Italienische Verführung
Mylady, es ist ja auch nicht wirklich wichtig, was der signore gesagt hat“, verkündete Miss Wood und zog den Fremdenführer hervor, um die Gebäude benennen zu können, an denen sie vorüberfuhren. „Wenn er wie all die anderen Italiener ist, hat er sowieso kein einziges Wort ehrlich gemeint.“
Doch Diana war sich da gar nicht so sicher.
8. KAPITEL
„Ein Empfang in Ihrem Palazzo, Mylord?“ Sir Thomas Howe, der englische Konsul in Rom, konnte kaum seine Aufregung verbergen, als er jetzt die Rockschöße hob und sich Anthony gegenüber in den Sessel setzte. „Das Heim Ihrer Familie wird für eines der herrlichsten Juwelen Roms gehalten. Es ist in der Tat höchst großzügig von Ihnen, seine Tore für Ihre englischen Landsleute zu öffnen.“
„Wobei Sie die Herrschaften natürlich empfangen werden.“ Es überraschte Anthony nicht, dass Howe sich sofort auf sein Angebot gestürzt hatte. Der zweihundert Jahre alte Palazzo, den er geerbt hatte und der ursprünglich Teil der Mitgift seiner Mutter gewesen war, war wirklich ein Wunder, mit seinen Gemälden, Skulpturen und anderen Schätzen, die über Generationen hinweg angesammelt worden waren und die seine Mutter nach ihrem exzellenten Geschmack arrangiert und zur Schau gestellt hatte. Das traurige alte Haus hingegen, das als englisches Konsulat diente, war schäbig und protzig zugleich und war Anthonys Meinung nach ein absolutes Ärgernis für das Heimatland seines Vaters.
Sir Thomas’ Empfangssalon war das perfekte Beispiel dafür: die gemusterte Seidentapete leuchtete in einem grellen Rosa, die Gemälde waren entschieden drittklassig und die Bronzefiguren auf dem Kaminsims sofort als Kopien zu erkennen. Selbst der Wein, den er um Sir Thomas’ willen mannhaft zu trinken versuchte, war irgendein entsetzlich süßes spanisches Gebräu. Eine äußerst dumme Wahl, wo es doch in der Nähe so viele ausgezeichnete Weinberge gab. Kein Wunder, dass er dem Konsulat und seinen Gesellschaften meistens fernblieb und seine römischen Freunde der prüden Ernsthaftigkeit der englischen Besucher vorzog.
Die Idee, eine Gesellschaft zu geben, war ihm gekommen, als er Diana auf dem Corso zurückließ. Natürlich würde er ein Risiko eingehen, wenn er sie auf diese Art wissen ließ, wer er war, aber es würde der Einladung, die er ihr gegenüber bereits ausgesprochen hatte, noch eine unerwartete Würze geben. Jetzt würde er sie nicht nur als einen verehrten Gast in seinem Palazzo willkommen heißen, er würde auch das Bild, das sie bereits von ihm hatte, wieder durcheinanderbringen. Wenn sie erfuhr, dass er wie sie durch Geburt der englischen Aristokratie angehörte – ha, was würde sie damit wohl anfangen?
„Ich glaube, das wäre eine angenehme Art, all die englischen Damen und Herren willkommen zu heißen, die nach Rom zurückkehren.“ Anthony zeigte ein warmes Lächeln. „Ich bin sicher, Sie können irgendeinen offiziellen Grund herbeizaubern, vielleicht den Geburtstag seiner Majestät oder den Jahrestag einer Schlacht oder sonst etwas.“
„Oh, selbstverständlich, Mylord, selbstverständlich!“ Sir Thomas füllte persönlich Anthonys Glas und stieß in seinem Eifer mit der schweren Kristallkaraffe klirrend gegen dessen Rand. „Oder vielleicht könnten wir das Ereignis auch mit einem der römischen Feste verbinden. Unsere Besucher sehen immer gerne die lokalen Vergnügungen Roms. Mit einigen Wochen der Planung …“
„Eigentlich dachte ich an einen etwas früheren Termin, Sir Thomas.“ Anthony zwang sich, so zu tun, als nippe er genießerisch an dem scheußlichen Getränk. „Tatsächlich habe ich den nächsten Freitag im Auge.“
„Freitag! Mylord, da bleibt aber kaum noch Zeit, angemessene Vorbereitungen zu …“
„Oh, ich denke, die Zeit reicht aus. Meine Bediensteten sind daran gewöhnt, meinen impulsiven Entscheidungen in diesen Dingen Folge zu leisten.“
„Aber es müssen doch noch die entsprechende Gästeliste aufgestellt und die Einladungen übersandt werden, Mylord!“
„Die Arbeit eines Nachmittags, Sir Thomas“, meinte Anthony und wischte mit einer sorglosen Handbewegung dessen Bedenken zur Seite. „Ich bin mir sicher, Sie kennen bereits den Namen jedes Engländers von Stand, der sich zurzeit in dieser Stadt aufhält. Den meisten von ihnen dürfte ich in diesem Raum schon einmal begegnet sein.“
Sir Thomas nickte, während er im Geiste seinen schönen Traum von einem verschwenderischen, kostspieligen Ball oder einer Maskerade
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