Italienische Verführung
besonders nicht so früh im Herbst.“
„Ich habe nicht behauptet, dass ich an ihr interessiert bin, oder?“
„Du brauchst es gar nicht laut auszusprechen, Antonio“, entgegnete sie und tupfte sich mit einem kostbaren Spitzentaschentuch die Augenwinkel. „Nicht bei mir.“
„Lucia, es reicht“, sagte Anthony entschieden. „Ist dein Liebster, Signor Lorenzo, nicht die Liebe deines Lebens? Der einzige Mann in Rom mit genug Hingabe, um deine Wutanfälle zu tolerieren, und genug Geld, um dir den Luxus zu ermöglichen, den du verlangst?“
„Wir sprechen hier nicht über Lorenzo.“ Ungeduldig schnippte sie mit dem Taschentuch nach ihm. „Wir sprechen von dir, Antonio. Was, wenn du dieses Mal in deinem kleinen Spiel der Verlierer bist? Was, wenn du alles für sie aufgibst?“
Amüsiert lehnte Anthony den Kopf gegen die Lederpolster und lachte leise. „Das wird nicht geschehen. Es ist gar nicht möglich.“
„Nein?“ Ihre Augen funkelten herausfordernd. „Du bist dir sehr sicher.“
„Ich bin mir sicher, weil ich recht habe“, war die einfache Antwort. Er nahm ihre Hand und küsste sie oberhalb des Rubinrings. „Keine Frau dieser Welt könnte diese Art von immerwährender Macht über mich erringen. Das solltest du wissen, Lucia.“
Sie rümpfte die Nase und entzog ihm ihre Hand. „Ich war es , die zuerst deiner müde wurde.“
Er ließ sich seine Zweifel so deutlich anmerken, dass sie schnell fortfuhr: „Ich sollte dich dieses unterernährte kleine Ding einfach heiraten lassen.“
„Du wirst meine Meinung nicht ändern, mein Schatz. Ich heirate sie nicht. Weder sie noch sonst irgendjemanden.“
Lucia ließ die gespreizten Finger über ihrem Dekolleté spielen, dass der Rubin im Halbdunkel aufblitzte. „Bist du dir sicher genug, darauf eine kleine Wette abzuschließen?“
Er lächelte. „Eine Wette, klein genug, dass bei Lorenzo keine Zweifel aufkommen und groß genug, um mein Interesse zu wecken?“
„Genau.“ Sie beugte sich zu ihm. „Ich wette, noch bevor die Adventszeit beginnt, wirst du diese Engländerin so besessen verfolgen, dich so sehr an sie verlieren, dass deine Freunde dich vor einer Heirat mit ihr retten müssen.“
„Einer Heirat!“ Über den absurden Schwachsinn dieser Bemerkung brach Anthony in lautes Gelächter aus. Diese junge Dame mochte eine entzückende Abwechslung sein, aber sie würde ihn kaum dazu bringen, sein vergnügtes, zügelloses Leben aufzugeben, nur um ihrer Hand willen.
„Ich nehme deine Wette an, Lucia, und ich werde deinen Einsatz bestimmen. Ich werde das Mädchen verführen. Ich werde so viel Spaß mit ihr haben wie sie mit mir. Doch sie wird nie meine Frau werden. Und wenn ich gewinne, erwarte ich, dass du auf der Spanischen Treppe eine Arie singst.“
Lucia runzelte die Stirn. „Mit Blick auf die Piazza? Vor ganz Rom?“
„Und umsonst, Liebling“, fügte er hinzu. Außer den päpstlichen Balkon des Petersdoms konnte er sich keinen öffentlichkeitswirksameren Ort vorstellen. Die Spanische Treppe war in diesem Jahrhundert gebaut worden, eine große, wellenförmige, marmorne Flut, die wie ein Wasserfall den Hügel der französischen Kirche Trinita dei Monti zur Piazza di Spagna hinunterstürzte, in deren Mitte einer der berühmtesten Brunnen Roms, die Fontana della Barcaccia stand. Die Piazza war nicht nur einer der Orte, an dem die Römer am liebsten dem Nichtstun frönten, sondern auch eine der größten Attraktionen für ausländische Besucher. Auf der natürlichen Bühne, welche diese Treppe bot, war Lucia eine enorme Menge an Zuhörern sicher. Und die Tatsache, dass ihre Darbietung auch noch in Sichtweite der Unterkunft jenes englischen Mädchens stattfinden würde, verlieh der Wette einen zusätzlichen Reiz.
„Ein kleines Geschenk, das du allen Römern mit deiner Stimme machst. Und das obendrein kein Loch in Lorenzos Geldbeutel reißt, nicht wahr?“
„Umsonst?“, fauchte Lucia außer sich vor Wut. „Ich singe nie ohne Gage!“
Er kreuzte die Arme vor der Brust. „Das ist meine Bedingung. Wenn du sie nicht akzeptieren willst, nun gut, dann wird die Wette …“
„Wenn du verlierst, musst du statt meiner singen!“, sagte sie schnell. „Du, Antonio, wo du doch wie ein Esel schreist!“
„Einverstanden.“ Sein Gesang glich wirklich dem eines Esels und das auch nur nach genügend harten Getränken. Doch er war überzeugt, dass es niemals so weit kommen würde.
„Und … und hundert venezianische
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