Italienische Verführung
langsam durch die Menge davonfuhr, nicht mehr sehen würde, lehnte Edward sich aus dem Fenster. „Wo, zum Teufel, steckt diese Miss Wood? Wie kann sie Diana so ohne Begleitung ausfahren lassen? Als ich sie diesen Morgen besuchen wollte, sagte sie, sie würden Briefe schreiben! Briefe, verdammt noch mal!“
„Deine Sprache, Edward“, meinte sein Onkel ärgerlich. „Du musst lernen, dich zu mäßigen, wenn du einen Platz in der feinen Gesellschaft einnehmen willst.“
„Sie muss auf dem Weg zu einem anderen sein“, sagte Edward wütend. „Ich weiß es. Wieso, zum Teufel, sollte sie sonst ihr Gesicht hinter einem Schleier verbergen? Ich hatte sie von Anfang an in Verdacht. Das hier ist jetzt der Beweis.“
Onkel Henry blickte ihn finster an. „Du hast nicht den kleinsten Beweis. Du verleumdest die junge Dame völlig grundlos.“
„Wie viele Gründe brauche ich denn noch?“ Edward wandte sich vom Fenster ab. Die Arme vor der Brust verschränkt, konnte er seinen Zorn kaum zurückhalten. Er hatte geglaubt, seinem Ziel nahe zu sein, bis zu jenem Abend in der Oper, als sie ihn praktisch versetzt hatte. Für ihn gab es nur einen einzigen Grund, warum sie so verflucht kalt geworden war, und der war ein anderer Mann. Ein anderer Mann hatte ihr den Kopf verdreht.
„Warum sonst sollte sie der Aufsicht ihrer Gouvernante entwischen“, fuhr er fort, „wenn nicht, um irgendeinen verdammten Liebhaber zu treffen? Sie ist wie jede hübsche Frau auf dieser Welt, ohne einen Funken Gewissen und ohne Rücksicht. Sie interessiert sich nur für sich selbst!“
Onkel Henry legte die Scherbe fort und setzte die Brille ab, um Edward besser sehen zu können. „Mach dich nicht lächerlich. Wenn an dieser Geschichte nicht mehr dran ist, als du mir erzählt hast, hast du keinerlei Grund, derart auf Lady Dianas Kosten zu toben.“
Edward schüttelte den Kopf und knabberte an seinem eingerissenen Daumennagel. Er hatte keine Lust, seinem Onkel zu erzählen, wie schroff Diana ihn zurückgewiesen hatte. Ein Mann hatte schließlich seinen Stolz, nicht wahr?
„Einer Frau den Hof zu machen, ist nicht leicht, Edward“, sagte sein Onkel streng. „Lady Diana ist die Tochter eines Peers. Sie kennt ihren Wert. Du kannst nicht erwarten, dass sie dir entgegenkommt wie irgendein Milchmädchen oder eine Putzmacherin. Wenn du wirklich um Lady Dianas Hand bitten willst, dann musst du beständig bleiben und beharrlich weitermachen, bis sich die richtige Gelegenheit von selbst ergibt.“
„Ja, ja, Beharrlichkeit“, brummte Edward, schnappte seinen Hut und stülpte ihn sich über. „Damit gewinnt man ein so ein lügnerisches, betrügerisches Ding.“
„Was sagtest du, Edward?“, fragte sein Onkel.
„Ich sagte, ich gehe spazieren“, knurrte Edward, der bereits halb zur Tür hinaus war. Er würde sie mit Beweisen konfrontieren und ihr zeigen, dass sie bei ihm nicht so einfach davonkommen würde. So würde er sie gewinnen und nicht dadurch, dass er vor ihr zu Boden kroch. „Warten Sie nicht auf mich.“
In einer Stadt, die von Brunnen beherrscht wird, war die Fontana di Trevi der berühmteste und der außergewöhnlichste. Das hatte Diana schon entdeckt. Entworfen von Bernini und während der folgenden hundert Jahre gebaut, war der Brunnen so groß wie die Piazza, auf der er stand. Riesige Statuen füllten die Nischen des Palazzos hinter ihm. Das Wasser ergoss sich über ein erlesenes Monument aus steinernen Muscheln, Seepferden, Tritonen und Nymphen in das große Becken.
Als die Kutsche langsamer wurde, versuchte Diana, sich zu beruhigen, indem sie sich in Erinnerung rief, was Miss Wood ihr über den Brunnen vorgelesen hatte. Der bärtige alte Bursche unter dem Hauptbogen war Ozeanus, und die beiden Figuren in wehender steinerner Kleidung symbolisierten Fülle und Gesundheit.
Ausländische Besucher drängten sich um den Rand des Brunnens, und über das Rauschen des fallenden Wassers hinweg konnte Diana Stimmen englisch, deutsch und französisch sprechen hören. Auf jeden staunenden Besucher schienen ein Fremdenführer, ein Bettler und ein Straßenhändler zu kommen, bereit, Rat, Dienste oder zweifelhafte Souvenirs anzubieten. Diana schrieb es einer für Will ganz uncharakteristischen Klugheit zu, dass er so einen Ort für ihr Treffen ausgesucht hatte. Hier würden sie nichts als ein weiteres ausländisches Paar sein, und das Stimmengewirr um sie herum würde ihre unerfreuliche Unterhaltung übertönen.
Der Kutscher hielt an einer
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