Italienische Verführung
Ferdinando Fuga, und es wurde in Rekordzeit gebaut.“
Sie lächelte nervös. Warum war sie nur so unvorsichtig gewesen? „Wieder einmal verblüffen Sie mich, Mylord. Und ich dachte, Ihr Wissen sei auf die Antike begrenzt!“
„Ich habe mich extra über dieses Theater informiert, um Sie zu beeindrucken.“ Er zwinkerte ihr zu. „Heute Abend sehen Sie überaus hübsch aus, Mylady. Sehr bella.“
Dianas Lächeln wirkte nun aufrichtiger bei diesem Kompliment. „Sie wollen sagen bellissima. So sagt man, wenn man etwas sehr schön findet.“
„Wo haben Sie das denn gelernt?“, fragte er neugierig. „Haben Sie im Vorübergehen den schmierigen italienischen Wüstlingen gelauscht?“
„Wie äußerst ungezogen von Ihnen, Mylord!“, rief sie aus, versetzte obendrein seinem Arm einen leichten Schlag und vermied so geschickt, ihm zu antworten. Jetzt war es ihr schon zum zweiten Mal passiert! Schuldbewusst erinnerte sie sich daran, dass Antonio ihr vorausgesagt hatte, er würde immer in ihren Gedanken sein. Der Teufel sollte diesen Mann holen, weil er so recht hatte, und sie am besten gleich dazu, weil sie so beeinflussbar war!
Mit dem zusammengefalteten Fächer deutete sie auf das überfüllte Foyer. „Dort drüben sind Ihr Onkel und Miss Wood. Beeilen wir uns, ich möchte sie in diesem Gedränge nicht verlieren.“
Sie folgten den anderen das enge Treppenhaus hinauf. Ihre Loge war im ersten Rang, nahe der Bühne. Wie immer Reverend Lord Patterson auch an diese Karten gekommen sein mochte, er hatte es jedenfalls sehr gut gemacht.
Begierig, von dem Theater so viel wie möglich zu sehen, beugte Diana sich über das Geländer. Es gab vier Ränge mit Logen, verschwenderisch mit Plüsch und Vergoldungen ausgestattet, die im Kerzenlicht einen wunderbaren, matten Glanz ausstrahlten. Die Vorderseiten der Logen waren mit unterschiedlichen mythologischen Szenen bemalt. Auch wenn Diana aus der Entfernung nicht erkennen konnte, welcher Mythos dargestellt war, so hatte der Künstler doch die Gelegenheit genutzt, um eine Menge nackter Nymphen und Göttinnen zu zeigen.
Nur wenige der teureren unteren Logen waren bereits besetzt, denn die eleganten Römer schienen die Gewohnheit der Londoner zu teilen, erst spät zu den Vorstellungen zu erscheinen. Dafür waren die Logen weiter oben bereits mit erwartungsfreudigen Stammgästen besetzt, die eifrig mit den Fächern wedelten, hinüber und herüber riefen und einander zuprosteten, als wären die Logen Balkone rechts und links einer engen Straße. Das Parkett ganz unten schien dem in London zu gleichen. Statt Sesseln dienten dort lange, raue Bänke als Sitze. Die meisten Plätze waren bereits von einer brodelnden Mischung aus Lehrlingen, kleinen Geschäftsleuten, Seeleuten und etlichen herausgeputzten Damen besetzt, die offensichtlich Freudenmädchen waren und über ihren eng geschnürten Miedern unverfroren ihre Brüste zur Schau stellten. Während einige Besucher sich hin- und herschubsten, bereiteten die anderen sich auf die Vorstellung vor, indem sie faule Tomaten vor sich aufreihten, die sie extra mitgebracht hatten, um sie nach jenen unglücklichen Sängern zu werfen, die ihnen missfielen.
„Beugen Sie sich nicht so vor, Mylady“, schalt Miss Wood und nahm Diana den Mantel von den Schultern. „Es schickt sich nicht, dass Sie sich derart zur Schau stellen.“
„Aber ich möchte doch alles sehen!“, protestierte Diana. Das Teatro delle Dame mochte vielleicht nicht so elegant sein, wie sie es sich vorgestellt hatte, aber es war so hinreißend lebendig, dass sie sich nichts entgehen lassen wollte. „Wir sind doch nach Rom gekommen, um das zu sehen, was wir zu Hause nie geboten bekommen!“
„Und das ist auch gut so, Mylady.“ Die Gouvernante ließ ein missbilligendes Schnauben hören, nahm Diana beim Arm und zwang sie in einen hochlehnigen Sessel. „Von hier aus sehen Sie genug, Mylady und machen immer noch Ihrem Rang und Ihrer Herkunft Ehre.“
„Also, was wird denn das jetzt?“, rief Edward aus, als zwei Diener einen Tisch in die Loge trugen und ihn rasch mit Servietten, Besteck und Gläsern deckten.
Ein Kellner, dessen bis zur Taille reichender Zopf mit einem Band umwickelt war und der über jedem Ohr eine dicke Locke trug, verbeugte sich tief vor Edward. „Mon signore, ist Abendessen“, sagte er. Es war ihm anzusehen, dass er mit seinem strahlenden Lächeln seine mangelnden Englischkenntnisse wettzumachen versuchte. „Viel Abendessen und Wein, per fa vore,
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