Italienische Verführung
entschlossen, Diana keine solche Gelegenheit wie ihrer Schwester zu geben. „Das ist keine Frage des Vertrauens, Mylady, sondern der Sittsamkeit. Ich muss Sie wohl nicht daran erinnern …“
„Ich bin sittsam, Miss Wood“, sagte Diana rasch. „Und es könnte keinen ehrenwerteren Gentleman geben als Lord Edward.“
„Ach, lassen Sie sie doch gehen, Miss Wood“, meinte Reverend Lord Patterson gutmütig. „Ich bürge für die Ehrsamkeit meines Neffen. Und außerdem werden die beiden kaum allein sein. Sicher sind jetzt drinnen mehr Besucher als am Tag, ganz abgesehen von den ständig anwesenden Priestern und den Kekse- und Getränkeverkäufern, die Tag und Nacht das Kolosseum verstopfen.“
Edward legte die Hand aufs Herz. „Sie haben mein Wort, Miss Wood. Ich werde die Ehre Ihrer Ladyschaft mit meinem Leben verteidigen.“
Einen Augenblick zögerte Miss Wood noch, dann seufzte sie resigniert. „Nun gut, Mylady. Ich werde Ihnen und Seiner Lordschaft vertrauen. Sie dürfen gehen und sich zusammen die Ruinen anschauen. Doch denken Sie daran, in einer halben Stunde müssen Sie zurück sein, oder ich werde mich auf die Suche nach Ihnen machen.“
„Dann lassen Sie uns gehen, Lord Edward.“ Diana ergriff seine Hand. „Wir dürfen keine Zeit verschwenden.“
„Die Zeit mit Ihnen ist niemals verschwendet.“ So machte er es immer: Er nahm ihre Worte und verwandelte sie in ein romantisches Echo. „Der Eingang ist dort unten.“
„Meinetwegen können wir auch einfach nur draußen um das Kolosseum herumgehen, Mylord“, meinte Diana. So allein mit ihm fühlte sie sich bereits ein wenig schwindlig. „Denn mir geht es nur darum, mit Ihnen zusammen zu sein.“
Er lachte leise und tätschelte ihre Hand, während er sie zu einer kleinen Plane führte, die den Eingang zur antiken Ruine markierte. „Es ist klug von Ihrer Gouvernante, auf Sie aufzupassen. Der gute Ruf einer Dame ist ein unersetzlicher Schatz.“
„Er kann auch eine unerträgliche Bürde sein“, erwiderte Diana trocken. „Manchmal wünsche ich mir, ich wäre ein gewöhnliches Mädchen.“
„Nie könnte man Sie gewöhnlich nennen“, gab er galant zurück und missverstand dabei ihre Klage. „Noch Seine Gnaden, Ihren Vater.“
„Vater ist ganz schön gewöhnlich, besonders für einen Peer“, meinte Diana. „Und dass Miss Wood behauptet, er möchte mit mir über Geschichte und Kunst diskutieren, ist Unsinn – alles, was er wirklich von mir oder meiner Schwester erwartet, ist, dass wir an den richtigen Stellen seiner Jagdgeschichten erstaunte kleine Schreie ausstoßen und uns wundern.“
„Ich würde Ihren Vater gerne einmal kennenlernen“, sagte Edward. „Wie ich hörte, soll er ein Mann von großem Weitblick sein. Ich hoffe, die Ehre zu haben, seine Bekanntschaft machen zu dürfen.“
„Ich wüsste nicht, wozu das gut sein sollte“, entgegnete Diana amüsiert. Den einzigen Weitblick, den sie ihrem Vater zubilligte, war seine Fähigkeit, die Wolken zu betrachten und dann vorherzusagen, ob sie so viel Regen brachten, dass die Jagd abgesagt werden müsste. „Außer, Sie möchten mit der Beschreibung des hohen Tores, das er mit seinem Lieblingspferd überspringen kann, zu Tode gelangweilt werden.“
„Wir würden andere Themen für unsere Unterhaltung finden“, sagte Edward und nickte. „Sie, zum Beispiel, Mylady.“
Erschrocken sah sie ihn an. Es gab nur einen Grund, warum ein Gentleman mit dem Vater einer Dame sprach – weil er um ihre Hand bitten wollte. Unter all den Männern, die sie in ihrem Leben bereits kennengelernt hatte, war kein einziger gewesen, der es gewagt hatte, solch einen Wunsch zu äußern. Allerdings kannte sie Edward erst seit Kurzem, und bis zum Aufgebot konnte vieles schiefgehen. Doch dass er so schnell auf diese Möglichkeit anspielte, entzückte und erstaunte sie zugleich. Er machte ihr den Hof!
„Ist diese Vorstellung so entsetzlich für sie, Mylady?“, fragte er vorsichtig.
„Magie, Mylord.“ Sie lächelte zu ihm auf und drückte seinen Arm. „Daran habe ich gedacht. Dass alles, was Sie denken und tun, wie Magie für mich ist.“
„Auch ich genieße Ihre Begleitung, Mylady“, sagte er und blieb stehen, um in seinen Taschen nach dem Eintrittsgeld zu kramen. Er gab die Münzen einem gelangweilt aussehenden Mann, der auf einem hohen Stuhl neben dem Eingang saß, und geleitete Diana durch das Tor. „Immer ein Trinkgeld, was? Diese Römer lassen einen Gentleman bluten, und dann suchen sie noch
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