du mit deinem Raube schon auf dem freien Platz, wo wir dich aufsuchen und mit dir teilen. Meint ihr jetzt, ihr Tölpel, ich sei imstande, den Faden zu finden, an dem sich dieser Knäuel abwickeln läßt, und auszuführen, was ich sagte, daß die Kuchen unser werden sollen?«
»In der Tat«, antworteten die andern, »du bist ein listiger Kuchenbäcker. Aber gehen wir frisch ans Werk, ehe die Kuchen kalt werden!«
»Ich will zusehen«, sagte Giannozzo, »meine Rolle zu spielen; bereitet ihr andern euch auf die eurige!«
Er trat in die kleine Bude und sagte: »He, Frau, gebt mir doch für zwei Soldi von diesen Zibeben! Wie viel verlangt Ihr denn für das Pfund?«
»Fünf Marchetti«, antwortete sie; »aber weil Ihr es seid, will ich ein halb Pfund für zwei Soldi geben.«
»Wägt es«, sagte er, »aber seht zu, daß Ihr mir es nicht zu knapp macht!«
»Seid ruhig«, antwortete sie; »ich werde Euch geben, was Euch gehört.«
Als nun Simeone sie mit dem Abwägen der Zibeben beschäftigt sah, bemächtigte er sich rasch der Schüssel mit den Kuchen und lief damit fort an den verabredeten Platz, wo er seine Genossen erwartete und unterdessen ein wenig davon aß, um sich zu überzeugen, ob sie gut seien.
Als die arme Frau sah, daß man ihr ihr Backwerk stahl, erhob sie ein Geschrei und sprach: »Packt ihn! Packt ihn! Kuchen gestohlen!«
Sie lief eiligst aus dem Laden und wollte nachjagen, aber der schlaue Cechino vertrat ihr den Weg und sagte: »Was ist Euch widerfahren, gute Frau?«
»Der Schelm«, antwortete sie, »der dort läuft, hat mir eine ganze Schüssel voll Kuchen gestohlen, die ich eben in dem Augenblick aus der Pfanne genommen habe. Wer sie mir wiederbrächte, und wenn auch nur teilweise, dem würde ich gut lohnen.«
»Gute Frau«, sagte er, »bleibt nur zurück! Der Kerl läuft schneller als der Wind und hat in seiner wahnsinnigen Hast mich fast über und über gerannt.«
Während nun das arme Weib über den Verlust ihrer Pfannkuchen jammerte, trat auch Giannozzo zu ihr, dem sie Zeit und Weile gelassen hatte, sich die Taschen voll Zibeben zu stopfen, und sagte: »Da, Mutter, nehmt Euer Geld! Da ich Euch so in Anspruch genommen sah, hätte ich davonlaufen können, ohne Euch zu bezahlen; aber ich halte es nicht für recht, andern ihre Sache abzunehmen, ohne dafür zu zahlen.«
»Gott segne Euch, mein Sohn«, antwortete sie. »Ihr seid doch keiner wie der Spitzbube. Ich bitte Gott, daß er am ersten Kuchen, den er in den Mund steckt, ersticken möge und krepieren!«
Nach diesen Worten ging sie wieder in ihren Kramladen hinein und fing aufs neue an, Pfannkuchen zu backen. Am folgenden Tag aber ließ sie, um der Gefahr, wieder so bestohlen zu werden, zu entgehen, um ihre Schauspinde herum ein Gitter machen.
Die drei windigen Gesellen konnten kaum die Zeit erwarten, ihren Raub unter sich zu teilen, und trafen hinter der Kirche bei den drei Brücken zusammen, wo ihre hungrigen Mägen die Pfannkuchen alle in einem Augenblick verschlangen, und da sie darauf fast vor Durst umkamen, machten sie sich über die Zibeben her, deren Giannozzo für seine zwei Soldi, da er sich gut gewogen, mehr als sechs Pfund eingesteckt hatte. Während sie so speisten, hörten sie sanft über ihnen ein Fenster öffnen und eine leise Stimme sprechen: »Liebes Herz, ich komme jetzt gleich und lasse Euch ein! Wartet nur noch ein bißchen, liebe Seele!«
Die Nacht war stockfinster und voll von einem dichten
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