Italienische Novellen, Band 3
hören, und sagte: »Erzähle mir doch, wo und wem er begegnet ist?«
»Hier in der Nachbarschaft«, war ihre Antwort; »merkt auf, ob er schön war! Es war eine vornehme, junge und reiche Dame in Padua, die nicht viel weniger schön ist, als ich bin; sie gab sich in ihrem Zimmer mit ihrem Liebhaber, einem Studenten, der Lust hin, und zufällig kam ihr Mann gerade nach Hause, während sie sich die Zeit vertrieben. Sie hörte ihren Mann kommen, bevor er ins Zimmer trat, und ging ihm mit folgenden Worten entgegen: ›Dort neben der Bretterbrücke war eine Frau, die von ihrem Mann überrascht wurde; und sie ging ihm entgegen, band ihre Schürze los ...‹ und nachdem sie das gesagt hatte, wickelte sie sie ihm um den Kopf.«
Die Frau, die ihre Schürze bereits aufgebunden hatte, tat so, als ob sie mit ihrer eigenen Schürze das nachmachen wollte, und wickelte ihren Mann fest darin ein.
Während er so eingehüllt war, daß er nichts sehen konnte, flüchtete der tüchtige Jüngling leise. Als er fort war, befreite sie ihren Mann, wobei er zu ihr sagte: »Du scheinst sehr dumm zu sein: kannst du es mir nicht erzählen, ohne es mit deiner Schürze nachzumachen?«
»Nein«, erwiderte sie, »denn wenn ich deutlich machen will, wie der Liebhaber entkam, mußte ich es so machen.«
Dem jungen Manne machte diese Geschichte solches Vergnügen, daß er den Ärger über die Störung seines Tête-à-tête überwand und, um alles mitanzuhören, an einem ziemlich sicheren Platze stehenblieb.
Als der Mann von seiner Verhüllung befreit war, sagte er zu der Frau: »Wenn das wahr war, ist das wirklich eine schöne Geschichte; dieser Dummkopf ist ein Idiot gewesen, daß er diese List nicht gemerkt hat!«
»Aber«, meinte die Frau, »sie hatte ihn mit dieser Schürze so gut eingehüllt und eingewickelt, daß er wirklich nicht sehen und hören konnte.«
Nachdem sie sich genügend über die Sache unterhalten hatten, ging der Mann ins Zimmer, das ja nun frei war, und sie blieben hier eine Weile. Der verliebte Jüngling, der sich vor Lachen über den Vorfall nicht halten konnte, ging sehr zufrieden seiner Wege.
Und als der einfältige Ehemann nicht viel später sein Haus verließ, erzählte er diese Geschichte in ganz Padua und merkte nicht, daß er selbst ihr Held war.
Die Frau traf, wie sie es gewohnt war, nur mit größerer Vorsicht, mit ihrem geliebten Studenten zusammen, und jedesmal, wenn sie und ihr Liebhaber zusammen waren, lachten sie über den Vorfall; sich glücklich ihrer Liebe erfreuend, ergaben sie sich lange Zeit gemeinsam der Lust und Kurzweil.
Antonio Francesco Doni
1513 – 1574
Der Ehemann als Beichtvater
In einem gewissen Königreich von dieser Welt, den Ort will ich nicht nennen, begab es sich vor einigen Jahren, daß ein sehr vornehmer Ritter, wohl einer der ersten Edelleute der Krone, eine junge, schöne Frau zur Ehe nahm, die ebenso von edelm Blute wie für seinen Rang passend war. Sie waren sehr glücklich miteinander, und ihre gegenseitige Neigung war so groß und gewaltig, daß, sooft der Baron in Geschäften des Königs außer Landes ging, er immer bei seiner Rückkehr seine schöne Ehegenossin entweder mißmutig, wie von Sehnsucht angegriffen, oder krank antraf. Unter andern wurde denn auch einmal der Baron vom König als Botschafter an den Kaiser geschickt, und da er gegen seine Gewohnheit mehrere Monate ausblieb, sei es aus zufälligen Gründen oder um wichtige Geschäfte zu besorgen, oder wie es nun kam, fügte es das Schicksal, daß seine Frau nach vielen schmerzlichen Seufzern und Klagen, indem sie die Männer ihres Hofes wieder anschaute, mit ihren Blicken an eine Stelle fiel, die sie vielleicht nicht gewünscht hatte, und der Blick war so gewaltig, daß sie sich heftig in einen sehr vornehmen und wohlgesitteten Edelknaben, der sie bediente, verliebte, ohne sich der Sache erwehren zu können. Sie spähte oft nach einer gelegenen Zeit, ohne von dieser ihrer Liebe mit irgend jemand zu sprechen, bis eines Abends ihr Gedanke zur Reife gedieh. Sie schloß daher auf eine geschickte Weise das Zimmer und tat, als ließe sie sich einige Briefe reichen, um sie zu lesen. Bei dieser Gelegenheit ermutigte sie den Jüngling, weiterzugehen, als recht war, durch ein gewisses halb nach Sittsamkeit, halb nach Lüsternheit schmeckendes Betragen, durch Blicke, die den Jupiter hätten in Glut setzen müssen, indem sie manchmal den weißen, zarten Busen plötzlich öffnete und schnell wieder schloß, oft den kleinen Fuß
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