Italienische Verführung
Ketten gelegt und in den stinkenden Bauch eines Schiffes gestoßen, mit einem Verrückten als Kapitän, für den Rest meines irdischen Daseins – ja, Mylady, das ist wohl unrecht!“
„Aber du musst befreit worden sein.“ Verzweifelt versuchte sie, sich an jedem logischen Gedanken festzuhalten, der ihr in den Kopf kam. „Jetzt bist du hier, also musst du sie dazu gebracht haben, dich freizulassen.“
Sein Lachen klang hohl und freudlos. „Ich habe mich selbst befreit, Mylady. In Neapel bin ich vom Schiff gesprungen und bis hierher gelaufen, um dich zu finden.“
Bevor sie etwas dagegen tun konnte, hatte er sie beim Arm gepackt und zur gegenüberliegenden Seite des Brunnens gezerrt, weg von den meisten anderen Besuchern. Dann hielt er ihr seinen Daumen vors Gesicht und zwang sie, ihn zu betrachten. Die Haut war verschrumpelt und zusammengezogen, mit einer Narbe in Form einer Sieben, die ins Fleisch gebrannt worden war.
„Das ist das Unrecht, welches dein Vater begangen hat“, flüsterte er heiser. „Mich zu brandmarken, weil ich ein Dieb bin, weil ich versucht habe, seiner kostbaren Tochter ihre kostbare Unschuld zu rauben!“
Entsetzt starrte Diana auf den Daumen. Sie wusste, dass jeder Engländer, den man wegen Diebstahls so brandmarkte, gezeichnet war und gemieden wurde für den Rest seiner Tage. Und dass jeder Seemann, der von einem Schiff desertierte, gehängt wurde, wenn man ihn fasste.
Und all das war nur geschehen, weil sie sich in einer warmen Sommernacht so unüberlegt von ihm hatte küssen lassen.
„Es tut mir leid, Will“, sagte sie unglücklich. So ungeheuerlich Wills Schilderung seiner Strafen auch war, zweifelte sie keinen Augenblick daran, dass er die Wahrheit sprach. Sie kannte den rachsüchtigen Zorn ihres Vaters. „Es tut mir so leid.“
„Zur Hölle mit deinen Entschuldigungen“, sagte er. „Gib mir das Geld.“
Sie schluckte. „Ich habe es nicht“, gestand sie hastig. „Das heißt, noch nicht, nicht so viel. Wir … ich reise nicht mit so viel Geld, da doch so viele Gefahren …“
Drohend beugte er sich über sie, und seine Finger krallten sich fester in ihren Arm. „Hast du meinen Brief nicht gelesen? Hat er dir nicht klargemacht, was ich tun werde, wenn du das gewünschte Geld nicht mitbringst? Wem ich dann alles erzählen werde? Nur du und ich wissen, dass ich wegen nichts gebrandmarkt wurde. Doch andere werden meinem Daumen glauben. Was für eine hübsche Geschichte das sein wird, was? Wie du für einen Reitknecht bereitwillig die Beine breit gemacht hast und mir …“
„Bitte, Will, tu es nicht!“, bat Diana. „Ich werde das Geld bald haben, ich schwöre es dir! Kannst du nicht warten, bis ich wieder in England bin – und wenn du mich dann dort treffen könntest – ich meine, dann würde ich …“
„England? Damit du sehen kannst, wie man mich in Fesseln legt und am Galgen baumeln lässt, weil ich desertiert bin?“ Er fluchte verächtlich. „Nein, meine feine Dame. Jetzt musst du zahlen.“
„Dann nächste Woche“, flehte sie, bebend vor Angst. „Ich werde das Geld auftreiben, ich verspreche es dir. Erzähle nur niemandem etwas davon! Bitte, Will, bitte!“
Schwer atmend blickte er auf sie herunter. Sie spürte seinen Hass. „Du bist keinen Deut besser als eine Hure, feine Dame. Nein, du bist schlimmer als eine Hure. Denn die gibt einem wenigstens, wofür man sie bezahlt hat.“
Schluchzend versuchte Diana, sich aus seinem Griff zu befreien, doch er hielt sie fest.
„Du wirst mir das Geld geben, das du mir schuldest“, warnte er sie. „Zwei weitere Tage, weil ich großzügig sein will. In zwei Tagen wirst du mit dem, was du mir schuldest, hier sein, oder ich werde ihnen alles erzählen.“
Er stieß sie von sich. Sie stolperte rückwärts gegen eine alte Frau mit einem Korb voller Früchte, die sie mit einem Schwall von Verwünschungen beschimpfte.
„ Scusa, scusa“, stammelte Diana und bemühte sich, die alte Frau und sich selbst wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Als sie dann nach Will Ausschau hielt, war er bereits verschwunden.
Zwei Tage, nur zwei Tage. Das reichte nicht, um zu tun, was er von ihr verlangte. Aber hatte sie eine Wahl? Sie wusste jetzt, dass sie Will niemals dazu bringen konnte, ihr mehr Zeit zu geben. Und sie war überzeugt, dass er sie auf jeden Fall verraten würde. Er warf sie den Wölfen vor, weil er glaubte, dass sie es mit ihm genauso getan hatte. Und er würde seine gehässige Geschichte verbreiten, um den
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